Das helle Gesicht
plötzlich hatte es wie Wirklichkeit vor ihr gestanden; sie war darin gewesen, es schützte sie. Aber schon schwand es wieder, von diebischen Händen fortgezerrt, und sie stand in Kälte und Hitze, die sie bedrängten. Nie mehr konnte sie den Duft dieses alten Leders riechen, nie mehr die Häute jener Büffel streicheln, deren Herden noch frei über die Prärien gezogen waren. Nicht mehr. Nie mehr. Sie mußte das ertragen. So sagte sie ihrem Schutzgeist am Ende des Gespräches. Sie mußte Hanska zur Seite stehen gleich dessen Schutzgeist. Er hatte mehr verloren als einen Traum, er hatte das indianische Heim seiner Kindheit verloren. Es blieb das dunkle Blockhaus übrig, letzter Zeuge alles dessen, was Inya-he-yukan der Alte und der Junge mit ihren Frauen, Kindern und Wahlkindern nach der großen Niederlage erlebt und erlitten hatten.
»Hanska, wir gehen in das Blockhaus«, sagte Ite-ska-wih, ohne recht zu wissen, wie sie dazu gekommen war, den Mund aufzutun. »Hart wird es sein, aber du bist nicht aus weichem Holz geschnitzt.«
»Du auch nicht, Sonnengesicht.«
Hanska wandte sich Bob zu, der herangetreten war. »Das farbenbeschmierte Ledergelumpe hier kannst du deinen Kindern zum Spielen geben. Ich werde mich nach neuen Büffelhäuten umsehen und auch nach neuen Adlerfedern für Inya-he-yukans des Alten Grab. Die Federn von jenem Adler, den Inya-he-yukan, mein Wahlvater, geschossen hat und die sein Grab schmücken, werde ich so verwahren, daß mir kein Dieb darankommt. Hau.«
Bob nickte und seufzte.
»Du, Bob, kannst nichts dafür, ich aber muß trotz allem zu Myer, damit wir Harry und Mary leichter befreien können. Komm, Ite-ska-wih, wir fahren sofort, ehe es mich reut.«
Der Weg war nicht weit. Der Jaguar fuhr schon am frühen Vormittag den Wiesenweg zum Ranchhaus hinauf. Großvater und Vater Myer standen vor der Tür und empfingen die Gäste.
»Also doch! Kommt herein.«
Hanska und Ite-ska-wih folgten in das Zimmer, das sie schon kannten. Sie waren entschlossen zu tun, was notwendig schien, um Harry und Mary zu retten, aber sie freuten sich nicht. Der Verlust des alten Zeltes hatte sie wie ein Schlag in den Nacken getroffen. Man setzte sich an den Tisch, der auch für zwölf Personen Platz gehabt hätte. Die Männer griffen zu den Zigaretten. Mutter Myer brachte Kaffee.
»Habe schon etwas läuten hören von Ihren Plänen, Bighorn«, nahm der Großvater den Gesprächsfaden auf. »Also das alte Blockhaus – hatten wir schon zugesagt. Aber dann wollen Sie gleich eine Pferdegroßranch auf unserem Pachtland aufbauen?«
»Ihre Ranch, Mister Myer, zu einer ansehnlichen Pferderanch werden zu lassen in der und für die Pachtzeit, dabei werde ich Ihnen helfen. Aber für Joe Kings Kinder will ich rings um das Blockhaus ein Stück eigenes Land, das ich vorläufig verwalte. Das Familienland ist das; es steht jedem Stammesangehörigen zu.«
»Und damit vereinnahmen Sie uns gleich mit? Nein, mein Lieber.«
Hanska drückte die Zigarette aus und trank einen Schluck Kaffee. »Sie jedenfalls, Mister Myer, haben uns, die Kings und die Bighorns, erst einmal vereinnahmt, hinterrücks und widerrechtlich.«
Das Gesicht des Großvaters lief rot an. Ehe sein Zorn aber ausbrechen konnte, hatte Hanska schon weitergesprochen.
»Ich bleibe bescheiden und ganz in den Grenzen des Rechts. Ich will für die Kinder und für mich weiter nichts als Land für eine und eine halbe Kuh.«
»Spaßvogel. Wie berechnen Sie die halbe?«
»Die müssen Ihre Vorfahren einmal berechnet haben, Mister Myer, als sie uns besiegt hatten und hierher setzten. Eine und eine halbe Kuh pro Familie.«
»So. So. Wieviel Pferde denken Sie auf diese Weise zu ernähren?«
»Ernähren nicht, Mister Myer, das muß ich anders regeln. Halten. Drei Pferde zur Zeit.«
»Sie haben Nebeneinnahmen?«
»Sicher. Aus einem Zuchthengst und einer Zuchtstute und aus der Arbeit bei Ihnen.«
»Dreihundert Dollar pro Monat und eine Mahlzeit pro Tag für Sie und Ihre Frau. Dafür erwarten wir eine volle Leistung.«
»Im Rahmen der guten Nachbarschaftshilfe, bis Ihre Ranch in Schuß kommt und meine Wiese auch. Dann reden wir weiter.«
»Sie wollen also arbeiten?«
»Ich bin’s gewohnt, mit Pferden zu arbeiten. Auch mit Büffeln. Das ist Leidenschaft, Mister Myer. Aber was meine Frau anbelangt, so muß sie bei Ihnen angestellt werden. Als Teilarbeitskraft. Für fünfzig Dollar im Monat zum Beispiel. Einverstanden? Sie kann mir helfen.«
»Meinethalben. Aber die fünfzig
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