Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Tipi.
    Hanska gab Ite-ska-wih das Zeichen; sie führte seine Anweisung aus. Der Indianer, unvorbereitet, stürzte zu Boden. Der Revolver entfiel ihm dabei. Ite-ska-wih nahm ihn auf, während Hanska dem Blonden schon die Waffe aus der Hand geschossen hatte und in das Tipi stürzte. Er hatte nicht wissen können, was ihn dort erwartete.
    Wasescha stand im Hintergrund, schützend vor Hetkala, Tatokala und den Kindern, die am Boden kauerten. Louis White Horse lag auf den Decken; er war tot, sein Schädel war durch einen Schuß in die Stirn aus dem schweren Jagdgewehr zerschmettert.
    Hier gab es im Augenblick keine Gefahr mehr.
    Hanska glitt mit Wasescha zusammen aus dem Zelt hinaus, um Ite-ska-wih beizustehen. Sie hatte die Revolver der Angreifer aufgelesen. Der Indianer war mit der Stirn auf einem Stein aufgeschlagen, der die Planenspannung des Zeltes mit hielt; er war offenbar bewußtlos. Karategriffe galten nicht umsonst gleich Pistolenschüssen. Der Blonde mit der blutenden, nicht mehr brauchbaren rechten Hand suchte Ite-ska-wih zu fangen, aber sie war behender als er.
    Hanska dirigierte ihn mit der Pistole und zwang ihn, sich von Wasescha mit dem Lasso, das Tatokala aus dem Zelt brachte, sachgerecht fesseln zu lassen. Auch der bewußtlose Indianer wurde gebunden.
    Die beiden Gefangenen blieben unter Ite-ska-wih und Tatokalas Aufsicht außerhalb des Zeltes liegen. Hanska und Wasescha gingen wieder in das Tipi hinein.
    »Der Bursche hat dich bedroht, Wasescha?«
    »Ich hatte ihm verboten, je wieder mein Zelt zu betreten; das weißt du, Hanska. Er tat es doch, in Mordabsicht. Als er hereinkam, hatte er den entsicherten Revolver schon in der Hand. Ich war dennoch schneller als er; ich hatte die Geräusche draußen schon gehört.«
    »O. k. Was jetzt?«
    Wasescha schien sehr ruhig.
    »Ich stelle mich und rufe Polizei und Gericht sofort an den Tatort hier zur Feststellung.«
    »Damit sie dich legal umbringen?«
    »Ich stelle mich, Hanska.«
    »Du hast in Notwehr gehandelt. Klarer Fall.«
    »Wenn man die Tatsache anerkennen will.«
    »Wir sind deine Zeugen.«
    »In den Augen der Justiz verdächtige Zeugen.«
    »Vielleicht auch nicht. Cowboy und Cowgirl von Rufus Myer. Wir haben die Verträge in der Tasche. Du willst dich also durchaus stellen?«
    »Ja, Hanska. Angesichts der kommenden Versammlung am Grabe Pedros tun wir nichts Gesetzwidriges, denn wir verlangen, daß das Gesetz wieder gilt. Hau.«
    »Ho-je, Wasescha.«
    Hanska und Wasescha gingen zu den Wagen. Tatokala kam mit. Sie sollte Nachricht zum Tipi bringen, falls Wasescha und Hanska von der Polizei festgenommen wurden. Hanska montierte an dem Ford des White Horse den Reservereifen. Wasescha setzte sich an das Steuer, Tatokala stieg zu ihm ein. Hanska nahm seinen Jaguar.
     
    Ite-ska-wih blieb bei Hetkala und den Kindern. Hanska hatte ihr die eine seiner beiden Pistolen überlassen, aus der er nicht geschossen hatte.
    Es war dunkel geworden. In den Bäumen pfiff und sauste der Nachtwind. Ite-ska-wih holte die Pferde und die Hunde beim Tipi zusammen. Der Graue war verletzt. Die Killer hatten ihn wohl töten wollen, aber er war ihnen entkommen. Müde vom Blutverlust, legte er sich vor den Zelteingang; Ite-ska-wih streichelte ihn und brachte ihm Wasser.
    Hetkala hatte das Zeltfeuer angefacht. Die Glut ließ ihr rötlich-gelbes Licht an den Lederwänden umherhuschen. Iliff setzte sich zwischen Hetkala und Ite-ska-wih. Er lehnte sich an die junge Frau; bei ihr suchte er Schutz und Sicherheit. Sie lächelte ihm schmerzlich-freundlich zu. Hetkalas Züge waren vergrämt. Ihr einziger Sohn, so dachte sie, war in Gefahr, als Mörder hingerichtet zu werden. Sie hatte seine beiden kleinen Kinder in den Armen. Ite-ska-wih ersparte sich alle tröstenden Worte, die an Hetkala abgeglitten wären. Sie sang leise; die Ruhe und Liebe des Liedes, das Vertrauen in die Geheimnisse schwebten und webten durch das dämmrige Zelt. Iliffs Kopf und Schultern glitten in Ite-ska-wihs Schoß; er schlief ein. Hetkala begann das Gebet leise mitzusingen. Draußen stampften die Pferde. Der Graue knurrte im Traum. Endlich überwältigte Ite-ska-wih der Schlummer. Hetkala, die aufrechtsitzen blieb, stützte sie. Die junge Frau lächelte im Schlaf. Sie träumte von ihrem Kind, das behütet in ihrem Leib ruhte und wuchs und dem der Kampf an diesem Tage nicht geschadet hatte.
    Bei Tagesgrauen wurde Ite-ska-wih wach. Sie briet Mehlklößchen in Fett. Iliff, der Schulferien hatte, holte Wasser. Man nahm

Weitere Kostenlose Bücher