Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
ihrer Eltern stach aus der Erinnerung
heraus, wenn Kate sie in ihr Gedächtnis rief.
Sie
hatte gar nicht gemerkt, wie weit sie schon gelaufen waren, doch
selbst wenn sie aufgepasst hätte, würde sie den Weg zurück
nicht mehr finden. Sie hätte nicht mal gewusst, in welchem Stock
sie jetzt waren, wenn sie nicht aus dem Fenster geschaut hätte,
so viele Treppen war Mai rauf und wieder runter gelaufen. Sie standen
in einem Tanzsaal. Durch die gegenüberliegende Glastür
konnte man auf einen Garten sehen.
„ Wieso
liegt kein Schnee im Garten?“, fragte Kate überrascht und
sprach somit zum ersten Mal, seit sie das Esszimmer verlassen hatten.
„ Wir
haben eine Glaskuppel darüber errichten lassen, damit die Erde
nicht friert.“, erklärte Mai.
„ Aber
ich dachte es gibt hier keine Erde?“ Kate lief der Blonden
hinterher, als sie zu der Tür ging und sie öffnete.
„ Ich
habe nur gesagt, sie sei schwer zu finden. Deshalb ist sie auch sehr
teuer.“ Kate trat in den grünen Garten hinaus und atmete
den Duft von Gras und Blumen ein. Als sie den Kopf in den Nacken
legte, sah sie die schneebedeckte Kuppel. Unter ihr schwebten Kugeln
aus Licht, in der Größe eines Fußballs. So etwas
hatte sie noch nie gesehen. Wenn man genauer hinsah, konnte man
erkennen wie kleine Wesen um die Lichterkugeln herumflatterten.
„ Was
ist das?“, flüsterte Kate in die Stille, aus Angst die
Wesen mit ihrer Stimme zu vertreiben.
„ Das
sind Lichterfeen, sie brauchen Wärme um zu überleben,
deshalb erzeugen sie Licht mit ihren Tänzen.“
Jetzt
sah auch Kate, dass die Bewegungen immer dieselben waren, gleichmäßig
und beruhigend. Nicht ein einziges Mal kamen die winzigen Geschöpfe
aus dem Takt.
„ Wenn
du sie so toll findest, dann fang dir doch ein Paar.“, sagte
eine Stimme hinter ihr und als sie sich umdrehte, sah sie Alessio in
der Tür stehen.
„ Ich
habe euch gesucht.“, sagte er an Mai gewandt. „Jill will
mit dir reden.“ Sie verdrehte die Augen.
„ Ich
kann dir jetzt schon sagen, was sie von mir will.“, antwortete
sie und Alessio nickte zustimmend.
„ Mir
hat sie bereits einen Vortrag gehalten, aber es hielt sich in
Grenzen.“, berichtete er. „Viel Spaß.“, fügte
er noch hinzu, als Mai zurück ins Haus ging. Kate stand
unschlüssig da und wusste nicht, was sie machen sollte.
„ Und,
was ist jetzt, soll ich dir welche fangen?“, fragte Alessio.
Kate sah ihn verwirrt an.
„ Was?“
Er lachte. „Ich will wissen, ob ich dir eine Fee fangen soll.
So fasziniert wie du sie angestarrt hast, kann ich mir vorstellen,
dass du zu gern ein paar von ihnen in deinem Zimmer hättest.“
Kate warf einen flüchtigen Blick zur Glaskuppel und sah dann
verlegen zu Boden. Er hatte Recht, die Feen gefielen ihr.
„ Aber
ich kann sie doch nicht einfach einfangen und mitnehmen.“,
sagte sie.
Alessio
antwortete ihr nicht, stattdessen ging er auf einen kleinen, krummen
Baum mit runden Blättern zu. Er stand mit dem Rücken zu
Kate. Sie versuchte an ihm vorbei zu sehen, aber sie konnte nicht
erkennen was er da machte. Erst als er sich wieder umdrehte, sah sie
was er in der Hand hielt. Es hatte Ähnlichkeiten mit einem
gelben, zusammengeschrumpften Ballon. Er streckte es Kate entgegen.
„ Hier,
das ist eines ihrer Nester. Ich denke, schon morgen werden sie
schlüpfen.“ Kate nahm es vorsichtig in die Hand.
„ Du
musst es warm halten, also lass das Fenster in deinem Zimmer zu.“,
erklärte Alessio und Kate schloss die Hände um das Nest.
„ Danke.“,
sagte sie und betrachtete es durch ihre Finger. Sie spürte das
Leben darin, so zart, dass sie befürchtete es zu zerdrücken.
Als
sie den Kopf hob, bemerkte sie, dass Alessio sie beobachtete.
„ Wieso
hast du dich entschieden hier zu bleiben? Gefiel dir deine eigene
Welt nicht mehr oder willst du nur ein Abenteuer erleben?“,
fragte er interessiert, doch Kate antwortete nicht. Er klang leicht
vorwurfsvoll und sie wollte ihm weder von ihren Gründen
erzählen, noch sich rechtfertigen.
„ Du
kannst jederzeit zurück, wenn du Heimweh hast, aber glaubst du
nicht, deine Eltern werden sich Sorgen machen und dich vermissen?“
Er schien nicht zu bemerken, dass sie keine Lust hatte darüber
zu sprechen. Sie sah ihn an und wollte schon den Mund öffnen, um
eine Geschichte zu erfinden, aber dann entschied sie sich doch
spontan für die Wahrheit.
„ Meine
Eltern werden mich nicht vermissen, sie sind tot.“
„ Entschuldige,
das konnte ich nicht wissen. Tut mir
Weitere Kostenlose Bücher