Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
äußeren Schichten. Das Besondere und wahrhaft
Einzigartige daran ist, dass man aus dieser Rinde einen Stoff
herstellen kann, der sowohl gegen Kälte, als auch Hitze
resistent ist. Wenn deine Kleidung aus diesem Stoff besteht, ist es
sehr viel leichter deine Kräfte gezielt einzusetzen.“
„ Heißt
das, ich habe tatsächlich die Möglichkeit sowohl Hitze, als
auch Kälte zu erzeugen?“, fragte Kate aufgeregt. Die ganze
Zeit über hatte sie es gehofft. Es bot viel mehr Möglichkeiten,
als sie bisher gehabt hatte.
„ Was hast du
denn erwartet? Ich wüsste kaum, wie ich ausschließlich mit
der Hitze klar kommen sollte. Ich habe diese Wärme schon als
Kind nicht aushalten können. Sicher, es ist um einiges
schwieriger Kälte zu erzeugen, aber Wärme kostet dich viel
mehr Kraft. Setzt du sie zu unüberlegt oder leichtsinnig ein,
dann könnten Komplikationen auftreten. Es fängt mit
Schwindel und Kopfschmerzen an und geht mit Fieber oder sogar
Bewusstlosigkeit weiter.“, zählte Liz auf.
„ Bewusstlosigkeit?“,
fragte Kate unbehaglich. Mit den anderen Symptomen kam sie klar, doch
sie fragte sich, wie weit sie wirklich gegangen war. Wie viel hatte
gefehlt? Alessio hatte scheinbar Recht gehabt damit, dass sie ihre
Kräfte nicht überanstrengen sollte.
„ Oh, mach dir
darüber keine Gedanken. Ich zeige dir, wie du diese Dinge
vermeidest.“, beruhigte Liz sie. Dann steckte sie eine Hand in
ihre Hosentasche und zog einen runden, flachen Stein hervor. Er war
matt und blassgrün. Sie reichte ihn Kate. Er war gerade groß
genug, dass er locker in ihre Handfläche passte. Sie spürte
eine Kälte von ihm ausgehen, auch wenn diese im Vergleich zum
Schnee kaum merklich war.
„ Was ist das?“
Kate drehte ihn zwischen den Fingern hin und her.
„ Einen Stein
wie diesen, sollte jeder Eiswandler besitzen. Was du auch tust, er
wird nie seine Temperatur ändern. Er wird immer so warm sein,
wie deine Haut es wäre, wenn du keine Fähigkeit hättest.
So hast du etwas, an dem du dich ungefähr orientieren kannst.
Als meine Mutter noch lebte, habe ich ihr einmal aus Versehen den
Unterarm verbrannt. Es war ein schreckliches Gefühl, sie
verletzt zu haben. Hätte sie mir damals nicht einen solchen
Stein besorgt, dann hätte ich bestimmt nicht weiter geübt.
Selbst später hatte ich immer noch Angst jemandem weh zu tun,
der mir wichtig ist. Wie du bereits mitbekommen hast lebe ich allein.
Nach dem Tod meiner Mutter, habe ich mich nicht darum bemüht
neue Bekanntschaften zu schließen. Es ist nicht so, dass ich
Menschen meide. Ich habe vielmehr das Interesse daran verloren, mich
mit ihnen zu unterhalten. Ich habe ein paar Freunde im nächsten
Dorf, doch es reicht mir sie ab und an mal zu sehen. Bei dir sieht
das anders aus und daher ist es umso wichtiger, dass du dich
orientieren kannst. Wenn du einmal so weit bist wie ich, wirst du es
vermutlich auch ohne jegliche Hilfe schaffen, aber heute beginnen wir
damit.“ Sie deutete auf den blassen Stein zwischen Kates
Fingern.
„ Du hast zwei
Möglichkeiten in dieser Welt zu überleben. Der
Wärmezustand.“ Liz malte einen Kreis in den Schnee. „Und
den Kältezustand.“ Sie malte ein Quadrat daneben.
„ Es gibt
verschiedene Hilfen, um einen vollkommenen Zustand zu erreichen.
Zurzeit leitet dich mit höchster Wahrscheinlichkeit dein
Instinkt. Er bewahrt dich ganz von alleine vor dem Erfrieren. Wenn du
nichts dagegen hast, würde ich dir jetzt gerne einmal zeigen,
wie es ist, wenn du die Kälte nutzt, um zu überleben.“
Kate, die aufmerksam
zugehört hatte, ließ vor Aufregung beinahe den Stein
fallen.
„ Sicher. Ich
würde es unheimlich gerne ausprobieren.“, sagte sie eilig
und richtete sich auf. Liz lächelte.
„ Es wird nicht
ganz einfach werden. Bei dem ersten Versuch helfe ich dir, so gut ich
kann. Reich mir deine Hände und schließe die Augen.“,
forderte sie Kate auf, die über die Hektik hinaus beinahe
vergessen hätte, weiter zu atmen. Schon in dem Moment, in dem
sie Liz Hände berührte schien es, als wäre sie in
kaltes Wasser getaucht.
Während die
Wärme immer in Wellen zu fließen schien, bewegte sich die
Kälte ruhig und schleppend. Ihre Atmung wurde zugleich tiefer
und schwerer. Viel zu langsam strömte die Luft warm und feucht
durch ihre Atemwege in die Lunge, wo sie wie ein schwerer Vorhang aus
Samt einige Sekunden verharrte, bevor sie langsam wieder ihren Weg
nach außen fand.
Bevor es ein zweites
Mal passierte, verschwand dieses ungewohnte Gefühl
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