Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
dass sie
alle einzeln im Dorf umherliefen. Er teilte Lees Feststellung, dass
seit Eddys Tod einiges anders lief und besonders die letzten Stunden
hatten es verstärkt. Das Vertrauen untereinander schien zu
zerbrechen. Auf Lee konnte er sich durchaus verlassen. Er war zur
Zeit nicht nur der Vertrauenswürdigste, sondern vor allem auch
der Ehrlichste unter ihnen. Dana blieb die Verräterin und auch
auf Claire konnten sie nicht länger zählen, seit ihre
Abneigung gegen Kate noch weiter gewachsen war.
Selbst Mai und Kate
waren nicht immer ehrlich zu ihm, aber ihnen merkte er es wenigstens
an. Vielmehr machte er sich Sorgen um sie. Seit Jeremie weg war,
schien Mai weiter zu versinken und wenn er es gekonnt hätte,
hätte er sie wohl zu ihm geschickt. Jeremie schien der Einzige
zu sein, der ihre Trauer auf lange Sicht vertrieb. Kate schaffte es
ebenfalls, wenn auch nicht für so lange Zeit, doch sie hatte
selbst genug Probleme. Es ärgerte ihn, dass er sie nach Perana
gebracht hatte. Die Kinder hatten die alten Wunden erneut aufreißen
lassen. Wunden die er nicht erkannt hatte. Doch woher hätte er
wissen sollen, dass die Menschen auf der Erde fähig waren,
Kinder auf diese Weise zu misshandeln. Für einen Augenblick
wünschte er sich, er hätte die Narbe nie entdeckt. Bei dem
Gedanken füllte sich sein Bauch mit Wut, auf die Menschen, die
ihr das angetan hatten.
Es gab noch eine
weitere Person, auf die er wütend war. Sanny. Er konnte nicht
bestreiten, dass sein Zorn auf sie ungerechtfertigt war, aber es
störte ihn, dass sie neuerdings ihre Nase überall
reinsteckte. Sie war schon immer aufmerksam gewesen, aber sie hatte
die Grenze gekannt.
Seine Gedanken
wurden von Kuma unterbrochen, der sich aus den Schatten der Höhle
erhob.
„ Bitte
nimm Platz.“, sagte er schwerfällig, von der Anstrengung
aufgestanden zu sein. Er musste viele tausend Jahre alt sein. Die
anderen Drei waren beinahe Kinder im Vergleich zu seiner Weisheit.
„ Ich
bin immer noch dagegen.“, meinte Taran und schlug wütend
mit dem Schwanz auf.
„ Aber
es ist nicht deine Entscheidung. Du bist zu jung, um es zu
verstehen.“, erwiderte Chiaray. Sie war selbst höchstens
dreihundert Jahre älter, was für einen Drachen nichts war.
„ Im
Gegensatz zu euch, verstehe ich die Menschen. Ich bin der Einzige von
uns, der viele Jahre bei ihnen gelebt hat. Sie sind nicht wie du
denkst. Erinnere dich an meine Worte, wenn es so weit ist. Er wird
euch verachten für das, was ihr zu sagen habt.“, fuhr
Taran sie an.
„ Ach
was! Du müsstest dich mal reden hören. Gleich fängst
du an mir etwas von ihrer Liebe zu erzählen.“, spottete
sie.
„ Ich
dachte, davon verstehen die Menschen nichts. Ihr sagtet doch, sie
wollen nur Macht und Reichtum.“, mischte Chochori sich
vorsichtig ein.
„ Ihr
wisst so wenig von ihnen.“, sagte Taran traurig.
„ Wie
auch immer. Es ist meine Pflicht es ihm zu sagen.“, beendete
Kuma den Streit. Alessio setzte sich.
„ Worum
geht es denn?“, fragte er. Etwas an Tarans Verhalten ließ
ihn aufmerksamer werden und er war froh, dass er Kate nicht
mitgenommen hatte. Es war besser, wenn sie so weit wie möglich
von den Wächtern fort blieb. Er wurde das Gefühl nicht los,
dass vor allem Chiaray einen Groll gegen sie alle hegte. Er war
vermutlich der Einzige, den sie akzeptierte und das gezwungener
Maßen.
„ Das
Herz dieser Welt wartet seit etlichen Jahren darauf, vereint zu
werden. So viele Jahre, dass selbst ich sie nicht zählen kann.
Jeder der fünf Wächter trägt einen Teil bei sich, doch
es kann seine wahre Macht nur dann entfalten, wenn wir es
zusammenfügen.“, sagte Kuma andächtig.
„ Also
habt ihr mich gerufen, damit wir es vereinen können?“,
fragte Alessio. Er bemerkte, wie Taran nervös mit den Ohren
zuckte.
„ Von
was für Mächten reden wir?“, wollte Alessio weiter
wissen.
„ Wir
würden unsere vollkommene Kraft erhalten und könnten
endlich unsere Flügel wieder entfalten.“, sagte Chiaray
erregt.
„ Flügel?“
Alessios Blick fiel auf die Zeichnungen an den Wänden. Die
Drachen dort hatten allesamt Flügel.
„ Oh
ja, Wächterjunge Alessio. Auch du wirst welche erhalten. Für
dich jedoch hat es noch viel größere Auswirkungen. Du
wirst dieselbe Kraft erhalten, wie wir. Das heißt, du kannst
die ganze Welt beeinflussen, sobald das Herz vereint ist.“
„ Tatsächlich?“
Er zögerte. Taran machte ihn noch immer unsicher, mit seiner
nervösen Art. Er war sich sicher, dass Kuma ihm
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