Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
jetzt vorbei. Sie und
Lee waren die Letzten, die diese Nacht wache hielten. Rasch zog Kate
sich an und kletterte aus dem Zelt hinaus. Es schneite leicht, aber
der Wind war still. Lee stocherte bereits mit einem Ast in der Glut
des Feuers herum. Sie nickte ihm kurz zu und setzte sich dann auf den
Rand des Brunnens.
„ Hast
du keine Angst hineinzufallen?“, fragte er mit gesenkter
Stimme.
Kate wandte ihren
Kopf und sah in den Schacht hinein. Er war nicht tiefer als drei
Meter und das Wasser reichte fast bis an den Rand. Interessant war
nur, dass es nicht zu frieren schien.
„ Nein.“,
gab sie zu und beobachtete wieder, wie Lee in der Asche stocherte.
„ Ich
bin froh, nicht mit Claire Wache halten zu müssen.“, sagte
er. „Sie ist oberflächlich und redet zu viel...“ Er
machte eine Pause. „...und diese Dana redet gar nicht. Sie
guckt immer nur ängstlich. Ich glaube, du bist das einzig
normale Mädchen hier.“ Kate zog die Augenbrauen hoch.
„ Ach
wirklich?“, fragte sie ohne sich für die Antwort zu
interessieren.
„ Ja.
Mai ist gefährlich und die kleine Kräuterhexe ist verrückt.
Ich wette, sie will uns alle vergiften.“, sagte er und lachte
über seinen Witz. Kate sah ihn böse an, aber er bemerkte es
gar nicht. Stattdessen balancierte er den brennenden Ast auf seinem
Finger. Er war ein Angeber, dachte Kate und sah zwischen die Bäume.
Nichts bewegte sich. Kein gelbes Augenpaar starrte aus den Schatten
heraus.
Fast gleichzeitig
mit dem Aufgehen der Sonne hörte es auf zu schneien. Das Feuer
war nur noch ein paar Zentimeter hoch.
Kate war froh, dass
sie nicht länger so tun musste, als würde sie Lee zuhören,
als Mai aus dem Zelt kletterte.
„ Dein
Gerede ist ja nicht zum aushalten.“, fuhr sie Lee an. Der
grinste, stand vom Boden auf und streckte sich.
„ Hab
ich dich etwa geweckt?“, fragte er scheinheilig und ging auf
eines der Zelte zu. „Ich leg mich noch mal hin.“, fügte
er hinzu und verschwand. Mai warf ihm noch eine Beleidigung nach.
Dann wandte sie sich an Kate.
„ Ein
Wunder, dass du nicht versucht hast ihn im Brunnen zu ertränken.“,
sagte sie tonlos, während sie sich die Schuhe auszog.
Anschließend setzte sie sich neben Kate auf die Brunnenmauer.
Allerdings so herum, dass ihre Füße ins Wasser baumelten.
„ Was
machst du? Ist das nicht zu kalt?“, wollte Kate wissen. Mai
schüttelte den Kopf.
„ Ganz
im Gegenteil. Es ist angenehm warm, besonders weil meine Zehen
scheinbar über Nacht eingefroren sind.“, meinte sie.
Kate drehte sich
ebenfalls um. Sie trug zwar eine lange Hose und eine Jacke, aber wie
immer war sie barfuß. Als ihre Füße das Wasser
berührten, war sie überrascht. Ihr war nicht kalt gewesen,
doch die Wärme, die jetzt ihre Füße berührte,
war deutlich zu spüren.
„ Wie
ist das möglich?“, fragte sie daher.
„ Ich
weiß es nicht.“, erwiderte Mai. „Aber es gibt viele
ähnliche Quellen auf dieser Seite des Waldes. Das ist das Beste
hier.“, sagte sie überzeugt und zog den Reißverschluss
ihrer Jacke ein wenig höher.
„ Du
brauchst gar nicht erst versuchen, dich anzuschleichen.“, sagte
Mai plötzlich. Kate sah sich um und sah Eddy. Er verschränkte
die Arme vor der Brust.
„ Spielverderberin.“,
schmollte er.
„ Ich
habe nur keine Lust, im Brunnen baden zu gehen.“, gab sie
zurück und stellte sich auf den Rand, nur um eine Sekunde später
in den Schnee zu springen.
Im Vorbeigehen gab
sie Eddy einen Kuss, dann öffnete sie das Jungenzelt.
„ Kate,
kannst du die Anderen wecken?“, fragte sie. Ohne auf eine
Antwort zu warten stürmte sie ins Zelt und verursachte eine
menge Krach.
„ Jetzt
werden eh alle wach sein.“, sagte Kate zu Eddy, als Mai anfing
zu kreischen und zu kichern.
„ Hey,
gib mir mein Kissen zurück.“, hörten sie Lee
schimpfen.
„ Gib
mir mein Kissen zurück.“, äffte Mai ihn nach. Fast im
selben Moment flog es aus dem Zelt.
Sanny, Claire und
Dana kamen heraus, noch bevor Kate nach ihnen sehen konnte. Sanny
fing bereits an, ihre Decken zusammenzurollen. Claire setzte sich nur
auf einen Baumstumpf und beobachtete müde, wie Mai dem Kissen
hinterher rannte, gefolgt von dem wütenden Lee.
„ Leg
dich nicht mit mir an.“, schnaufte er. Wieder äffte Mai
ihn nach, wedelte mit dem Kissen und rannte in den Wald. In diesem
Moment tauchte auch Alessio auf.
„ Hey,
Lee! Wie wär‘s, wenn du deine Energie auf eine sinnvollere
Beschäftigung lenkst.“, rief er ihm laut nach. Lee war
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