Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
unmöglich gesehen
haben konnte.
„ Ach, das
erzähle ich dir ein anderes Mal.“, sagte sie gelassen und
hoffte er würde es schnell vergessen.
„ Ich habe
schon Angst.“, flüsterte er und drehte sich ebenfalls auf
die Seite. „Seit dem Moment, in dem ich ahnte, dass er dir
etwas angetan hatte.“
Kate war es nicht
gewohnt, dass man sich um sie sorgte, daher fühlte sie sich
leicht unbehaglich.
„ So schlimm
war es nicht und außerdem habe ich mir mehr Gedanken über
die Drohung gemacht, dass er allen die Kehle aufschlitzen wollte. Ich
würde alles lieber tun, als die Verantwortung dafür zu
tragen.“ Sie wurde unterbrochen.
„ Sag das
nicht. Genau diese Einstellung wollen Menschen wie er damit
heraufbeschwören.“ Er nahm ihre Hand.
„ Ich werde
nicht zulassen, dass dir etwas geschieht. Ab jetzt lass ich dich
einfach nicht mehr aus den Augen.“, flüsterte er so leise,
dass Kate sich wirklich anstrengen musste, um seine Worte zu
verstehen. Warum nur hatte sie ihn erst jetzt getroffen? Er hätte
sie vor so manchem Leid bewahren können. Sie lächelte, da
sie nicht wusste, was sie antworten sollte. Doch es schien ihm zu
genügen. Er führte seine Hand zu ihrem Gesicht, ohne ihre
dabei loszulassen und strich mit dem Handrücken über ihre
Wange. Sie schloss die Augen und hörte nur noch, wie Alessio
sich auf den Rücken zurückfallen ließ, bevor sie
einschlief, um einen Traum zu träumen, der zur Abwechselung
keinen Funken Dunkelheit enthielt.
Der folgende Tag
verlief ähnlich ruhig. Sie redeten kaum miteinander und schlugen
früh ihr Lager auf. Erneut war es Eddy, der zuerst müde
wurde. In letzter Zeit wirkte er oft schwach und leicht kränklich.
Dennoch beteuerte er wieder und wieder, dass alles so wie immer sei.
Zu Beginn hatte Mai vor Kate die Vermutung geäußert, er
wisse vielleicht, dass sie noch etwas für Jeremie empfand.
Dieser Gedanke verflog jedoch rasch, da er sich ansonsten normal
verhielt.
Ihre Reise war
anstrengend, da sie viel liefen und wenig schliefen.
Kate schien es
normal, dass Eddy sich schlapp und schläfrig fühlte. Stress
wirkte sich auf jeden Menschen anders aus.
Sie selbst genoss
die Zeit eine Aufgabe zu haben, bei der sie nicht ständig
angeschrien wurde. Im Waisenhaus hatte es strenge Regeln gegeben und
wer sie nicht befolgte oder es nicht schaffte, der bekam zusätzliche
Aufgaben.
Mai erhob sich. Sie
wünschte allen eine gute Nacht und verschwand im Zelt, wo Eddy
bereits schlief. Sanny schlief ebenfalls, allerdings saß sie
bei ihnen am Feuer, eingewickelt in eine Decke, mit nach vorne
hängendem Kopf. Claire legte sich, die Beine aufgestellt, mit
dem Rücken auf die Matte, auf der das Feuer brannte. Sie war
gerade groß genug, dass sie alle bequem darauf Platz fanden.
Sie tat es Sanny nach und schloss die Augen.
Als Ted und Chris
aufstanden, um sich schlafen zu legen, entschied sich Lee kurzer Hand
mitzugehen.
„ Das haben sie
mit Absicht gemacht.“, sagte Alessio leise.
„ Sollte ich
wissen, wovon du redest?“, fragte Kate wenig interessiert. Sie
hatte zum wiederholten Mal das Buch auf ihrem Schoß liegen. Sie
hatte tatsächlich einen Stift in ihrer Tasche gefunden, den sie
schon längst vergessen hatte. Jetzt war sie damit beschäftigt,
das aufzuschreiben, was sie von dem behalten hatte, was Mai ihr
vorgelesen hatte. Normalerweise schrieb sie nicht in Bücher,
aber in diesem fehlten etliche Seiten und die Übrigen waren
bereits von Hand beschrieben. Es waren nur ein paar Wörter. Hin
und wieder ein Symbol oder eine kleine Zeichnung.
„ Damit meine
ich, dass bis auf uns alle schlafen gegangen sind, um sich vor der
Arbeit zu drücken.“, sagte er.
„ Das stört
mich nicht.“, gab sie zu und blätterte ein Kapitel weiter.
„ Mich auch
nicht, aber es geht ums Prinzip.“, versuchte er es. Kate
reagierte nicht, stattdessen drehte sie das Buch nach links und
rechts. Eine blasse, ziemlich ungenaue Karte war auf den Seiten
abgebildet. Der Ort kam ihr bekannt vor, doch sie konnte sich nicht
entsinnen, woran er sie erinnerte.
Sie knickte die Ecke
um und blätterte weiter. Sie machte sich gerade eine Notiz, zum
Inhalt des Kapitels, als Alessio ihr das Buch aus der Hand zog.
Offensichtlich suchte er jetzt, da sie nicht weiter antwortete, nach
einem anderen Weg sich mit ihr zu unterhalten.
„ Was ist
das?“, fragte er und deutete auf die kleinen Buchstaben, die
sie soeben geschrieben hatte.
„ Wörter.“,
sagte sie selbstverständlich und holte sich das
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