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Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)

Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)

Titel: Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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verbrachte die lange, dunkle Nacht mit vier anderen Frauen, jede auf einer Schlafkoje mit einem Metallgestell, das an einer graffitibeschmierten Wand verschraubt war, mit einem verstörend fleckigen Boden, und jede Gefangene hatte eine Matratze und eine Decke. Sie waren vereint durch die Luft und den Raum und die Sanitäreinrichtungen – eine einzige stinkende Stahltoilette und ein Waschbecken –, die sie sich teilten, aber ansonsten ohne die geringste Gemeinsamkeit.
    Das Untersuchungsgefängnis befand sich etwa zehn bis fünfzehn Meter unterhalb des I-95–836-Korridors des Expressway-Systems, was hieß, dass es nie ruhig war.
    Lärmender, donnernder, dröhnender Verkehr.
    Eine der Frauen schnarchte die ganze Nacht, während eine andere – die jüngste – eine Weile in ihre Hände schluchzte, bis eine ältere Frau mit scharfen Gesichtszügen ihr sagte, wenn sie nicht gleich aufhörte, dann würde sie dafür sorgen, dass sie es täte. Und Grace wünschte, sie hätte den Mut, für das junge Mädchen einzutreten, aber sie stellte fest, dass ihr diese Eigenschaft völlig abhandengekommen war, und sie war einfach erleichtert, als das Schluchzen schließlich aufhörte.
    Sie sprach nur, wenn sie angesprochen wurde, was nur ein einziges Mal geschah.
    »Haste Kippen?«
    Die Frage war von der Gefangenen mit den harten Gesichtszügen gekommen, und Grace zögerte einen Augenblick, bevor sie begriff, dass die Frau natürlich nach Zigaretten oder Marihuana oder so etwas fragte.
    »Nein«, sagte sie. »Tut mir leid.«
    Und danach gab es Gott sei Dank kein weiteres Interesse an ihr.
    Eine Zeit lang, während sie im Dunkeln still und schweigsam dalag, dachte sie wieder an Cathy, und dann huschten ihre Gedanken zu Joshua, aber ihn an diesen Ort zu bringen, wenn auch nur in ihren Gedanken, erschien ihr allzu abscheulich. Und jeder Mensch, der ihr in den Sinn kam, ging auf dieselbe Weise wieder, wurde zurückgeworfen in die Außenwelt, eine anständige Welt, in die sie alle gehörten und sie, Grace, nicht mehr.
    Sie war hier, im Gefängnis, weil sie einen Mann getötet hatte.
    Einen unschuldigen Mann.
    Sie hatte ihm das Leben genommen.
    Nicht doch , sagte sie sich. Nicht jetzt .
    Wenn sie jetzt diese Richtung einschlug, hier drinnen, wenn sie sich dazu hinreißen ließ, es zu glauben, es wirklich zu fühlen , dann befürchtete sie, sie könnte sich selbst tief in dieser Schuld verlieren.
    Und wie sollte sie dann je wieder hier herauskommen, nach Hause kommen, Joshua wieder halten?
    Aber jetzt war sie eine Mörderin.
    Mörder hatten keine Rechte.
    Nicht doch! , sagte sie sich wieder.
    Nicht jetzt.
    Noch nicht.
    Dafür war später noch jede Menge Zeit.

60
    Die längste, dunkelste aller Nächte auch für Sam.
    Und für Cathy, die sich erinnerte, wie es sich anfühlte, eingekerkert zu sein.
    Sam war um vier Uhr früh heruntergekommen, hatte sie in der Küche angetroffen, wo sie vor einer nicht angerührten Tasse Kräutertee saß. Er hatte sie umarmt und sich dann ein Glas Wasser eingeschenkt und sich neben sie gesetzt.
    Er wusste, dass sie sich erinnerte.
    »Es wird für Grace nicht dasselbe sein«, sagte er zu ihr. Er begriff, dass er sich selbst ebenso zu beschwichtigen versuchte wie ihre Tochter. »Du warst ein Kind.«
    Und du warst unschuldig .
    Die Worte lagen unausgesprochen in der Luft, und beide hatten schreckliche Schuldgefühle wegen der tieferen Bedeutung ihrer Gedanken. Und doch ließen sich die Fakten nicht leugnen.
    Denn Grace hatte einen Mann getötet.
    Einen Mann, der ihr schreckliche Angst eingejagt, der ihr aber offenbar nichts Böses gewollt hatte.
    Den Freund der Mutter ihres Patienten.
    Sam hatte Sara Mankowitz nur kurz am Tatort gesehen, hatte eine verzweifelte Frau gesehen, die mit dem Schock und dem überwältigenden Bedürfnis, sich um ihren Sohn zu kümmern, zu kämpfen hatte.
    Aber er hatte gehört, was sie zu den Polizisten von Key Biscayne gesagt hatte.
    »Er wollte nur helfen.«
    Martinez hatte es in einem Telefonanruf vor einer Weile klar genug ausgedrückt.
    »O Mann, was für ein Schlamassel!«
    Saul war der Stoischste, der Standhafteste von ihnen allen gewesen.
    »Das ist doch völlig abwegig!«, hatte er gesagt. »Grace ist nun wirklich der letzte Mensch, der irgendjemandem wehtun will.«
    Und Claudia, fast sprachlos vor Schock, tat im Augenblick das Beste, was sie tun konnte: bei Joshua sitzen, der vor einer Weile aufgewacht war und zu weinen begonnen hatte und dessen Leid sich nur zu verschlimmern

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