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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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rieb sich über die schweren, verklebten Lider. »Was ist denn?« Jäh fiel ihr ein, dass der Junge am Abend über Schwindel und ein Brennen in den Armen und Beinen geklagt hatte, und auch Ida war ungewöhnlich quengelig gewesen. »Ist dir nicht gut? Tut dir was weh?« Unwillkürlich legte sie ihre Hand auf seine Wange, ohne dass sie gewusst hätte, ob sie Fieber von einem heißen Kindergesicht hätte unterscheiden können, das eine Tropennacht oder ein böser Traum hervorrief, aber er schüttelte den Kopf.
    »Kannst du kommen?«, raunte er. »Die Ida weint ganz doll!«
    »Ja, sicher.« Jacobina hob das Moskitonetz an und schwang die Beine aus dem Bett, und auch Jeroen krabbelte von der Matratze herunter und lief voraus.
    Jacobina gähnte herzhaft, während sie auf bloßen Füßen in den beleuchteten Korridor trat. Abrupt blieb sie stehen, als sie einige Türen weiter Stimmen hörte. Laute, erregte Stimmen, die auf Malaiisch durcheinanderriefen – unzweifelhaft die Stimmen von Vincent und Margaretha de Jong.
    »Mama und Papa kämpfen«, erklärte Jeroen unter dem Türrahmen zum Kinderzimmer mit erschreckender Sachlichkeit.
    »Streiten, Jeroen. Das heißt streiten«, verbesserte Jacobina ihn mechanisch und strich ihm über den Kopf, während sie an ihm vorbeiging.
    Im Lichtschein, der aus dem Korridor hereinfiel, saß Ida apathisch in ihrem Gitterbett, das Haar zerwühlt und das tränennasse, geschwollene Gesicht mit vorgeschobenem Kinn und weit herabgezogenen Mundwinkeln verzerrt. Sobald sie Jacobina entdeckte, gingen ihre Schluchzer in ein lautes, herzzerreißendes Weinen über, und sie streckte ihr die Ärmchen entgegen.
    »Was ist denn, meine Süße«, murmelte Jacobina und hob das kleine Mädchen hoch, das sich sogleich wie ein Äffchen an sie klammerte und in ihre Schulter hineinheulte.
    »Können wir bei dir schlafen?«, fragte Jeroen von der Tür her. »Bitte?«
    Ein erneuter Donner rollte heran, und Jacobinas Blick fiel auf die verwaiste Bodenmatte zwischen den Betten der beiden Kinder. »Wo ist Melati?«
    Jeroen hob seine schmalen Schultern und ließ sie wieder fallen. »Bitte, noni Bina?«, wiederholte er kläglich.
    Sie zögerte noch; sie war nicht sonderlich erpicht darauf, in der Schwüle der Nacht gleich zwei kleine Körper mit im Bett zu haben, die zusätzliche Wärme verströmten, und sie wusste auch nicht, ob es den de Jongs recht wäre.
    Ein Klirren ließ sie zusammenzucken. Die Stimmen wurden lauter; die des Majors donnerte krachend, und das Keifen, das seine Frau ihm entgegensetzte, war scharf und grell.
    »Geh schon«, sagte Jacobina mit einer Kopfbewegung zu Jeroen, der sogleich davonstob.
    Im Türrahmen ihres Zimmers blieb sie noch einen Augenblick lang stehen und lauschte dem Gebrüll und dem Geschrei, dann schloss sie hastig die Tür hinter sich.
    Jeroen kniete auf ihrem Bett und hob den Saum des Moskitonetzes für sie an, so hoch seine Ärmchen reichten. Vergeblich versuchte Jacobina, Idas Finger zu öffnen, die sich in ihr Nachthemd gekrallt hatten. »Nur ganz kurz loslassen«, flüsterte sie ihr zu, »damit ich dich hinlegen kann. Ich gehe auch nicht weg, versprochen!«
    Aber Ida, die wie ein kleiner Ofen glühte und klebrig war von Schweiß, Tränen und Rotz, klammerte sich schluchzend nur noch fester an sie. Seufzend ließ sich Jacobina auf der Bettkante nieder, tauchte unter der Kante des Netzes hindurch und zog die Beine herauf; auf Ellenbogen und Hüfte rutschte und ruckelte sie so lange auf der Matratze umher, bis sie eine einigermaßen bequeme Lage für sich und Ida gefunden hatte. Jeroen ließ das Moskitonetz fallen und kletterte über Jacobina hinweg, erwischte sie dabei unsanft mit der Ferse zwischen den Rippen und streckte sich neben ihr und Ida aus.
    »Alles gut jetzt«, flüsterte Jeroen und strich seiner Schwester über den Kopf.
    Tatsächlich schienen Idas Tränen versiegt zu sein; ihre Schluchzer ebbten ab und gingen in einen Schluckauf über, der sie nicht davon abhielt, sich den Daumen in den Mund zu stecken, und zutraulich kuschelte sie ihr Köpfchen an Jacobinas Brust. Jeroen drängte sich an seine Schwester und legte den Arm über ihren zusammengerollten kleinen Körper, als wollte er sie beschützen.
    Alle drei fuhren zusammen, als sie einen dumpfen Schlag hörten, einen spitzen Schrei und ein Aufheulen, und die Kinder drückten sich ängstlich noch enger an Jacobina. Sie hätte ihnen gerne die Ohren zugehalten, aber sie konnte nur den Arm ausstrecken, um Jeroen

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