Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
um und fragte Frau de Groot leise etwas auf Malaiisch, von dem Floortje nur den Namen Vincent verstand.
Auch Frau de Groot hielt nach allen Seiten Ausschau und schüttelte bedauernd den Kopf, bevor sie Frau Leeuwenhoeck ansprach und diese ihre Erwiderung mit ihrem Fächer unterstrich, der in Richtung der Nebenzimmer wies. Frau de Jong nickte mit zweifelnder Miene und erhob sich.
»Hat mich sehr gefreut, Fräulein Dreessen«, wandte sie sich mit einem geistesabwesenden Lächeln an Floortje. »Wir sehen uns sicher noch.«
Bedrückt sah Floortje ihr nach, wie sie auf der Suche nach ihrem Gatten durch den belebten Raum ging, hierhin und dorthin einen Gruß entrichtete, ab und zu stehen blieb und ein paar Worte wechselte und dabei entsetzlich verloren wirkte.
Floortjes Augen trafen sich mit denen Eduard van Tonders, und lächelnd hob sie die Hand, um ihm zuzuwinken, hielt aber mitten in der Bewegung inne. Ein zweites Augenpaar war auf sie gerichtet, unverwandt und forschend unter zusammengezogenen Brauen; hastig sah sie weg und schluckte, hob dann jedoch wie unter einem Zwang erneut ihren Blick an.
Schmale Augen waren es, die sie unter starken Brauen fixierten, während der betreffende Herr sich leicht vorbeugte, um Edus mit lebhafter Gestik und Mimik vorgebrachten Schilderungen zu lauschen, die sich zweifelsohne auf sie bezogen, so wie er dabei mit verklärtem Lächeln zu ihr herüberschaute. Als Edu in ihre Richtung wies und den Mann neben sich fragend ansah, nickte dieser und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, mit der er Edu fast um einen ganzen Kopf überragte. Hünenhaft wirkte er mit seinen breiten, beinahe eckigen Schultern; eckig wie sein Kinn, das ein gepflegter, kurz getrimmter Bart umlief. Er mochte ungefähr im selben Alter sein wie Edu, höchstens drei, vier Jahre älter, und trotzdem schimmerte es silbrig in seinem kurzgeschnittenen Haar und dem Bart von aschbrauner Farbe. Und wie er mit langen Schritten den Raum durchmaß, geschmeidig und kraftvoll, auf beeindruckende Weise in sich selbst ruhend, ließ er Edu neben sich wie einen linkischen Schuljungen aussehen.
»Hanne – Geertje«, richtete Edu van Tonder das Wort an die beiden älteren Frauen. »Seht mal, wen ich euch hier mitgebracht habe!«
Unter girrenden Lauten begrüßten Frau de Groot und Frau Leeuwenhoeck Edus Begleiter, der sich tief über die Armlehnstühle bückte und die herzhaften Wangenküsse der beiden Damen ebenso gelassen erwiderte, wie er ihre überschwänglichen Ausrufe auf Malaiisch ruhig und besonnen beantwortete, mit einer Bassstimme, die ein wenig heiser klang. Und als sich sein schmaler Mund unter dem Oberlippenbart zu einem Lächeln verbreiterte, erschienen links und rechts davon kleine Kerben, die seinem kantigen Äußeren unvermittelt eine charmante, geradezu warmherzige Note verliehen. Als er sich wieder aufrichtete, hielt Frau de Groot seine Hand fest und tätschelte sie zärtlich, während sie auf Malaiisch eine Frage an ihn richtete.
»Nein, Hanne«, entgegnete er auf Holländisch und klang dabei amüsiert, »ich habe immer noch keine Frau zum Heiraten gefunden. Aber ich bin zuversichtlich, dass sich das bald ändern wird.« Er zeigte sein Grübchenlächeln und sah Floortje dabei unverwandt an.
Hastig senkte sie den Kopf, überwand sich dann aber, wieder aufzusehen und ein Lächeln aufzusetzen, als sie Edus Hand auf ihrem Rücken spürte. »Und das ist das zauberhafte Wesen, von dem ich dir gerade so ausgiebig vorgeschwärmt habe: Fräulein Floortje Dreessen. Fräulein Floortje – darf ich Ihnen meinen alten Freund James van Hassel vorstellen? Hätte ich ihn nicht in Den Haag auf der Schule kennengelernt, wäre ich wohl nie auf die Idee verfallen, nach Java zu kommen. Eigentlich liegen unsere Plantagen gar nicht so weit voneinander entfernt, aber irgendwie schaffen wir es nur, uns ab und zu hier in Batavia zu sehen.«
Floortje stellte ihr Glas ab und murmelte eine Höflichkeitsfloskel, während James van Hassel stumm blieb, nur ihre Rechte ergriff, die sie ihm entgegenstreckte, und an seinen Mund drückte. Die Wärme seiner Hand drang durch ihren Handschuh hindurch, und sein Atem schien den dünnen Stoff zu versengen. Floortje wollte seinem Blick ausweichen, aber sie konnte nicht anders, sie musste ihm in die Augen sehen. Augen von einem tiefen Preußischblau, die ebenso forschend blickten wie zuvor, aber auch mit einem Glanz darin, der Floortje einmal mehr schlucken ließ.
»Um der alten Freundschaft
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