Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
Steingut und Porzellan, Möbel, Lampen, Kleidung und Schmuck führte, sondern auch Baumaterialien und Feuerwerk, hatte Jacobina ein Holzschwert für Jeroen und ein Puppenservice für Ida ausgesucht und Zigarillos für den Major. Nach Amsterdam würde ein Paket mit Zigarren für Julius van der Beek, Henrik und Martin gehen, das auch je einen seidenen Morgenrock im chinesischen Stil für Bertha van der Beek und Tine beinhalten würde und winzige bestickte Kinderschühchen für den im neuen Jahr erwarteten Nachwuchs ihres Bruders und ihrer Schwägerin sowie zwei Pfund besten Kaffees aus Java. Bei Kolff & Co hatte sie die mager bestückten Bücherregale nach einem Geschenk für Jan durchstöbert und sich schließlich für eine Ausgabe von Henry James’ Portrait of a Lady entschieden, von der sie hoffte, dass er sie noch nicht besaß, und bei Tabardi hatte sie für Frau de Jong einen Seidenschal ausgesucht. Und als Floortje gerade in die Betrachtung der Hutauslage vertieft war, hatte Jacobina noch schnell zu einem Schal in Meeresfarben gegriffen, den Floortje zuvor bewundert hatte.
»Besonders glücklich wirkst du aber nicht gerade«, kam es nach einer Weile leise von Floortje.
Jacobina stellte ihre Tasse ab und sah zum Fenster hinaus. Hinter den Regenbächen, die die Fensterscheiben außen herabrannen, verschwamm die Silhouette ihres Kutschers, der den mit verschnürten Kartons und Schachteln vollgepackten hoteleigenen Wagen unter den ausladenden Zweigen der dichtbelaubten Bäume untergestellt hatte.
»Mir macht die Stimmung im Haus zu schaffen«, flüsterte sie.
»Streiten sie immer noch so viel?«
Jacobina starrte ihren Kuchen an, den sie noch nicht angerührt hatte. Wie Verrat kam es ihr vor, dass sie Floortje überhaupt von den ständigen Auseinandersetzungen der de Jongs erzählt hatte, aber das Bedürfnis, sich diese Last von der Seele zu reden, hatte letztlich schwerer gewogen. »Erst letzte Nacht sind sie wieder aufeinander losgegangen. Ich weiß nie, worum es geht, weil sie sich immer auf Malaiisch anschreien, aber es hat sich schlimm angehört.«
Floortje schleckte die Zuckerglasur von den Zinken der Kuchengabel und sah Jacobina darüber hinweg an. »Das renkt sich bestimmt bald wieder ein.«
»Ich hoffe es«, erwiderte Jacobina bedrückt. »Die Kinder leiden nämlich sehr darunter.« Nicht nur Ida zeigte sich noch anhänglicher als zuvor; auch Jeroen bettelte immer häufiger darum, auf ihrem Schoß sitzen zu dürfen, wenn sie den Kindern vorlas oder mit ihnen sang, und dann schmiegte er sich eng an sie, seine schlanken Ärmchen im Klammergriff um ihren Hals und sein Kinderatem heiß auf ihrer Wange. Jacobina atmete tief durch und griff zu ihrer Gabel. »Lass uns über etwas anderes reden, ich kann ja doch nichts daran ändern. Erzähl, wie geht’s James?«
Eine feine Röte zeichnete sich auf Floortjes Wangen ab, und sie lächelte versonnen, während sie mit den Zinken der Gabel Rillen in die Glasur der Schokoladentorte ritzte. »Gut«, hauchte sie. Dann legte sie die Gabel beiseite und warf den Kopf zurück, dass die Federn ihres Hütchens wippten. »James …« Sie verstummte und sah mit glänzenden Augen zum Fenster hinaus.
Seit er sie an jenem Nachmittag nach dem Tanz in der Harmonie im Hotel abgeholt und zu Leroux ausgeführt hatte, waren sie oft zusammen aus gewesen, im Theater, zum Essen im Cavadino oder im Grand Hotel Java , oder sie waren einfach in seiner Barouche umhergefahren. Von seiner Schulzeit in Edinburgh hatte er erzählt, einer Tradition bei den van Hassels, in deren Adern schottisches Blut floss, und von seiner Zeit in Den Haag. Davon, dass er in Batavia geboren und aufgewachsen war, wo sich sein Vater vor fast vierzig Jahren als Händler niedergelassen hatte, und von seiner Plantage namens Rasamala, die im Preanger lag, einer bergigen, grünen Gegend südlich von Buitenzorg, die er bei ihrem malaiischen Namen Priangan nannte. Das frisch gepachtete, gerade mal gerodete Land hatte er vor gut zehn Jahren, mit zwanzig, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters übernommen und Cinchona-Bäume angepflanzt, die ihm gute Erträge brachten, mehr als Tee, Kaffee, Tabak oder Zuckerrohr es vermocht hätten; er überlegte, noch weiteres Land zu pachten und Kautschuk anzubauen, dem derzeit eine große Zukunft prophezeit wurde. Und obwohl Floortje in seiner Gegenwart recht schnell ihre Sprache wiedergefunden hatte, mochte sie es, ihm zuzuhören; ihr gefiel, wie er über die Arbeit und seine
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