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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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verdauen.
       »Ich hab zu den anderen gesagt: ›Alles wieder zurückzustellen!‹ Sie machten Rabatz, beruhigten sich dann aber schnell. Danach habe ich Kontakt zu Sylvie aufgenommen.«
       »War sie damals schon verwitwet?«
       Er blies auf das glühende Ende seiner Zigarette, das glutrot aufleuchtete:
       »Ich hab mir Hoffnungen gemacht, das stimmt. Aber der Graben zwischen uns war zu groß.«
       »Hat sie dir als Christin Moralpredigten gehalten?«
       »Das war nicht ihre Art. Sie war nicht so naiv zu glauben, dass mich ein bisschen Pfaffengeschwätz auf den rechten Pfad zurückbringt. Dass ich für ’nen Hungerlohn in ’nem Sägewerk malochen würde.«
       »Trotzdem hast du das gelegentlich getan.«
       »Hin und wieder, ja. Wenn ich mal wieder ruhig war.«
       »Wie heute?«
       »Heute ist es anders.«
       »Was ist anders?«
       Cazeviel trank einen Schluck Kaffee, ohne zu antworten.
       »Wie hast du auf den Tod Manons reagiert?«
       »Mit Wut, Stinkwut.«
       »Hat sie dir von den anonymen Anrufen erzählt?«
       »Nein. Sie hat mir nichts gesagt … Sonst … hätt ich sie beschützt, und es wäre nichts passiert.«
       »Als du bei der Polizei den Mord gestanden hast, war dir ihr Kummer wohl völlig schnurz.«
       Er warf mir einen tödlichen Blick zu. Sein gesamter Oberkörper spannte sich an, in seine Tätowierungen kam Leben. Einen Augenblick lang glaubte ich, er würde mir an die Gurgel springen, aber dann sagte er mit ruhiger Stimme:
       »Mann, das war ein Problem zwischen mir und den Bullen, kapiert?«
       Ich bohrte nicht nach.
       »Äußerte Sylvie Vermutungen über die Identität des Mörders?«
       »Sie wollte mir nichts sagen. Ich bin mir allerdings sicher, dass sie den Bullen nix zutraute. Ihre faulen Spuren und ihre idiotischen Motive.«
       »Und du, was glaubst du?«
       Er warf wieder einen Blick auf den See und zog an seiner Kippe, bis sie abgebrannt war.
       »Wenn du jemanden beschuldigst, brauchst du Beweise. Niemand weiß, wer Manon getötet hat. Vielleicht ein Irrer, der planlos zugeschlagen hat. Oder ein Typ, der Sylvie und ihre Tochter aus irgend ’nem Grund hasste. Nur eins steht fest: Der Kerl ist noch immer auf freiem Fuß.«
       »Glaubst du, dass derselbe Mann nach vierzehn Jahren wieder zugeschlagen hat?«
       »Na klar.«
       »Hast du jemanden in Verdacht?«
       »Hab dir schon gesagt, dass ich nix auf Verdächtigungen gebe.«
       »Hast du nie auf eigene Faust nachgeforscht?«
       »Wart’s mal ab.«
       Ich stand auf und klopfte den Staub aus meinem Mantel. Er tat es mir gleich und legte die Thermosflasche und die Tassen auf den Kopfsalat in der Schubkarre.
       »Adios, die Bullen. Aber wenn du was rauskriegst, lass mal rüberwachsen.«
       »Und umgekehrt?«
       Er nickte, ohne zu antworten, hob die Schubkarre an und stapfte davon. Als ich ihm nachsah, begriff ich, dass ich das Beste verpasst hatte. Auf seinem Rücken öffnete ein prächtiger Teufel mit gewundenen Hörnern und einem langen Widderkopf seine Fledermausflügel.
       Ich dachte an diese merkwürdige Geschichte von Liebe und Freundschaft zwischen einem einfältigen Rohling und einer begabten Uhrmacherin. Ein schönes Stück mit faszinierenden Figuren.
       Es gab nur ein Problem: Alles war gelogen.
       Ich war sicher, dass mich Patrick Cazeviel auf der ganzen Linie verscheißert hatte.

KAPITEL 40
    Ich machte mich wieder auf den Weg und dachte an den dritten Mann: Thomas Longhini, den verschollenen Jungen. Ich musste ihn unbedingt aufspüren. Ich hörte die Mailbox meines Handys ab. Keine Nachricht von Foucault.
       Das Tal von Sartuis mit seinen bunten Siedlungen leuchtete in der Abenddämmerung auf. Es gab auch Wohnanlagen in dezenteren Tönen, traditionelle Villen inmitten großzügiger Gärten. Ihre großen Glasfenster lagen bereits im Schatten, aber ihre kleinen Dachfenster funkelten noch. Diese Häuser waren alle nach Osten ausgerichtet, was mich an ein Detail erinnerte, das ich in meinem Führer gelesen hatte.
       Früher gingen die Werkstätten der Uhrmacher immer nach Osten, damit sie die ersten Sonnenstrahlen nutzen konnten. Die Uhrmacher am Oberlauf des Doubs, die zugleich Landwirte waren, setzten sich im Morgengrauen an ihre Werkbänke, bevor sie auf die Felder gingen. Das »Uhrenhaus« von Sylvie musste sich in diesem Viertel befinden. Ich ging meine Notizen durch.

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