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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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wissen Sie es?«
       »Seit gestern.«
       »Seit gestern? Wie haben Sie hier etwas erfahren können?«
       Das Lächeln wurde stärker. Die Muskeln und Nerven zeichneten düstere Falten:
       »Sie hat mich besucht.«
       »Wer?«
       »Die Krankenschwester … die in dem Fall ausgesagt hat.«
       Das Räderwerk meines Gehirns fing an zu arbeiten. Jean-Pierre Lamberton sprach von dem Alibi Sylvie Simonis’. Sie war von jedem Verdacht reingewaschen worden, weil sie zum Tatzeitpunkt in diesem Krankenhaus behandelt worden war. Der grauenhafte Bauchredner wiederholte:
       »Sie hat mich besucht. Sie hat mir alles gestanden. Sie arbeitet noch immer hier.«
       Ich ahnte, was geschehen war. Aus irgendeinem Grund hatte eine Krankenschwester damals gelogen. Seit vierzehn Jahren lebte sie nun mit diesen Schuldgefühlen. Als sie erfahren hatte, dass Lamberton hier im Krankenhaus lag, hatte sie sich ihm anvertraut.
       »Katsafian. Nathalie Katsafian. Such sie auf.«
       »Thomas Longhini«, flüsterte ich. »Hinter welchem Namen versteckt er sich?«
       Kein Ton hallte in dem Headset wider. Unwillkürlich trommelte ich mit den Fingern gegen den Kopfhörer. Das Gespräch war beendet. Lamberton hatte sich dem Fenster zugewandt. Ich wollte schon gehen, als die Stimme wieder krächzte:
       »Warte.«
       Ich erstarrte wieder. Seine Augen fixierten mich erneut. Zwei schwarze Kugeln mit gelblichen Konturen, die alle Strahlen, alle Verwüstungen überstanden hatten.
       »Rauchst du?«
       Ich tastete meine Taschen ab und zog meine Schachtel Camel heraus. Mein Hemdkragen war schweißnass. Der Todgeweihte flüsterte:
       »Rauch eine … für mich …«
       Ich zündete eine Camel an und blies den Rauch über dem verkohlten Gesicht aus. Ich dachte an das Bruchstück eines Meteoriten, ein Konkrement aus Asche. In gewisser Weise zündete ich sein Feuergedächtnis wieder an.
       Lamberton schloss die Augen. Das Wort »Ausdruck« hatte bei einem solchen Gesicht keine Bedeutung mehr, dennoch drückte das Gewirr seiner Muskeln eine Art Freude aus. Bläuliche Voluten schwebten über seinem Körper, und meine Gedanken pochten langsam in meinem Kopf. Bam-bam-bam … Ich merkte, dass mich der gelbe Blick wieder anstarrte.
       »Es ist nicht die Zigarette des Verurteilten. Es ist der Todkranke der Zigarette!«
       Ein schreckliches Lachen hallte im Kopfhörer wider.
       »Danke, Kumpel.«
       Ich nahm den Kopfhörer ab, trat meine Camel auf dem Fußboden aus und drückte seinen Arm herzlich. Die Messe war gelesen.

KAPITEL 47
    Ich verließ das Zimmer extrem angespannt. Der Arzt erwartete mich: Ich fragte ihn, wo ich Nathalie Katsafian finden könne. Glücklicher Zufall: Sie arbeitete an diesem Sonntag, ein Stockwerk tiefer.
       Ich eilte die Treppe hinunter und stand plötzlich im Flur einer Frau im weißen Halbkittel und weißer Leinenhose gegenüber. Um die vierzig, harte, strenge Gesichtszüge, aschblondes Haar.
       »Nathalie Katsafian?«
       »Das bin ich.«
       Ich packte sie am Arm.
       »Was machen Sie da?«
       Ich entdeckte eine Tür mit der Aufschrift: »Zutritt nur für Personal«. Ich öffnete sie und schubste die Krankenschwester hinein.
       »Sind Sie verrückt?«
       Ich stieß die Tür mit dem Ellbogen zu und drückte gleichzeitig auf den Lichtschalter. Die Neonröhren leuchteten auf. An den Wänden stapelweise gefaltete Leintücher und feinsäuberlich zusammengelegte Kittel: die Wäscherei.
       »Wir brauchen ein stilles Eckchen, Sie und ich.«
       »Lassen Sie mich gehen!«
       »Nur ein paar Fragen.«
       Die Frau versuchte, an mir vorbeizukommen. Ich hielt sie auf und zückte meinen Dienstausweis:
       »Mordkommission. Sie wissen, weshalb ich hier bin, oder?«
       Die Krankenschwester antwortete nicht. Sie hatte die Augen weit aufgerissen.
       »Manon Simonis. November 1988. Weshalb haben Sie gelogen?«
       Nathalie Katsafian brach zusammen. Ihr Gesicht war fahl, weißer als die frisch gewaschene Wäsche um uns herum. Ich kniete mich neben sie und lehnte sie mit dem Oberkörper gegen einen Wäschestapel.
       »Ich frage Sie noch einmal: Weshalb haben Sie 1988 gelogen?«
       »Ermitteln Sie in dem Mord an Manon?«
       »Beantworten Sie meine Frage!«
       Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Der Schrecken stand ihr ins Gesicht geschrieben:
       »Ich … ich hatte Angst. Ich war

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