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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Traumatisierung, seinen Reaktionen.«
       »So kriegen Sie mich nicht, Commandant. Faxen Sie mir morgen ein amtliches Dokument, aus dem hervorgeht, dass Sie von einem Richter mit diesem Fall betraut wurden, dann reden wir weiter.«
       »Ich möchte nur einen Tag gewinnen. Falls es eine falsche Fährte ist, ist es besser, sie sofort fallen zu lassen.«
       »Vollkommen falsch. Und vor allem sollten Sie ihn nicht noch einmal belästigen. Er hat genug durchgemacht.«
       Hinter der scheinbaren Unbeugsamkeit spürte ich eine gewisse Nachgiebigkeit. Ich gab mich einfühlsam:
       »Nahm es ihn wirklich so mit?«
       Azoun seufzte und ließ sich erweichen:
       »Er hatte eine verzerrte Realitätswahrnehmung, wie sie typisch für die Pubertät ist. Das habe ich in meinem Gutachten auch so dargestellt. Ich habe ihn den ganzen Sommer hindurch behandelt.«
       Ich stutzte. Thomas Longhini war im Januar 1989 in Verdacht geraten.
       »Sommer 1989?«
       »Nein, Sommer 1988!«
       »Manon Simonis wurde am 12. November 1988 umgebracht.«
       »Ich verstehe nicht. Kennen Sie die Hintergründe des Falls denn nicht?«
       »Erklären Sie es mir.«
       »Ich habe Thomas vor dem Mord behandelt. Seine Eltern haben mich im Mai 1988 aufgesucht. Dann, zu Beginn des folgenden Jahres, wurde ich von der Kripo Besançon befragt. Weil ich Thomas gut kannte. Ich habe übrigens zu seinen Gunsten ausgesagt.«
       Foucault hatte die Daten durcheinandergebracht. Nachdem ein Psychiater in dem Fall aufgetaucht war, hatte er daraus gefolgert, dieser sei als Experte hinzugezogen worden, oder um den traumatisierten Jungen zu therapieren. Aber Ali Azoun hatte Thomas ein Jahr vor der Tat behandelt!
       Ich räusperte mich und bewahrte einen kühlen Kopf:
       »Was für ein Problem hatte er damals?«
       »Seine Eltern machten sich Sorgen. Der Junge erzählte völlig verrückte Sachen. Das heißt Sachen, die sie für verrückt hielten.«
       »Zum Beispiel?«
       »Er sprach vor allem von einem Teufel.«
       Ich blickte nach oben. Das Gebirge schien zu beben.
       »Etwas genauer bitte!«
       »Er sagte, Manon Simonis – die für ihn wie eine kleine Schwester war – sei in Gefahr. Ein Teufel bedrohe sie.«
       »Wer war dieser Teufel? Wie sah er aus?«
       »Thomas wusste es nicht und wollte, dass ich mit ihr rede. Er hoffte, dass sie mir gegenüber offener wäre.«
       »Wieso ausgerechnet Sie?«
       »Ich weiß nicht. Vielleicht weil ich ein Erwachsener, ein Arzt bin.«
       »Haben Sie seine Mutter kontaktiert?«
       »Nein. Thomas behauptete, ihre Mutter habe etwas mit dieser Drohung zu tun.«
       Ich spürte ein Kribbeln im Nacken.
       »Wollen Sie damit sagen, dass diese Bedrohung von ihr ausging?«
       »So eindeutig war es nicht.«
       »Was haben Sie gemacht? Haben Sie die Kleine zu sich bestellt?«
       »Nein. Ich hatte damals nur einen psychisch auffälligen Jugendlichen vor mir. In diesem Alter redet man gern über den Teufel. Außerdem war sein Verhältnis zu der fünf Jahre jüngeren Manon nicht klar. In meinen Sitzungen ging es vor allem um dieses Problem. Es geht immer darum, seine Sexualität in den Griff zu bekommen, verstehen Sie?«
       »Und dabei haben Sie es bewenden lassen?«
       »Hören Sie. Im Nachhinein ist es immer leicht, die Psychiater zu kritisieren. Jedes Mal, wenn ein Straftäter rückfällig wird, überhäuft man uns mit Beschimpfungen und Vorwürfen. Wir sind keine Hellseher!«
       Madame Bohn hatte mir das Gleiche gesagt. Diese Erwachsenen wollten nicht zugeben, dass sich die »imaginären« Befürchtungen der beiden Kinder bewahrheiten konnten. Azoun fuhr leiser fort:
       »Im Nachhinein glaube ich, dass Manon tatsächlich bedroht wurde. Aber sie hat diese Bedrohung durch einen Erwachsenen nicht akzeptieren können. Aus diesem Grund sprach sie von einem ›Teufel‹. Sie erfand einen bösen Geist.«
       »Weshalb soll sie die Bedrohung durch diese Person verleugnet haben?«
       »Vielleicht weil sie dieser Person gefühlsmäßig sehr nahe stand. Sie geriet in eine seelische Konfliktsituation. Das ist zum Beispiel bei Pädophilie sehr häufig.«
       »Glauben Sie, dass Manon von ihrer Mutter bedroht wurde?«
       »Von ihrer Mutter oder einer anderen ihr nahestehenden Person.«
       »Hat Thomas keinen Namen genannt? Irgendein Indiz durchsickern lassen?«
       »Nie. Er sprach von einem

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