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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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       »Agostina Gedda …« Sein düsterer Blick ruhte noch immer auf dem Brief. »Die Akten befinden sich in Palermo, denn die Ermittlungen werden dort geführt.«
       »Ich möchte sie nur treffen.«
       »Dieser ganze Fall ist mir zuwider.«
       »Keine sehr erfreuliche Sache.«
       Er schüttelte seinen kantigen Kopf.
       »Der Mord hat etwas Mysteriöses. Etwas, was nicht aufgeklärt wurde.«
       »Kann ich sie sehen, ja oder nein?«
       Der Questore antwortete nicht. Er starrte noch immer auf meinen Brief. Für einige Sekunden tauchte er wieder in den Fall Gedda ein. Und das, was er in Gedanken sah, schien ihm nicht zu gefallen. Schließlich blickte er auf und nahm einen Kugelschreiber.
       »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
       Er kritzelte etwas an den Rand des Briefs.
       »Ich kenne die Direktorin von Malaspina. Aber da sind die Anwälte von Agostina.«
       »Sind es mehrere?«
       Er sah mich aus seinen dunklen Augen an. Ich glaubte einen Funken Wohlwollen zu erkennen.
       »Sie scheinen sich in dem Fall genauso gut auszukennen wie ich.«
       »Ich bin soeben in Catania eingetroffen.«
       »Dieses Mädchen wird von den besten Rechtsanwälten Italiens vertreten. Den Advokaten des Vatikans.«
       »Was könnte die Römische Kurie dazu veranlassen, eine Mörderin zu schützen?«
       Er seufzte abermals und legte den Brief rechts neben sich, in Griffweite. Hinter mir ging die Tür ein weiteres Mal auf. Diesmal stand der Questore auf.
       »Informieren Sie sich gründlich über die Tatumstände, bevor Sie dieses Monster aufsuchen.«
       Er durchquerte das Zimmer mit flotten Schritten. Beamte erwarteten ihn an der Tür. Über die Schulter warf er mir zu:
       »Hinterlassen Sie mir Ihre Adresse und Telefonnummer. Ich rufe Sie im Lauf des Tages an, spätestens morgen Früh.«

KAPITEL 58
    Die Wolken hatten sich verzogen. In dem blauen Himmel zeichnete sich deutlich die schwarze Zone um den Vulkan ab. Ich wollte in der Nähe des Hauptquartiers der Carabinieri einen Kaffee trinken gehen. Ich wusste nicht recht, was ich von den Versprechen des Questore halten sollte. Es gibt eine allgemeine Regel: Je weiter man nach Süden kommt, umso mehr schwinden Gründlichkeit und Verlässlichkeit, als würde beides in der Sonne verdunsten.
       Ich rief die Auskunft an, um mich nach der Adresse der größten Zeitung Siziliens, L’Ora, zu erkundigen. Dann stieg ich ins Auto und entdeckte die Stadt im Sonnenschein. Wir waren zwar mitten im Herbst, aber das war hier normalerweise eine strahlende Jahreszeit. Doch die Staubschicht auf der finsteren Stadt erinnerte an diesem Tag an Zuckerguss auf einem Schokoladenkuchen. Catania, die schwarz-weiße Stadt, wo Lava und Sonne unentwegt aufeinanderprallten und sich bekämpften, aber auch miteinander spielten und sich unter Glitzern und Glühen aneinander brachen.
       Der Verkehr wurde nicht besser. Straßensperren blockierten die Zufahrtstraßen im Norden, Autos der Straßenreinigung fuhren im Schritttempo und fegten die Asche von der Fahrbahn. Staus wurden zu einer regelrechten Commedia dell’Arte: Die Fahrer streckten den Oberkörper aus der Tür, um die Carabinieri zu beschimpfen, die daraufhin den Mittelfinger zeigten.
       Ich fand das Gebäude des Zeitungsverlags in der Via Santa Maria delle Salette. Es glich mehr einem Amtssitz – Senat oder Gerichtsgebäude – als einer modernen Redaktion. Ich stellte den Wagen einfach irgendwo ab, wie es hier alle hielten, und ging durch das hohe Portal. Das Archiv befand sich im Untergeschoss. Ich eilte zu den Aufzügen, wobei ich mir einen Weg durch mehrere Gruppen von Journalisten bahnen musste, die auf dem Sprung zum Ort des Geschehens waren.
       Ein Stockwerk tiefer dagegen herrschte völlige Stille. Ein verglaster Raum war mit Metallkästen und Holzregalen vollgestellt, die von Umschlägen aus Packpapier überquollen. In der Mitte standen auf einer Theke beleuchtete Lesepulte und Recherche-Computer. In diesem schlecht beleuchteten Raum fand ich die Atmosphäre wieder, die ich schon in anderen Archiven gespürt hatte. Es war der gleiche Eindruck einer verstaubten Gruft, verborgener Geheimnisse, wo noch, ganz schwach, das Herz der Rubrik »Vermischtes« schlug. Die Geheimnisse der menschlichen Seele …
       Ein Archivar gab mir Auskunft. An jedem Bildschirm könnte ich nach Schlagwort, Namen und Datum recherchieren. Die

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