Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
Software würde mir das Metallregal angeben, in dem ich suchen müsste. Anschließend müsste ich mich durch die Papierstapel hindurchwühlen.
       Ich gab den Namen Agostina Gedda ein und fand einen Eintrag mit dem Datum des Jahres 2000. Nach einigen Sekunden gab der Computer noch 1996 und 1984 an. Was war der damals zwölfjährigen Agostina passiert, dass ihr L’Ora eine ganze Artikelserie widmete?
       Ich ging chronologisch vor und fand in den Fächern den Umschlag von 1984. Ich trug ihn zur Theke und fragte den Aufseher hinter seinem Schreibtisch mit einer Geste, ob ich rauchen dürfe. Entgegen meiner Erwartung antwortete mir der Mann mit einem breiten Lächeln.
       Mit einer Zigarette im Mund öffnete ich den Umschlag. Er enthielt mehrere ausgeschnittene Artikel und Fotos von einem kleinen, schmächtigen Mädchen. Einige Abzüge zeigten sie auf einem Krankenhausbett. Kaum dass ich die Überschriften gelesen hatte, verstand ich die Anspielungen Callacciuras und des Questore. Die Mörderin war keine Frau wie alle anderen.
       Agostina Gedda war durch ein Wunder geheilt worden.
       Sie war in Lourdes gewesen.
L’Ora – 16. September 1984 EIN WUNDER IN CATANIA
    Ein zwölfjähriges Mädchen wird in einer Nacht von einem tödlichen Wundbrand geheilt!
        
    Unsere Stadt ist ungewöhnliche Begebenheiten und außerordentliche Persönlichkeiten gewohnt; sie machen Catania zu einem Schmuckstück Siziliens. Die Geschichte von Agostina Gedda ist ein weiteres Beispiel dafür. Ja, in unserer Stadt geschehen tatsächlich Wunder!
        Agostina Gedda ist ein unauffälliges kleines Mädchen. Die Tochter eines Tischlers aus Paterno, einem Vorort von Catania, ist ein nettes, fleißiges Kind, das in der Schule gute Noten bekommt.
        Doch an einem Sonntag im Februar 1984 ändert sich alles. Beim Spielen mit gleichaltrigen Freunden stürzt Agostina, deren Eltern sich um diese Zeit am Strand in Taormina aufhalten, zehn Meter in die Tiefe und wird ohnmächtig. Das Kind wird sofort in die Orthopädische Klinik der Universität Catania eingeliefert – beide Beine sind gebrochen, aber keine der Verletzungen ist lebensgefährlich.
        Agostina bleibt fünf Tage im Krankenhaus und wird dann mit einem Gipsverband entlassen. Nach zwei Wochen klagt sie über Schmerzen. Eiter sickert aus ihren Beinen. Rückkehr ins Krankenhaus. Die Ärzte schneiden die Gipsverbände sofort auf. Die Wunden sind nicht vernarbt, sondern haben sich entzündet.
        Die Spezialisten ziehen bereits eine Amputation in Betracht. Sophia, die Mutter von Agostina, bricht zusammen. Der Vater dagegen verlangt Erklärungen. Die Ärzte schweigen. In Wirklichkeit wissen sie bereits zu diesem Zeitpunkt, dass Agostina todkrank ist. Ihr Tod ist nur noch eine Frage von Wochen. Selbst eine Amputation brächte nichts mehr …
        In Paterno bildet sich eine Solidaritätsbewegung. Eine Haussammlung wird organisiert, um Agostina die Reise finanzieren zu können, die ihre letzte. Chance ist: eine Wallfahrt nach Lourdes. Ein bekannter Verein in Italien, Unital6, organisiert Reisen in die Marienstadt. Wenn die Geddas einverstanden sind, könnte Agostina an der nächsten Reise teilnehmen …
        Am 5. Mai bricht Agostina in Begleitung ihrer Eltern schließlich auf. Während der Reise ist das Kind glücklich. Sie reist zum ersten Mal per Schiff und Zug! Jeder bemüht sich um sie, bietet ihr Süßigkeiten an, überschüttet sie mit Aufmerksamkeiten …
        Doch in Lourdes gerät Agostina in Panik. All diese Kranken, diese Invaliden, die sich auf den Straßen tummeln, diese Auslagen voller Statuetten, diese Krankenschwestern mit blauer Haube. Sie begreift nicht: Warum ist sie hier? Wird man sie unter diesen Behinderten zurücklassen? In den Heilbädern weigert sie sich zunächst hineinzugehen, schließlich lässt sie sich umstimmen. Im eiskalten Wasser – die Temperatur in den Becken übersteigt zwölf Grad nicht – schreit Agostina. Sie bleibt nicht länger als eine Minute darin.
        Zurück in Paterno wird das Kind nicht gesund. Sie wiegt knapp siebzehn Kilo. Jeden Tag breitet sich der Wundbrand weiter aus. Im Juli feiert die Familie ihren Geburtstag. Agostina ist zwölf. Sie hat nur noch ein paar Wochen zu leben. Ihre Mutter näht bereits die Kleider, die sie im Sarg tragen soll.
        Am 5. August um 20 Uhr fällt Agostina ins Koma. Ihr Körper wird nicht mehr durchblutet, mit der Folge, dass das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff

Weitere Kostenlose Bücher