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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Ziel? Gab es in dieser Abteilung einen Spezialisten, der in der Lage gewesen war, Manon wiederzubeleben?
       Der Kerl näherte sich dem Schreibtisch und griff zum Telefon:
       »Wenn du wirklich Polizist bist, dann rufen wir deine Kollegen von der Gendarmerie an.«
       »Kein Problem.«
       Ich dachte an die Zeitvergeudung: die Erklärungen im Hauptquartier in Morteau, die Anrufe nach Paris, die Nachricht vom Tod Sarrazins, die die Verwirrung noch größer machen würde. Mindestens drei verlorene Stunden. Ich schluckte meine Wut hinter meiner lächelnden Miene herunter.
       Bevor der Mann abhob, läutete das Telefon. Er hob den Hörer ans Ohr. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er griff nach einem Notizblock, schrieb die Daten auf und brummte:
       »Wir kommen.«
       Er legte auf und sah mich an.
       »Man kann sagen, dass du Schwein hast.« Er deutete auf die Tür. »Verzieh dich.«
       Rettung in letzter Sekunde. Ein Notfall, gerade zur rechten Zeit. Ich ging rückwärts zur Tür und eilte die Treppe hinunter. Auf halber Strecke überholte mich der Kerl. Er sprang auf den Hallenboden und stürzte mit einem Zettel in der Hand nach draußen, wobei er mit der anderen Hand über seinen Kopf die Bewegung des Propellers nachahmte. Sofort rasten die anderen Typen zum Hubschrauber. Als sich die Rotorblätter in Bewegung setzten, hatte ich das Tor des Heliports bereits hinter mir gelassen.
       Die Maschine hob ab, während ich zu meinem Wagen ging. Sie streifte die Wipfel des Gehölzes und riss die letzten roten Blätter von den Bäumen. Ich blickte nach oben – es schien mir, als würde der Pilot, der Koloss aus dem Büro, mich durch das Cockpitfenster beobachten.
       Ich fuhr meinerseits los in dem Wirbel von Blättern und Reisig, die in die Luft gerissen wurden.
       Lausanne.
       Dort lag der Schlüssel zur Lösung des Falls.

KAPITEL 79
    Die Außenstelle Les Champs-Pierres des Universitätsklinikums Vaudois lag auf den Anhöhen von Lausanne, in der Nähe der Rue Bugnon, unweit des Krankenhauses. Es war ein kleines, dreistöckiges Gebäude, das von japanischen Gärten umgeben war. Grauer Kies und Zwergkiefern.
       Ich ging zu Fuß den Hauptweg hinauf. Die Nadelbäume waren akkurat beschnitten, und die Kugelleuchten schienen dicht über dem Kies zu schweben. Das Ganze war zugleich beruhigend wie ein echter Zen-Garten und beunruhigend wie das Labyrinth in Shining. Der Himmel war bedeckt. Ein Dunst, der an Kirschblütenpollen erinnerte, schwebte in der Luft.
       Die Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie befand sich im zweiten Stock. Der Name des Arztes, der Manon behandelt hatte, hatte sich mir eingeprägt: Moritz Beltreïn. Operierte er hier noch immer, vierzehn Jahre später? Am Eingang der Abteilung gab es einen kleinen Empfangsbereich. Hinter der Theke zeichnete sich vor einem Poster mit Aufnahmen schweizerischer Täler eine junge Frau ab, die weder einen Kittel trug noch ein Telefon vor sich hatte.
       Ich fragte in freundlichem Ton nach dem Arzt.
       Sie lächelte mich an. Sie war hübsch, und dieses Detail verfehlte nicht seine Wirkung auf mich. Sie beobachtete mich unter ihren schwarzen Indianerhaaren, während sie an Tic-Tacs lutschte. Ich fragte nach:
       »Arbeitet er nicht mehr hier?«
       »Er ist der big boss «,sagte sie endlich. »Er ist noch nicht da, aber er wird vorbeischauen. Er kommt jeden Tag, auch am Wochenende. Meistens gegen Mittag.«
       »Kann ich auf ihn warten?«
       »Nur wenn Sie sich mit mir unterhalten.«
       Ich tat so, als würde das mir gefallen, und versuchte eine amüsierte Miene aufzusetzen. Ich weiß nicht, wie ich aussah, aber meine Anstrengungen brachten sie zum Lachen. Sie wisperte:
       »Ich heiße Julie.« Sie gab mir einen kräftigen Händedruck.
       »Julie Deleuze. Ich arbeite nur am Wochenende hier. Ein Studentenjob. Sie müssen sich nicht mit mir unterhalten …«
       Ich stützte mich mit den Ellbogen auf und lächelte freimütig. Ich wagte es, einige persönliche Fragen zu stellen – Studium, Alltagsleben, Freizeitaktivitäten in Lausanne. Ich hatte auf Autopilot geschaltet. Jede Frage kostete mich so viel Mühe, dass ich die Antworten nicht hörte.
       Ein unsichtbares Telefon läutete. Sie griff mit einer Hand unter die Theke und hob ab. Sie zwinkerte mir zu und steckte sich ein neues Tic-Tac in den Mund. Sie hatte den dunklen Teint der allzu stark geschminkten Squaws in den

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