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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Dann beschließt der Notarzt, einen Rettungshubschrauber anzufordern. Warum? Wohin wurde Manon gebracht? Der Offizier fuhr fort:
       »Sie wurde bestimmt zur Obduktion nach Besançon geflogen.«
       »Wo ist der Rettungshubschrauber stationiert?«, fragte ich. »In Besançon?«
       Der Mann starrte mich an, als suchte er nach einem verborgenen Sinn in meinen Fragen. Kopfschüttelnd erklärte er:
       »Für solche Transporte wendet man sich an eine Privatfirma in Morteau.«
       »Wie heißt sie?«
       »Codelia. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie …«
       Ich dankte den beiden Männern mit einem Kopfnicken und lief zu meinem Wagen.
       Eine Viertelstunde später war ich in der »Wurst-Hauptstadt«, die am Ende des gleichnamigen kleinen Tals zwischen Hügeln lag. Der Hubschrauberlandeplatz befand sich am Ortsausgang an der Straße nach Pontarlier. Ein Wellblechhangar neben einem runden Landeplatz, auf dem ein einzelner Hubschrauber stand.
       Ich hielt etwa hundert Meter davor und dachte nach. Es ging um alles oder nichts: Entweder zeigten sich die Männer, die Bereitschaftsdienst hatten, entgegenkommend und gewährten mir Zugang zu ihrem Archiv, oder mein Dienstausweis genügte nicht, und meine Spur würde im Sand verlaufen. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen.
       Ich fuhr wieder los, vorbei am Heliport, und parkte hinter der ersten Kurve, unter Bäumen. Dann ging ich zu Fuß zurück und näherte mich dem Hangar von hinten. Ich blickte zur Seite. Drei Männer unterhielten sich auf dem Landeplatz, neben dem Hubschrauber. Mit ein bisschen Glück wäre das Büro leer.
       Ich ging die Mauer entlang und in den Hangar hinein. Tausend Quadratmeter in einem Stück. Zwei Hubschrauber, halb zerlegt, erinnerten an Insekten mit gebrochenen Flügeln. Niemand. Links über der Werkshalle ein Zwischengeschoss mit einem verglasten Raum. Auch dort oben regte sich nichts.
       Ich ging die Treppe hinauf und stieß die Glastür auf. Ein Computer im Standbybetrieb auf dem größten Schreibtisch. Ich drückte auf die Leertaste. Der Bildschirm leuchtete mit seinen Desktop-Icons auf. Ich hatte Glück. Alles war da, sorgfältig nach Schlagwörtern aufgeschlüsselt: Flüge, Kunden, durchschnittlicher Kerosinverbrauch, Wartungsbuch, Rechnungen …
       Kein Passwort, keine verwirrenden Verzeichnisse, keine unbekannten Programme. Ein Superglück. Ich klickte auf das Dokument »Notfalleinsätze« und fand für jedes Jahr eine Datei.
       Kurzer Blick durch die Glasscheibe: noch immer niemand zu sehen. Ich öffnete »1988« und scrollte die Liste bis November durch. Es hatte nicht viele Einsätze gegeben. Ich entdeckte den Begleitschein, der mich interessierte:
       F-BNFP
       Jet-Ranger 04
       18. November 1988, 19.22 Uhr, Anruf XM 2453: Notarzt/ Krankenhaus Sartuis.
       ZIEL: Kläranlage Sartuis.
       Treibstoffvorrat: 70 Prozent.
       18. November 1988, 19.44 Uhr, Transport XM 2454: Notarzt/ Krankenhaus Sartuis.
       ZIEL: Außenstelle Les Champs-Pierres des Universitätsklinikums Vaudois (UKV), Lausanne, Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie.
       Kontakt: Moritz Beltreïn, Chefarzt.
       Ich traute meinen Augen nicht. Manon war nicht in ein Krankenhaus in Besançon eingeliefert worden. Der Hubschrauber war über die Schweizer Grenze direkt nach Lausanne geflogen. Weshalb dorthin? Wieso die Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie, um ein Kind zu versorgen, das ertrunken war?
       Die Nervenzellen in meinem Gehirn arbeiteten mit Lichtgeschwindigkeit. Ich musste mit dem Notarzt sprechen, der den Transport von Manon Simonis veranlasst hatte. Nur er konnte mir sagen, was ihn zu dieser Entscheidung bewogen hatte.
       »Was tun Sie hier?«
       Ein Schatten bewegte sich von links in mein Gesichtsfeld.
       »Ich werde es Ihnen erklären«, sagte ich mit breitem Lächeln.
       »Das wird schwer werden.«
       Der Mann ballte die Fäuste. Einsneunzig groß, mindestens hundert Kilo schwer. Pilot oder Techniker. Ein Koloss, der mit bloßen Händen einen Hubschrauber verschieben könnte.
       »Ich bin Polizist.«
       »Da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen, Kumpel.«
       »Ich zeig Ihnen meinen Dienstausweis.«
       »Eine Bewegung, und ich schlag dich nieder. Was hast du in unserem Büro zu suchen?«
       Trotz der Anspannung dachte ich nur an meine Entdeckung. Das Universitätsklinikum Lausanne, Herz- und Gefäßchirurgie. Weshalb dieses

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