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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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um mit dem Dragoner Tee zu trinken.
       Ich zog meinen Regenmantel aus und blätterte die Unterlagen durch. Ich fand darin nicht, was ich mir erhoffte. Ich hörte die Mailbox meines Handys und meines Telefons ab. Nichts. Ich rief Malaspey an.
       »Du hast nicht zurückgerufen«, rügte ich ihn. »Bist du bei den Zigeunern weitergekommen?«
       »Ich komme gerade von der Universität Nanterre. Ich habe mit einem Professor für Romani, der Sprache der Roma, gesprochen. Du hattest recht. Die Sache mit den Schuhen ist ein typisches Roma-Ritual. Laut dem Professor könnte unser Täter dem Opfer die Schuhe ausgezogen haben, um zu verhindern, dass er von dessen Geist verfolgt wird. Ein Zigeuner-Trick.«
       »Okay. Mach eine Recherche in der Datenbank der Kripo. Notier dir alle Roma, die in letzter Zeit im 94. Revier an bewaffneten Überfällen beteiligt waren.«
       »Schon erledigt. Wir arbeiten auch mit dem Hauptkommissariat in Créteil zusammen, um Näheres über die lokalen ethnischen Minderheiten rauszukriegen.«
       »Wo bist du jetzt?«
       »Auf der Seine-Uferstraße. Ich bin gleich in der Firma.«
       Ich legte die Münze mit dem Erzengel Michael auf die Akten.
       »Schau bei mir vorbei, bevor du mit deinem Protokoll beginnst. Ich hab was für dich.«
       Ich legte auf und ließ Foucault kommen. Während ich die Delikte der letzten Nacht durchging, klopfte es an die Tür. Mein Gruppenleiter glich einem verschmitzten Halbstarken. Lockiges Haar, schmale Schultern, in eine enge Bomberjacke gezwängt, strahlendes Lächeln – Foucault war Roger Daltrey, dem Sänger der Gruppe The Who, die am Woodstock-Festival teilgenommen hatte, wie aus dem Gesicht geschnitten.
       Mein Stellvertreter legte gleich in düsterem Ton los und wollte auf den Selbstmord von Luc eingehen. Mit einer Handbewegung unterbrach ich ihn.
       »Du musst mir helfen, bei einer speziellen Sache.«
       »Worum geht’s?«
       »Ich will, dass du den Jungs von Luc auf den Zahn fühlst. Mit was für Fällen sie sich zuletzt beschäftigt haben.«
       Er nickte, doch er blickte skeptisch drein.
       »Das wird heikel.«
       »Lad sie zum Essen ein. Spendier ihnen was zu trinken. Schleich dich in ihr Vertrauen ein.«
       »Schau mer mal.«
       Doudou hatte mir gestern eine Kostprobe des guten Willens von Lucs Team geliefert. Ich fuhr fort:
       »Hör zu. Niemand kennt Luc besser als ich. Es muss einen äußeren Anlass für sein Tun geben. Etwas Unerklärliches, was ihm zugestoßen ist und nichts mit einer Depression oder einer vorübergehenden Verstimmung zu tun hat.«
       »Zum Beispiel?«
       »Keine Ahnung. Aber ich möchte wissen, ob er nicht an einem besonderen Fall gearbeitet hat.«
       »Okay. Ist das alles?«
       »Nein. Stell sein Privatleben auf den Kopf. Konten, Kredite, Steuerbescheide. Alles. Beschaff dir seine Telefonrechnungen: Handy, Büro, zu Hause. Sämtliche Anrufe in den letzten drei Monaten.«
       »Bist du sicher?«
       »Ich will sichergehen, dass Luc kein Geheimnis hatte. Ein Doppelleben oder etwas in der Art.«
       »Luc ein Doppelleben?«
       Foucault hielt die Hände in den Taschen seines Blousons und sah mich verblüfft an.
       »Wende dich auch ans Zentrum für psychologische Beurteilung der Kripo. Irgendwo muss es eine Akte über Luc geben. Du gehst natürlich so diskret wie möglich vor.«
       »Und die Internen Ermittler?«
       »Du musst schneller sein als sie, und halt mich auf dem Laufenden.«
       Foucault verdrückte sich, nachdem er immer skeptischer dreingeschaut hatte. Auch ich glaubte nicht, dass diese Nachforschungen viel bringen würden. Wenn Luc etwas zu verbergen hatte, dann hatte er selbst alle Spuren verwischt. Nichts ist schlimmer, als einen Jäger zu jagen.
       Die Tür ging nicht wieder zu: Malaspey stand auf der Schwelle. Er war stämmig, trug Wollkleidung, die dem arktischen Winter getrotzt hätte, und eine indische kleine Umhängetasche. Zum Pferdeschwanz gebundenes graues Haar und eine Pfeife im Mund vervollständigten das Bild. Er erinnerte eher an einen Berufsschullehrer als an einen Kriminalpolizisten, der bereits fünfzehn Jahre auf dem Buckel hatte.
       »Sie wollen mich sprechen?«
       Die Pfeife bewirkte, dass er die Hälfte der Wörter verschluckte. Ich zog eine Schublade auf, nahm einen durchsichtigen Beutel heraus und steckte die Münze mit dem Bildnis des Erzengel Michaels

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