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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen.
        
    Die Wahrheit lag auf der Hand.
       Bevor er in die Hölle stürzte, hatte sich Luc gegen den Teufel gewappnet.

KAPITEL 8
Dezember 1991
    Seit zwei Jahren hatte ich Luc nicht gesehen. Seit zwei Jahren folgte ich meinem eigenen Weg, studierte die urchristlichen Autoren und lebte mit dem Apologeticum Tertullians und dem Octavius von Minucius Felix. Im September war ich in das französische Päpstliche Seminar in Rom eingetreten.
       Die glücklichste Zeit meines Lebens. Das Gebäude mit den rosafarbenen Mauern in der Via Santa Chiara 42. Der große Innenhof, der von einer hell ockerfarbenen Galerie umschlossen war. Meine kleine Kammer mit den gelben Wänden, eine Zufluchtsstätte, in der ich Kraft und innere Ruhe fand. Der Exerzitiensaal, in dem wir liturgische Gesten übten. » Benedictus est, Domine, deus universi … « Und die Terrasse des Gebäudes, von der aus man einen Panoramablick auf den Petersdom, das Pantheon und die Kirche Il Gesù hatte …
       Meine Eltern hatten darauf bestanden, dass ich Weihnachten nach Paris kam. Es sei wichtig, »unverzichtbar«, sagte meine Mutter, dass wir den Jahreswechsel zusammen feierten. Nach meiner Landung in Roissy hatte sich die Lage allerdings grundlegend geändert, denn beide waren zu einer Kreuzfahrt zu den Bahamas aufgebrochen, an Bord der Segeljacht eines Geschäftspartners meines Vaters.
       Es war der Abend des 24. Dezember, und ich war eigentlich erleichtert. Ich stellte mein Gepäck im herrschaftlichen Stadthaus meiner Eltern in der Avenue Victor-Hugo ab und schlenderte dann ziellos durch die Straßen von Paris. Irgendwann stand ich dann vor Notre-Dame. Gerade rechtzeitig, um an der Christmette teilzunehmen.
       Nur mit Mühe konnte ich mir Zutritt zu der überfüllten Kathedrale verschaffen. Ich schlängelte mich durch die Menge nach rechts. Ein überwältigender Anblick: Tausende stehender Menschen, andächtig lauschend, und tiefe Stille, Weihrauch und harmonische Klänge. Ich genoss die inbrünstige Frömmigkeit und vergaß für einen Augenblick den Niedergang des katholischen Glaubens, den fehlenden Priesternachwuchs, die Kirchenaustritte.
       »Mathieu!«
       Ich sah mich um, konnte in der Menge jedoch kein vertrautes Gesicht erkennen.
       »Mathieu!«
       Ich sah nach oben. Luc hatte sich auf den Sockel einer Säule gestellt und überragte die Masse der Gläubigen. Sein mit Sommersprossen übersätes weißes Gesicht leuchtete wie eine einsame Kerze. Er tauchte in die Menge ein. Eine Sekunde später zog er mich am Arm.
       »Komm, wir verduften.«
       »Die Messe hat doch gerade erst begonnen …«
       Aus der Tiefe des Chors ertönte die Stimme des Priesters:
       »Ich will dich rühmen, Herr, meine Stärke, Herr, du mein Fels, meine Burg, mein Retter …«
       Luc fuhr fort:
       »… Mein Gott, meine Feste, in der ich mich berge … Die Botschaft hör ich wohl …«
       Sein spöttischer Tonfall war noch aggressiver geworden. Die Leute um uns herum zischten verärgert. Um einen Skandal zu vermeiden, folgte ich Luc widerstrebend. Als wir in der Nähe der Mauer angelangt waren, packte ich ihn an der Schulter:
       »Du bist also nach Frankreich zurückgekehrt?«
       Luc blinzelte mir zu:
       »Ich genieße das Schauspiel.«
       Sein Blick war noch feuriger als früher. Seine ausgemergelten Gesichtszüge warfen dunkle Schatten auf seine Wangen. Hätte ich ihn nicht so gut gekannt, hätte ich geglaubt, dass er high wäre.
       Luc schlängelte sich durch die dichten Reihen und blieb in der Nähe des Beichtstuhls stehen. Er öffnete die durchsichtige Tür und stieß mich hinein.
       »Geh rein!«
       »Was soll das? Du …«
       »Geh rein, sag ich!«
       Ich landete im Beichtstuhl. Luc ging durch die andere Tür hinein, setzte sich auf den Stuhl des Beichtigers und zog die beiden Vorhänge zu. Von einer Sekunde auf die andere waren wir abgeschnitten von der Menge, den Gesängen und der Messe. Die Stimme Lucs drang durch das Holzgitter:
       »Ich hab ihn gesehen, Mat. Mit eigenen Augen.«
       »Wen?«
       »Den Teufel, und zwar live. «
       Ich neigte mich nach vorn und versuchte sein Gesicht durch das Gitterwerk zu erkennen. Er bebte und biss auf seine Unterlippe.
       »Etwa im Sudan?«
       Luc wich in die Dunkelheit zurück, ohne zu antworten. Ich hätte nicht zu sagen gewusst, ob er gleich in Tränen

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