Das Herz der Hoelle
der alles begonnen hatte …
Endlich eine direkte Verbindung zwischen dem Mord an Massine Larfaoui, dem Iboga-Dealer, und denen an Sylvie Simonis, Arturas Rihiimäki und Salvatore Gedda … Der »Höllengast« hatte vielleicht die Schwarze Iboga bei Larfaoui gekauft. Von da war es nur ein kleiner Schritt zu der Vermutung, dass er auch den Kabylen auf dem Gewissen hatte.
Ich stand auf und atmete tief ein.
Ich musste mich nochmals in die Akte Larfaoui vertiefen und der Iboga-Spur auf den Grund gehen.
Aber zuerst einmal musste ich überprüfen, ob meine Hypothese »medizinisch« haltbar war.
KAPITEL 103
Mir fiel sofort ein Name ein: Éric Thuillier. Der Neurologe, der Luc seit seiner Einlieferung ins Hôtel-Dieu behandelte.
Es war 1.30 Uhr. Ich wählte die Nummer des Krankenhauses und verlangte Dr. Éric Thuillier. Die Wahrscheinlichkeit, dass er heute Nacht Bereitschaftsdienst hatte, war ziemlich gering.
Doch ich hatte Glück, er war da, allerdings konnte man mich nicht verbinden, da er gerade einen Notfall versorgte. Ich legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, denn ich war schon unterwegs zum Hôtel-Dieu, das nur fünfzig Meter entfernt war.
Die Intensivstation, wieder einmal.
Ich blieb vor den Glastüren stehen, die den Stationsflur abschlossen. Schwaches grünliches Licht, das Schimmern eines Aquariums. Geruch nach Teer und Desinfektionsmittel. Ich begnügte mich damit, die bedrückende Szenerie hinter den Glastüren zu betrachten; ich wollte den Neurologen abpassen, der aus einem der Zimmer herauskommen musste.
Ein Schatten tauchte im Gang auf. Trotz des Kittels, des Mundschutzes und der Schuhe erkannte ich die vermummte Gestalt. Kaum dass Thuillier aus der vorderen Glastür getreten war, grüßte ich ihn. Er zog den Mundschutz herunter und war offenbar nicht erstaunt, mich zu sehen. Um diese Uhrzeit musste man auf dieser Station mit allem rechnen. Im Empfangsbereich zog er seinen Kittel aus.
»Ein Notfall?«, fragte er, während er den Kittel zu einem Knäuel drehte.
»Für mich schon.«
Er warf den Ballen in einen Mülleimer, der an der Wand befestigt war.
»Ich wollte mit Ihnen nur über eine meiner Theorien sprechen.«
Er lächelte:
»Und das hat nicht Zeit bis morgen.«
Ich lächelte zurück. Da war er wieder, der Klassenbeste, dem ich schon zu Beginn meiner Ermittlungen begegnet war. Oxford-Kragen und kleine Brille, zu kurze Kordhosen.
»Darf man hier rauchen?«
»Nein«, sagte Thuillier, »aber ich hätte gern eine.«
Ich hielt ihm meine Schachtel hin. Der Neurologe pfiff bewundernd:
»Filterlose? Schmuggeln Sie die ein?« Er zog eine Zigarette heraus. »Ich wusste nicht einmal, dass es die überhaupt noch gibt.«
Ich nahm meinerseits eine. Als Polizist wusste ich, wie wichtig der Einstieg in ein Gespräch war. Schon die erste Minute entschied oftmals über den Verlauf einer Vernehmung. Heute Nacht wirkte der Charme. Wir waren auf der gleichen Wellenlänge. Thuillier deutete auf eine halboffene Tür in meinem Rücken.
»Lassen Sie uns da hineingehen.«
Ich folgte ihm. Wir fanden uns in einer unmöblierten fensterlosen Kammer wieder. Ein ungenutzter Raum oder vielleicht auch das Raucherzimmer.
Thuillier setzte sich auf die einzige Bank, die herumstand, und zog eine Bonbondose aus der Tasche, deren Deckel er als Aschenbecher verwenden würde.
»Und wie lautet Ihre Theorie?«
»Ich möchte mit Ihnen über das Erlebnis von Luc Soubeyras sprechen, das er uns heute Morgen beschrieben hat.«
»Faszinierend, und dabei hab ich schon einiges gesehen, glauben Sie mir.«
Ich nickte und fing dann an:
»Zunächst eine chronologische Frage. Luc hat diese innere Reise so geschildert, als hätte er sie erlebt, während er am Ertrinken war. Halten Sie es für möglich, dass er dieses Erlebnis auch erst beim Aufwachen aus dem Koma gehabt haben könnte?«
»Vielleicht. Er könnte die beiden Zeiträume verwechseln: Bewusstlosigkeit und Wiederbelebung. Das geschieht häufig. Beide Phasen sind nicht deutlich voneinander getrennt, es ist ein einziges schwarzes Loch.«
»Hätte er diese Halluzination auch noch später haben können, in den Tagen danach, als sein Bewusstsein noch immer … umnebelt war?«
»Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
Ich ging auf ihn zu und nahm meine ganze
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