Das Herz der Hoelle
Meter entfernt. Ich seufzte:
»Laure, Lucs Frau, wurde ermordet. Mit ihren beiden Töchtern.«
Manon stöhnte auf. Ihre Augen funkelten im Widerschein des Blaulichts:
»Glauben Sie, dass ich das getan hab?«
Ohne zu antworten, nahm ich ihre Hand und machte einen Schritt zum Wagen. Sie widersetzte sich. Ich drehte mich um und schrie:
»Komm, verdammt nochmal!«
Zu spät. Das Polizeifahrzeug bog um die Ecke der Zufahrt. Ich zog Manon an mich, öffnete die Wagentür auf der Fahrerseite und stieß sie hinein. Dann drückte ich ihr die Schlüssel in die Hand. Sie sollte nicht noch eine Nacht in einer Zelle verbringen. Sie sollte sich bis morgen verstecken, bis ich den Taxifahrer ausfindig gemacht hätte und ihre Unschuld beweisen könnte.
»Fahr ohne mich. Gib Gas.«
»Und du?«
»Ich bleibe hier. Ich halte sie auf.«
»Nein, ich …«
Ich drückte ihre Finger um den Schlüssel zusammen.
»Fahr in die Schweiz. Du rufst mich an, sobald du über die Grenze bist.«
Widerwillig fuhr sie los. Ich schrie:
»Gib Gas! Und ruf mich an.«
Sie sah mich durch die Scheibe an, als wollte sie sich jede Einzelheit meines Gesichts einprägen. Die Blitze des Einsatzfahrzeugs warfen bereits zuckende Schatten auf ihr Gesicht. In der nächsten Sekunde hatte sie den Rückwärtsgang eingelegt und ließ den Motor aufheulen.
Ich drehte mich um und ging die Straße hinunter. Das Einsatzfahrzeug blieb stehen. Gendarmen sprangen auf die Fahrbahn und liefen mit gezückten Pistolen auf mich zu. Einer von ihnen schrie:
»Was machen Sie da?«
Ich deutete mit einer Geste an, dass ich meine Papiere herausziehen wollte.
»Keine Bewegung!«
Ich hatte meinen Dienstausweis bereits gezückt und schwenkte ihn im Scheinwerferlicht.
»Ich bin Polizist.«
Die Männer gingen langsamer, während sich ein in einen schwarzen Anorak eingemummter Offizier an ihre Spitze setzte.
»Wie heißt du?«
»Mathieu Durey, Mordkommission Paris.«
Der Anführer schnappte meinen Dienstausweis.
»Was machst du hier?«
»Ich ermittle in einem Fall. Ich …«
»Achthundert Kilometer von deiner Dienststelle entfernt?«
»Ich werde es Ihnen erklären.«
»Will ich hoffen.« Er steckte meinen Ausweis in seine Tasche und warf dann einen Blick über meine Schulter zum offenen Garagentor. »Denn das hier sieht mir doch ganz nach Hausfriedensbruch aus.«
Er wandte sich an seine Männer:
»Durchsucht das Haus!« Dann wandte er sich wieder mir zu: »Wo ist deine Karre?«
»Ich hatte eine Panne auf der Straße. Ich bin zu Fuß gekommen.«
Der Offizier musterte mich schweigend. Der mit Formalin getränkte Mantel, das blutverschmierte Gesicht, der offene Kragen. Der Gendarm atmete langsam. Im Gegenlicht der Scheinwerfer konnte ich seine Gesichtszüge nicht erkennen. Sein Kragen aus synthetischem Fell schimmerte in der Nacht.
»Da ist was faul, Freundchen«, grummelte er schließlich. »Ich hoff, du hast ’ne gute Erklärung, sonst …«
»Klar doch.«
Ein Gendarm kam hinter ihm herbeigeeilt.
»Sie ist nicht da, Capitaine.«
Der Offizier machte einen Schritt zurück, wie um mich besser einzuschätzen. Ohne mich aus den Augen zu lassen, fragte er den anderen:
»Die Garage?«
»Nichts Auffälliges, Capitaine.«
Er klatschte zackig in die Hände.
»Gut. Wir fahren zurück zur Gendarmeriekaserne und nehmen den Herrn mit. Er hat uns eine Menge zu erzählen … über Manon Simonis.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und ging zu einem marineblauen Kombi, den ich gar nicht bemerkt hatte. Er öffnete die Tür auf der Beifahrerseite, beugte sich in den Innenraum und plärrte in ein Funkgerät:
»Brugen hier. Wir fahren zurück … Nein, sie ist nicht hier.« Er warf mir wieder einen Blick zu. »Aber etwas sagt mir, dass sie nicht mehr weit weg ist …«
Brugen. Ich erinnerte mich an diesen Namen. Der Capitaine der Gendarmerie, der die Fälle Sarrazins übernommen hatte und die Ermittlungen in seinem Mordfall leitete. Ich wusste nicht, ob das eine gute oder eine schlechte Nachricht war.
Zwei Gendarmen begleiteten mich zum Kastenwagen. Der Kombi kam für mich nicht in Frage. Sie öffneten die hintere Doppeltür. Der Geruch nach kaltem Tabakrauch und nach Motoröl schnürte mir einen
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