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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Inmitten der schwirrenden Fliegen stieß Beltreïn die Bruchstücke zur Seite. Ich ließ mich unter den Arbeitstisch rollen. Hunderte von Maden krochen über meine Hände und schlüpften in meine Ärmel.
       Das heisere Schnaufen Beltreïns, ganz nahe. Knurrend und lachend, beugte er sich nach unten, um mich ausfindig zu machen. Unter dem Tisch sah ich nur noch seine Beine. Meine Waffe war mir entglitten. Ich erblickte die Scherbe einer Flasche. Ich packte sie und rammte sie dem Mörder knochentief in die Wade. Das Monster stieß einen gellenden Schrei aus. Ich ließ die Scherbe los und kroch zur anderen Seite des Arbeitstischs.
       Die Schreie Beltreïns hallten im Raum wider. Ich hatte jegliche Orientierung verloren. Ich sah nichts mehr, nur noch Gaze, Organe und Maden. Mein Gegner brüllte noch immer und humpelte, sein blutverschmiertes Bein nachschleppend, um den Arbeitstisch herum. Ich wälzte mich unter den Tisch und versuchte auf der anderen Seite herauszukriechen. Ich stützte mich auf den Fliesen ab und stand wieder auf. Beltreïn war ein paar Meter entfernt. Er suchte nicht mehr nach mir. Von Mücken umschwärmt, schlug er wild um sich, wobei er seine Waffe als Fliegenwedel benutzte.
       Ich ging durch die schwirrende Wolke hindurch, um den Tisch herum und packte seinen dicken Schädel. Ich schlug ihn mehrfach gegen die Tischkante. Seine Brille fiel herunter. Die Insekten fielen sofort über seine Augen her, aber sie gingen auch auf mich los. Ich sah nichts mehr. Ich hatte nur diesen Kopf in meinen Händen und hörte das nervenaufreibende Gewimmer des Monsters. Der Irre wehrte sich noch immer. Wir fielen zusammen hin. Er war auf mir, mit blutverschmiertem Gesicht, das von Insekten überzogen war. Unglaublicherweise hielt er noch immer seine Waffe in der Hand. Ich tastete aufs Geratewohl den Boden ab und fand einen ausgerissenen Holzstab, der von einem der zertrümmerten Kästen stammte. Von Fliegen umschwirrt schloss ich die Augen, streckte den Arm aus und betastete sein Gesicht. Ich suchte die empfindliche Stelle an seiner Schläfe, dort, wo der Schädelknochen auch beim Erwachsenen noch so weich ist wie bei einem Neugeborenen. Ich rammte den Stab an dieser Stelle tief in den Schädel. Ich wich zurück und öffnete die Augen. Die Fliegen ließen bereits von mir ab. Sie wuselten an der rosa Hirnmasse Beltreïns, die aus dem Loch in seinem Schädel hervorquoll wie Eiter aus einem angestochenen Abszess.

KAPITEL 112
    Strauchelnd rannte ich den Hang hinunter, ohne mich umzudrehen. Ich wollte den Bunker – das Grabmal des Dämons – nicht mehr sehen. Ich steckte meine Glock wieder ein und kam zu meinem Wagen. Ich spürte die eisigen Windstöße unter den formalin- und blutgetränkten Kleidern, die an meiner Haut klebten. Diese Böen glichen den Eisenplatten, die bei Röntgenaufnahmen verwendet werden und so kalt sind, dass sie auf der Haut brennen. Diese Durchlüftung war eine Wohltat. Sie entfernte die Fliegen, die Würmer, die Organteilchen. Die Spuren des Irren auf meiner Haut.
       Hinter meinem Lenkrad murmelte ich Gebete, wobei ich vor- und zurückwippte und das Unmögliche versuchte: Beltreïn zu verzeihen. Ich psalmodierte mit geschlossenen Augen und angespanntem Körper, aber mit dem Herzen war ich nicht dabei. Nicht das geringste christliche Mitleid. Weder für ihn noch für mich.
       Ich fuhr los. Als ich die Reifenabdrücke sah, musste ich an die Spuren denken, die ich möglicherweise im Innern der Villa zurückgelassen hatte – ich betrachtete meine Hände. Ich hatte meine Latexhandschuhe anbehalten. Ich streifte sie ab und steckte sie erleichtert in meine Tasche.
       Mit durchgetretenem Gaspedal brauste ich los und raste über die Serpentinen, die mich ins Tal brachten. Meine Scheinwerfer. Ich hatte vergessen, die Scheinwerfer anzuschalten. Als die Lichter angingen, schien es mir, als sprängen die Tannen, erschrocken über meine Raserei, zur Seite. Obwohl ich mit den Nerven völlig am Ende war, ging mir ein Gedanke nicht aus dem Kopf. Der letzte vor dem Epilog.
       Noch immer war ein Mörder auf freiem Fuß.
       Der Mörder von Laure und den Kindern.
       Es war noch nicht vorbei.
       Und dann dachte ich noch an etwas, was keinen Aufschub duldete: Manon. Sie aufspüren, bevor die anderen sie fassten. Eine Erklärung für den Umstand finden, dass sich ihre Fingerabdrücke am Tatort fanden, und sie von jedem Verdacht reinwaschen.
       Ich bog in einen Waldweg und

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