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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Nacht.«
       »Erzähl.«
       Sie schnalzte mit der Zunge und durchbohrte mich förmlich mit ihrem Blick.
       »Als sie in jener Nacht zurückkam, war sie außer sich vor Angst.«
       »Hat sie den Mörder gesehen?«
       »Sie hat nichts gesehen. Als Larfaoui umgelegt wurde, war sie im Bad. Sie ist durchs Fenster aufs Dach des Hauses gestiegen. Sie sagte, der Mörder hätte sie nicht entdeckt. Aber sieben Tage später ist sie verschwunden.«
       »Wer steckt dahinter?«
       »Was glaubst du? Der Typ hat sie gesucht und gefunden.«
       Ein weiteres Indiz: Der Auftragskiller, der eine automatische Waffe benutzte, könnte sich ebenfalls in die anglophone afrikanische Gemeinschaft einschleichen. Vielleicht jemand, der sich in Liberia verdingte? Ich hielt Foxy mein leeres Glas hin:
       »Hast du nichts Stärkeres?«
       »Foxy hat alles, was das Herz begehrt.«
       Sie wandte den Oberkörper um, ohne ihre übereinandergeschlagenen Beine zu bewegen. Zwischen ihren klauenartig gekrümmten Händen kam eine Flasche zum Vorschein. Sie füllte mein Glas mit einer klaren, öligen Flüssigkeit. Ich nahm einen kleinen Schluck – ich hatte das Gefühl, reinen Äther zu trinken – und fragte mit rauer Stimme:
       »War es ein junges Mädchen?«
       »Sie hieß Gina. Sie war fünfzehn.«
       »Bist du sicher, dass sie nichts gesehen hat?«
       Die Hexe hob die Augen zur Decke und wirkte plötzlich nachdenklich. Dramatische Traurigkeit zeigte sich auf ihrem Gesicht. Sie seufzte mit feuchten Augen:
       »Armes Kleines …«
       Ich nahm einen weiteren Schluck und schrie:
       »Hat sie etwas gesehen, ja oder nein?«
       Sie wandte ihre Augen mir zu und rundete wie apathisch die Lippen:
       »Als sie auf dem Dach war, hat sie den Mann weglaufen gesehen …«
       »Wie sah er aus? Groß? Klein? Stämmig?«
       »Ein großer Mann, lang und schmal.«
       »Was hatte er an?«
       Foxy goss sich ihrerseits ein Glas von dem Rachenputzer ein und tauchte ihre Lippen darin ein:
       »Wir sind uns einig, du und ich? Du schuldest mir etwas für heute Abend?«
       »Ich bin dir was schuldig, Foxy. Sag schon.«
       Sie nahm einen Zug und verkündete dann mit Grabesstimme:
       »Er trug einen schwarzen Mantel und einen weißen Kragen.«
       »Einen weißen Kragen?«
       »Man, Gina sagte, dass es ein Priester war.«

KAPITEL 20
    Ich hätte beinahe Laures Messe vergessen.
7 Uhr morgens
    Ich schaffte es gerade noch, zu Hause vorbeizufahren, zu duschen und frische Sachen anzuziehen. Ich stank nach Tropen und Hexerei. Am Lenkrad meines Wagens versuchte ich, Bilanz zu ziehen.
       Teile, die nicht zusammenpassen wollten. Ein Selbstmordversuch, der vom Erzengel Michael beschirmt wurde. Eine Ikonografie des Teufels. Ein Verein, der Pilgerfahrten nach Lourdes organisiert. Spritztouren in den Jura, anscheinend mit einer Geliebten. Ein rätselhafter Satz: »Ich habe den Schlund gefunden.« Der Mord an einem Bierbrauer, der gleichzeitig mit Drogen dealte …
       Und vor allem die Gestalt des mordenden Priesters, die alle Rekorde an Absurdität brach. Ein Schütze mit römischem Kragen, ein Profikiller, der sich Zugang zu den abgeschottetsten afrikanischen Kreisen verschaffte. Das ergab keinen Sinn. Genauso wenig wie der Korruptionsverdacht, der über Luc schwebte, ein plausibles Motiv für seinen versuchten Suizid abgab …
       Ich hatte nicht die geringste Idee, wie sich all diese Elemente ineinanderfügen sollten, nicht einmal ansatzweise …
9 Uhr
    Mit noch feuchten Haaren drückte ich die Tür der Kapelle Sainte-Bernadette auf. Das Gotteshaus, das im Untergeschoss erbaut worden war, glich einem Atombunker. Niedrige Decke, Betonsäulen, Kellerfenster aus rotem Glas, die das matte Tageslicht gerinnen ließen.
       Ich tauchte die Fingerspitzen flüchtig in den Weihwasserkessel, bekreuzigte mich und ging dann nach links. Alle waren da, oder fast alle. Ich hatte nur selten so viele Polizisten pro Quadratmeter gesehen. Das gesamte Drogendezernat, natürlich, aber auch die Leiter der anderen Abteilungen – Sexualstraftaten, Jugendschutz, Organisierte Kriminalität, Terrorismusbekämpfung – leitende Beamte der zentralen Dienststellen, Kommissare der Kriminalpolizeidirektionen. Die meisten trugen schwarze Uniformen – mit silbernen Tressen und Eichenlaub –, was das fast militärische Gepräge der Feier noch verstärkte. Das hatte nichts mehr mit der

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