Das Herz der Kriegerin
sich in den Handrücken, doch die Derwische blieben und damit auch der leiernde Singsang ihrer sich gegenseitig vollendenden Sätze.
»Das haben wir.«
»Mit Hilfe von den anderen.«
»Jared war auch da …«
»… und Malik, Saul und Ashar.«
»Die Verräter?«, presste Malkuth wütend hervor. Er wusste durchaus, dass sich seine einstigen Untergebenen Sephira nannten, nach dem Lebensbaum Sephiroth, was er angesichts dessen, was sie waren, für einen Scherz hielt, doch er zog es ohnehin vor, sie die Verräter zu nennen.
»Aus irgendeinem Grund …«
»… waren auch sie …«
»… auf der Suche …«
»… nach dem Grab.«
Malkuth zog die Augenbrauen zusammen. Die Art der Derwische zu reden, hatte ihm schon früher Kopfschmerzen bereitet, jetzt kehrten diese zurück. Man sollte sie nicht so lange reden lassen … Obwohl sie ihm die beste aller Nachrichten gebracht hatten, verspürte er ziemlich großen Ärger. Woher konnten die Verräter gewusst haben, dass er auf der Suche nach dem Grab der Schlafenden war?
»Kann es sein, dass sie euch belauscht haben?«
Die Zwillinge sahen sich an, zuckten dann mit den Schultern.
»Das können wir Euch …
»… nicht sagen, Gebieter.«
»Wir haben sie …«
»… in der Wüste gesehen …«
»… als wir auf der …«
»… Suche waren.«
Ob die Derwische das Grab ohne ihre Hilfe gefunden hätten? Malkuth mochte es sich eigentlich nicht eingestehen, aber er kannte seine früheren Untergebenen und wusste, dass sie wesentlich besser waren als die Zwillinge. Dankbarkeit wollte bei ihm aber dennoch nicht aufkommen, denn wenn sich das Schicksal gegen ihn gewandt hätte, wären die Derwische jetzt tot und das dringend benötigte Elixier für ihn wieder einmal außer Reichweite.
»Zeigt mir das Elixier«, forderte er und streckte die Hand aus.
Selim reichte ihm eine kleine Phiole, die bestenfalls so lang war wie sein Mittelfinger. Die Flüssigkeit darin waberte silbrig gegen die Wände des kristallenen Behältnisses. Offenbar war es wirklich Lamienelixier.
»Es ist wenig«, merkte Malkuth an und spürte, wie sich Panik in seine Enttäuschung mischte. Würde das reichen, um seine Gabe zu erneuern und eine Lamie zu schaffen? Wenn nicht, war die Reise seiner Derwische wieder einmal vergeblich gewesen, und allmählich war er die Misserfolge leid. »Viel zu wenig. Warum habt ihr nicht mehr gebracht?«
»Weil wir keine Zeit mehr hatten.«
»Zeit?«, ereiferte sich Malkuth. »Ich denke, die Derwische haben die Verräter beschäftigt.«
»Das haben sie …«
»… aber Jared und Ashar sind uns gefolgt …«
»… und haben uns angegriffen.«
»Wir hatten nur sehr wenig Zeit …«
»… und so ist es nur eine Phiole geworden.«
Betreten und vor allem gleichzeitig senkten die Derwische die Köpfe.
Malkuth betrachtete die Phiole. Der Inhalt würde sicher reichen, um eine Lamie zu schaffen. Vielleicht sogar noch zwei zusätzliche Krieger. Doch wer sagte ihm, dass das Elixier noch seine Wirkung tat? Immerhin stammte es aus einem Skelett!
Da er es nur an einem Menschen testen konnte, wies er die Derwische an: »Holt Azhar her. Ich will wissen, ob dieses Elixier noch irgendeine Wirkung hat. Und gnade Euch Allah, wenn dem nicht so ist.«
Die Derwische zogen die Köpfe ein und blickten einander an. Fast wirkten sie, als wollten sie beide gleichzeitig ihr Bedauern äußern, nicht mehr in der Wüste zu sein. Dort hatten sie wenigstens Ruhe vor der ständigen Unzufriedenheit ihres Herrn gehabt.
»Ja, Herr …«, sagte Selim schließlich, und Melis fügte hinzu: »… wir holen ihn sofort.«
Damit raschelten sie aus der Kammer.
Draußen vor dem Fenster warteten noch immer die Dschinn, das spürte Malkuth deutlich, doch diesmal störte es ihn nicht. Während er ungeduldig auf den Gang vor seiner Tür lauschte, warf er sein Gewand und seinen Mantel über, denn in dem schäbigen Nachthemd, das um seinen hageren Körper wie ein Leichentuch schlotterte, wollte er seinem Krieger nicht gegenübertreten. Kurz schoss ihm durch den Sinn, dass er das Elixier selbst nehmen und seine Gabe damit wiederherstellen könnte, doch das erschien ihm schon einen Atemzug später zu riskant.
Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, ertönten Schritte im Gang, und wenig später trat Azhar, gefolgt von den Derwischen, in sein Schlafgemach.
»Ihr habt mich rufen lassen, Gebieter?« Azhar verbeugte sich und es war ihm anzusehen, dass er unendlich müde war.
Was für ein Jammer,
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