Das Herz der Kriegerin
zu haben, denn er zog sich zurück. Oder folgte er einem Befehl?
Ein Schrei ließ Jared herumwirbeln. Gerade noch sah er, wie Ashar auf einem der Skelette landete. Blut floss aus einer Armwunde, die sich allerdings bald schließen würde. Den kurzen Triumph konnte der Dschinn nicht auskosten, Ashar tötete ihn mit einem schnellen Schwertstoß und schleuderte den auf ihn fallenden vertrockneten Körper zur Seite.
Doch nun schienen sich die Dschinn zurückzuziehen. Als die Sicht klarer wurde, stellte Jared mit Erschrecken fest, dass auch die Derwische fort waren. Möglicherweise hatten sie sich während des Kampfes die Treppe hinaufgestohlen, doch wahrscheinlicher war, dass sie sich von den Dschinn hatten nach oben tragen lassen.
Sogleich stürmte er die Treppe hinauf, doch als er am Schacht ankam, sah er bloß noch, dass die schwarze Wolke über dem Loch langsam kleiner wurde. Das konnte nur bedeuten, dass die Derwische bekommen hatten, was sie wollten.
Ärgerlich knirschte Jared mit den Zähnen. Wie viel Elixier mochten sie aus den Knochen herausgepresst haben. Viel Zeit hatten sie nicht gehabt, aber …
»Jared!«, schreckte ihn Saul aus seiner Starre. »Ashar …«
»Was ist mit ihm?«
»Sieh selbst.«
Die beiden Männer eilten durch die Räume, bis sie schließlich wieder in der Grabkammer ankamen.
Ashar lag auf dem Katafalk, auf dem er aus irgendeinem Grund gelandet war. Hatte er wenige Augenblicke zuvor noch den Dschinn von sich geschleudert, lag er nun starr auf dem Steinblock, als hätte sein Herz plötzlich zu schlagen aufgehört.
»Ashar, was ist mit dir?«, fragte Jared, als er sich über seinen Freund beugte. Teilnahmslos blickte er zur Decke, dabei war an seinem Körper keine Wunde mehr zu sehen. Allerdings war ein wenig Blut in sein Wams gesickert. Als Jared sich den Stoff näher besah, bemerkte er einen Einstich.
»Ist er etwa auf eine der Nadeln gefallen?«
Jared schüttelte den Kopf. »Nein, das hätte ihn nicht so mitgenommen.« Vorsichtig zog er das Hemd ein wenig von der Haut weg und betrachtete das Loch. »Eine Nadel war es nicht«, murmelte er, dann wurde sein Blick von etwas angezogen. »Dreht ihn ein Stück herum«, wies er die anderen an.
Und tatsächlich entdeckte Jared ein Stück Rippe, das Ashars Hüfte durchbohrt haben musste. Rasch entfernte er es und wurde daraufhin Zeuge, wie sich die Wunde schloss.
Allerdings war Ashar immer noch bewusstlos. Sein Körper, seine Lebensquelle, schien unverändert zu funktionieren, aber irgendetwas hinderte ihn daran, zu sich zu kommen.
»Wie lange ist er schon so? Das letzte Mal, als ich zu ihm rübergeschaut habe, war er noch wach.«
Malik und Saul zogen ratlose Gesichter. »Wir haben mehr auf die Dschinn geachtet und dann gesehen, dass du ihnen nachgelaufen bist. Als wir uns zu Ashar umwandten, haben wir es bemerkt.«
»Dann sollten wir ihn besser schleunigst hier rausbringen. Ich kann ihn nur bei Tageslicht untersuchen.«
Während Saul Ashar unter den Armen packte, nahm Malik seine Füße und hob ihn mühelos wie ein Kind an. Mit gezücktem Scimitar ging Jared voran, für den Fall, dass die Dschinn noch einmal zurückkehrten, doch als sie aus dem Schacht herauskamen, sahen sie nichts als vertrocknete Leichname, die in der Sonne langsam zerfielen …
Malkuth hatte sich bereits zur Nachtruhe begeben, als sich die Vorhänge an seinen Fenstern bauschten und ein trockenes Rascheln zu hören war.
Ruckartig riss er das gesunde Auge auf. Aisha?, schoss es ihm durch den Sinn, doch dann vernahm er Schritte. Offenbar hatten die Dschinn etwas auf dem Balkon zu seinem Gemach abgesetzt.
Wenig später wurden die Vorhänge zurückgeschoben und zwei in vielfarbige Gewänder gehüllte Gestalten, die man auf den ersten Blick für Kinder halten konnte, traten, begleitet von einem trockenen Rascheln, näher. Sie waren in strahlend blaue Seide gehüllt, dazu ein wie Pfauengefieder schillerndes Brokatgrün und viel von einem grellen Rot, das die bleichen Gesichter ziemlich ungesund wirken ließ.
»Verzeiht, Herr …«
»… wenn wir Eure Nachtruhe …«
»… stören.«
Die beiden Derwisch-Zwillinge verbeugten sich leicht.
»Ihr seid wieder zurück?«, fragte Malkuth, setzte sich auf und strich sein Nachthemd glatt.
»Ja, Herr und wir …«
»… haben das Elixier …«
»… einem Skelett …«
»… entnommen.«
»Ihr habt das Grab also gefunden?« Malkuth konnte es nicht glauben. Wie er das als Kind manchmal getan hatte, kniff er
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