Das Herz der Kriegerin
erhoben sich von ihren Stühlen. Der Anführer ließ ein paar Münzen auf den Tisch fallen, dann wandte er sich samt seiner Spießgesellen um und strebte der Tür zu. Sein Blick strich unangenehm über meinen Nacken, doch er sagte nun nichts mehr und wenig später fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss.
Sayd lehnte sich wie zufällig zurück und warf einen Blick nach draußen. Ich konnte mir denken, was er befürchtete. Kerle wie diese waren nicht selten versucht, ihre eigenen, abgehetzten Pferde gegen vermeintlich bessere zu tauschen. In dem Fall würden sie Sayd wohl richtig kennenlernen, denn was Pferde betraf, verstand er ebenso wenig Spaß wie bei Menschen, die von Taugenichtsen wie diesen bedroht wurden.
Doch die Söldner stiegen schließlich in ihre eigenen Sättel und verschwanden.
»Ihr hattet großes Glück«, bemerkte der Wirt, der noch immer hinter dem Tresen stand, ohne aufzusehen. »Capitain Mallet ist kein besonders vertrauensseliger Mann. Hinter jedem Baum vermutet er einen Burgunder, besonders in dieser Gegend.«
»Er scheint schon einige Gefechte mit ihnen bestritten zu haben«, entgegnete Sayd, während er sich erhob und dann langsam zum Tresen ging.
Nun hob der Wirt doch den Kopf und sah ihn an. »Einige Gefechte? Hier in der Gegend haben die Burgunder Tausende von Soldaten des rechtmäßigen Königs abgeschlachtet.«
»Das klingt so, als wärt auch Ihr kein Freund der Burgunder.«
»Ich bin Wirt«, entgegnete der Mann. »Und als solcher niemandes Freund. Aber ich weiß, wer in diese Gegend gehört und wer nicht.«
Das war eine sehr gewählte Antwort für einen einfachen Mann.
»Und ich nehme an, dass Ihr der Meinung seid, dass die Burgunder besser in ihrem eigenen Land aufgehoben sind«, hakte ich nach, worauf er nickte.
»Allerdings weise ich Ihnen nicht die Tür, wenn sie hier auftauchen und sich gesittet benehmen. Das war in letzter Zeit allerdings nicht sehr häufig der Fall.«
Er deutete auf ein paar Stühle, die er offenbar notdürftig geflickt hatte und die uns nicht aufgefallen waren, weil wir uns auf die Soldaten konzentriert hatten.
»Das da stammt von den Söldnern, die sich vor ein paar Tagen über Domrémy hermachen wollten. Sie haben in dem Ort nicht gekriegt, was sie wollten, und so haben sie hier alles kurz und klein geschlagen.«
Das klang gar nicht gut, weder für die Schenke noch für den Ort. Vor meinem geistigen Auge erschienen bereits brennende Häuser und um ihre Kinder weinende Frauen, doch da setzte der Wirt hinzu: »Eigentlich müsste ich diesem Jacques d’Arc gehörig die Ohren langziehen.«
»Was hat er denn getan?«, erkundigte sich David.
»Er hat diese verdammten Söldner vertrieben! Hat sich einfach vor sie hingestellt und ihnen Geld angeboten. Stellt Euch vor, damit haben sie sich zufriedengegeben!«
Das erschien mir erstaunlich, wo Männer wie diese sonst nicht den Hals vollkriegen konnten und trotz Verhandlungen alles nahmen, was sie in die Finger bekamen.
»Wäre es Euch denn lieber gewesen, wenn sie den Ort geplündert hätten?«, fragte Sayd.
»Natürlich nicht! Ich habe dort Familie! Doch irgendwas muss dieser d’Arc gemacht haben, dass es sie so gereizt hat, mir meine Schenke beinahe kurz und klein zu schlagen.«
»Wahrscheinlich waren sie einfach nur erzürnt darüber, dass sie ihre Mordlust nicht stillen konnten«, entgegnete ich. »Da hat der Hauptmann sie machen lassen, was sie wollen.«
Der Wirt stieß ein Brummen aus, sagte dazu aber nichts mehr.
»Wie steht es mit Euch«, fragte er dann. »Wollt Ihr die Nacht hier verbringen? Ich kann Euch nicht versprechen, dass keine Söldner auftauchen werden, aber ich kann Euch einen wanzenfreien Strohsack versprechen, und Angst vor Mäusen braucht Ihr bei mir auch nicht zu haben, denn um die kümmern sich unsere Katzen.«
»Gebt Ihr uns freies Logis, falls Söldner auftauchen?«, fragte Sayd mit einem breiten Grinsen. Oh, wie freute er sich doch darauf, diesen Burschen das Fell über die Ohren zu ziehen!
Bestimmt bedauerte er, dass es mit diesem Captain Mallet nicht zu einer Rauferei gekommen war.
»Natürlich, aber ich glaube, für heute werden wir von ihnen verschont. Kommt, ich zeige Euch die Kammer.«
Damit griff er nach seinem Schlüsselbund und stapfte zur Treppe.
Im Schutz des provisorisch errichteten Zeltes beugte sich Jared über den verletzten Ashar. Sein Zustand war mehr als besorgniserregend – und das Schlimmste war, dass er seit Tagen anhielt. Ashar fieberte, redete
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