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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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erwähnt. Hatte er welche gehabt? Wieder einmal stellte ich fest, dass ich über seine Vergangenheit – seine menschliche Vergangenheit – kaum etwas wusste.
    »Wahrscheinlich hätte sie den Bewerber mit dem Schwert herausgefordert«, wischte David, der sich anscheinend köstlich amüsierte, den seltsamen Moment fort. Doch das Grinsen verging ihm, als über uns ein Geräusch ertönte. Rasch zogen wir uns hinter die Hausecke zurück und blickten dann an der Fassade hinauf. Der Fensterladen der oberen Kammer wurde aufgestoßen, wenig später erschien das Gesicht des Mädchens. Wollte sie nach draußen klettern?
    Ich hätte das getan, wenn mein Vater mich auf diese Weise angegangen wäre.
    Doch Jeanne begnügte sich damit, den Mond zu betrachten. Die Sehnsucht in ihrem Blick kannte ich nur zu gut. So hatte ich vorn am Drachenkopf unseres Schiffes gestanden und auf das Meer geschaut, bewegt von der Frage, was aus mir werden würde und in welchem Land wir endlich sesshaft werden könnten.
    Hatte Sayd recht und zwischen mir und Jeanne gab es Ähnlichkeiten?
    »Wir sollten gehen«, flüsterte mir Sayd ins Ohr. »Überlassen wir sie ihren Gedanken.«
    »Was hältst du von dem Mädchen?«, fragte ich Sayd, als wir uns um das Lagerfeuer versammelten, über dem ein magerer Hase briet. Das Tier hatte unseren Weg in den Wald gekreuzt und das Pech gehabt, dass David nicht nur ein guter Schmied, sondern auch ein guter Jäger war. Mit bloßer Hand hatte er das Tier gefangen und ihm den Hals umgedreht.
    »Sie hat alles, was ich an einem Menschen schätze«, antwortete mein Freund, während er den Braten herumdrehte, damit er nicht anbrannte. Er war erstaunlich, dass tatsächlich ein wenig Fett von seinen Keulen lief. Erst zischte es, dann stoben Funken, begleitet von etwas Rauch, in die Nachtluft. »Sie ist mutig und eigensinnig. Sie hätte klein beigeben können, doch sie hat es nicht getan, obwohl sie dem Vater Gehorsam schuldig ist.«
    »Aber das würden einige als schlechten Wesenszug auslegen.«
    »Du weißt, dass ich nicht mit den Maßstäben gewöhnlicher Leute messe«, gab Sayd zurück. »Für die Aufgabe, die vor der Auserwählten liegt, braucht sie sehr viel Kraft und Mut. All das hat sie. Und dass sie darauf beharrt, ihre Jungfräulichkeit zu erhalten, ist für mich das Zeichen, dass wir fündig geworden sind.«
    »Und wie willst du sie von ihrer Aufgabe in Kenntnis setzen?«, meldete sich David zu Wort, der bereits sein Messer schärfte, um das magere Tier zu zerlegen.
    »Das, mein teurer Freund, weiß ich leider noch nicht. Einfach zu ihr gehen und ihr sagen, dass sie eines Tages die Krone für ihren König gewinnen und die Engländer vertreiben wird, können wir nicht, denn sie wird uns wohl kaum Glauben schenken.«
    »Ich habe Gabriel damals geglaubt«, wandte ich ein und wunderte mich nun selbst ein wenig darüber, dass ich nicht mehr Zweifel gehabt hatte. Immerhin gab es Unsterblichkeit auch in meinem Glauben nur für die Götter.
    »Was schlägst du vor?«, erkundigte sich David, während er den Hasen vom Feuer nahm und ihn zerteilte.
    »Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Wir sollten sie weiter beobachten. Herausfinden, was sie so tut, und mit wem sie worüber in der Kapelle spricht.«
    »Und wenn diese Gespräche nun davon kommen, dass sie ein wenig schwach im Kopf ist?« David schob sich ein Stück Fleisch in den Mund.
    »Das glaube ich nicht. Ich spüre allerdings, dass etwas an ihr ist, das normale Menschen nicht greifen können.« Sein Blick verlor sich im Spiel der Flammen, als hätte er wieder die Bilder vor sich, die er vor so vielen Monaten gesehen hatte. »Ich fürchte, eines Tages wird ihr das zum Verhängnis werden, aber wir sind ja an ihrer Seite und können ihr helfen, wenn es nötig ist.«
    Das klang für mich äußerst rätselhaft. Was hatte er wohl noch gesehen? Zu gern hätte ich ihn gefragt, wie das Schicksal des Mädchens aussehen würde, doch ich wusste, dass er darüber nichts sagen würde, bis das Ereignis direkt bevorstand.
    Als wir uns wenig später zur Ruhe legten, blickte ich noch lange hinauf zum beinahe schwarzen Himmel. Angeregt durch Sayds seltsame Worte kreisten die Gedanken in meinem Kopf. Wenn dieses Mädchen wirklich jene war, die wir suchten, welches Schicksal würde sie dann erwarten? Würde der Dauphin, wenn er erst König war, ihr seine Dankbarkeit zeigen? Oder würde er sie ohne Gewissensbisse fallen lassen?
    Nach allem, was wir mit dem Thronfolger erlebt hatten, verdiente

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