Das Herz der Kriegerin
konnte. Wenn sie ihrem Verlangen nachgeben konnte, würde sie alles für ihn tun. Erst recht, wenn sie Gefallen an ihrem neuen Körper gefunden hatte. Einem Körper, der zwar seine alten Narben nicht verlieren, aber die übrige Schönheit behalten würde.
»Du würdest gern auch noch andere Männer für das bezahlen lassen, was sie dir angetan haben, nicht wahr?«
Das Mädchen nickte, und nun schien auch das Aussehen ihres Gönners sie nicht mehr zu erschrecken.
»Wie ich schon sagte, ich gebe dir das größte Geschenk, das man jemandem machen kann. Nicht nur Rache an deinen Peinigern. Ich schenke dir auch ewige Jugend und Unsterblichkeit. Alles, was du dafür tun musst, ist, mir gehorchen.«
»Das werde ich!«, platzte es augenblicklich aus ihr heraus. »Verlangt, was Ihr wollt, für das, was Ihr versprecht, tue ich alles.«
Das hatte Malkuth auch nicht anders erwartet. Er nickte den beiden Derwischen zu, die sich daraufhin zurückzogen, und holte unter seinem Gewand die kristallene Phiole hervor. »Das hier ist das Elixier des Lebens. Daraus wird in deiner Brust eine Quelle entstehen, mit deren Hilfe du weitere Unsterbliche erstehen lassen kannst. Ich werde dir dieses Mittel geben und dann wirst du nach ein paar Tagen neu geboren.«
Während ihm das Mädchen lauschte, wandte sie den Blick nicht von der silbrigen Flüssigkeit in der Phiole ab.
Ich hätte es gleich so machen sollen, dachte Malkuth, dann wandte er sich um und rief: »Azhar!«
Der Krieger, der vor der Tür gewartet hatte, trat ein. Wesentlich verjüngt hatte ihn das Elixier nicht, aber es hatte ihm die alte Stärke und die alte Schnelligkeit wiedergegeben. Mittlerweile kämpfte er wieder so gut wie damals, als er als junger Krieger in seine Dienste getreten war.
Als er das Mädchen sah, trat ein begehrliches goldenes Leuchten in seine Augen. Doch das trieb ihm sein Herr gleich wieder aus. »Besorg dem Mädchen hier ein neues Gewand. Und dann mach alles bereit für die Umwandlung.« Lächelnd blickte Malkuth dem Mädchen ins Gesicht. »Wir werden schon bald eine neue Lamie haben.«
Drei oder vier Tage verbrachten wir ausschließlich damit, Jeanne d’Arc zu beobachten, obwohl es da eigentlich nicht viel zu sehen gab. Wie alle anderen Mädchen musste sie im Haushalt helfen, wurde hin und wieder zu der Weide geschickt, um nach den Kühen zu sehen, und half auf dem Acker. Immer dann, wenn sie Hütedienst versehen musste – wie wir schon bald herausfanden, strafte ihr Vater sie damit für ungehöriges Verhalten, das meistens lediglich in Widerworten bestand – schlich sie zu der kleinen Kapelle und betete. Jedes Mal derselbe Anblick. Sie murmelte etwas vor dem Altar, versprach dann laut etwas gegenüber dem Kreuz und ging wieder.
Ihre Frömmigkeit war bekannt, und nicht selten wurde sie von anderen Kindern dafür verspottet. Doch Jeanne ertrug es mit gesenktem Blick – verteilte aber auch Maulschellen an jene, die es zu bunt trieben.
Eines Mittags blieb sie allein im Haus. Ihre Mutter war mit ihrer Schwester und zweien der Brüder auf dem Feld, ihr Vater mit dem ältesten Bruder davongefahren, zu seinem Lehnsherrn, wenn wir das richtig verstanden hatten.
Warum Jeanne dableiben musste, wussten wir nicht, möglicherweise hatte sie sich nicht gut gefühlt. Diese Vermutung schien sich zu bestätigen, als sie sich nach draußen in den Schatten setzte. Ihr Gesicht war sehr bleich und unter ihren Augen hatte sie dunkle Schatten. Sie wirkte, als hätte sie nächtelang nicht geschlafen. Teilnahmslos blickte sie auf den Kräutergarten, seufzte ein paarmal und faltete die Hände über dem Schoß.
»Sieht ganz so aus, als bedrückt sie etwas«, flüsterte Sayd, nachdem er sie eingehend betrachtet hatte. »Möglicherweise hat ihr Vater gefordert, dass sie diesen Burschen doch heiraten soll«, entgegnete David, aber ich schüttelte den Kopf.
»Ich glaube nicht, dass es wegen der Heirat ist …«
Bevor ich meinen Satz beenden konnte, ging ein Ruck durch Jeannes Körper. Sie krümmte sich, presste die Hände auf die Ohren, kniff die Augen zu und rutschte schließlich wie ohnmächtig von der Bank.
Ich wollte schon vom Baum hinunterklettern und ihr helfen, doch Sayd hielt mich fest. »Sie soll uns nicht sehen!«
»Aber ihr geht es schlecht.«
»Sie ist nicht krank«, entgegnete er, richtete dann den Blick wieder auf sie.
»Und was ist deiner Meinung nach mit ihr los?«, fragte ich, denn dieses Verhalten war mehr als merkwürdig.
»Sieht ganz danach
Weitere Kostenlose Bücher