Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
aus, als würde sie etwas sehen und hören, das uns verborgen ist.«
    »Du meinst, sie hat Visionen? So wie du?«
    Sayd schüttelte den Kopf. »Ich glaube kaum, dass sie Visionen wie die meinen hat. Ich glaube eher, sie meint, irgendwelche Heiligen zu hören.«
    Tatsächlich begann sie, im nächsten Augenblick etwas zu murmeln, das wir nicht verstanden. Beinahe hätte man sie für eine Besessene halten können. Ich war nur froh, dass die anderen Dorfbewohner auf den Feldern oder der Weide waren und nicht sehen konnten, was mit diesem Mädchen los war.
    »Ich verspreche es«, rief Jeanne schließlich, wie die anderen Male in der kleinen Kapelle. »Ich werde es bewahren, ich gelobe es Euch.«
    Dann schien es aufzuhören. Ihr Körper entspannte sich, vorsichtig nahm sie die Hände vom Gesicht und öffnete die Augen. Das Tageslicht schien sie zu blenden, jedenfalls blinzelte sie und senkte dann den Blick.
    »Ich glaube, wir sollten uns zurückziehen«, sagte Sayd, nachdem er das Mädchen noch eine Weile betrachtet hatte. »Ich habe eine Idee, wie wir sie ansprechen können, ohne dass sie uns gleich ihren Eltern vorstellen will.«
    Ein Verdacht kam mir, der mir gar nicht gefiel, doch ich wollte nicht vorschnell urteilen. So leise wie möglich kletterten wir vom Baum und schlugen uns dann ins Gebüsch. Von dort aus liefen wir einen großen Bogen über eine Wiese zum Wald.
    »Und was hat es nun mit deinem Plan auf sich?«, fragte David, als wir in den kühlenden Schatten eintauchten. »Das Beste wäre, sie anzusprechen und zu fragen, was sie davon hält, die Krone Frankreichs zu retten.«
    »Nein, das sollten wir nicht tun.« Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Sayd uns wieder einmal wichtige Details von dem, was er gesehen hatte, vorenthielt. »Angesichts dessen, was wir beobachtet haben, nehme ich an, dass sie Visionen hat. Wahrscheinlich Visionen von Heiligen, das ist unter den Christen recht verbreitet.«
    »Bist du sicher?«, fragte ich zweifelnd, denn Gabriel hatte mir dergleichen nie berichtet.
    »Ich habe von einigen Fällen gehört, in denen Christen ihre Heiligen gesehen haben wollen. Wie sich dieses Mädchen verhält – ihre Frömmigkeit, das Beten und ihre Weigerung, ihre Jungfräulichkeit aufzugeben – alles weist darauf hin, dass sie meint, die Stimmen von Heiligen zu hören. Oder sogar die Stimme Gottes. Wenn dem wirklich so ist, sollten wir uns das zunutze machen.«
    »Aber das können wir nicht tun!«, platzte es aus mir heraus, ahnte ich doch, worauf das hinauslaufen sollte. »Wir würden sie betrügen!«
    »Wir helfen nur ein wenig nach.« Sayd lächelte breit. »Was meinst du, David?«
    »Auf den ersten Blick scheint es mir Irrsinn zu sein, aber wahrscheinlich haben wir keine andere Möglichkeit.«
    »Und wenn sie es herausbekommt?«, wandte ich ein. »Sie scheint mir nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Wenn sie nun merkt, dass wir sie betrügen? Sie wird auch alles andere für Betrug halten und das Schwert, das sie in der Schlacht führen soll, nicht einmal anfassen. Und dann war deine gesamte Vision für die Katz!« Ich war wütend und wusste selbst nicht genau, wieso. Sah ich mich in dem eigenwilligen Mädchen? Wollte ich deshalb nicht, dass sie betrogen wurde?
    »Wir könnten ihr erklären, dass wir Heilige sind, die in menschliche Körper gefahren sind, so hätte sie dann eine Erklärung dafür, dass unsere Augen bei Zorn oder anderen Empfindungen leuchten«, antwortete Sayd sanft und griff versöhnlich nach meiner Hand. »Und dass unsere Wunden heilen, kaum dass sie geschlagen wurden. Mit allem anderen würden wir sie nur zu Tode erschrecken.«
    Seine Berührung, die ich nun schon seit Tagen entbehren musste, ließ mich wohlig erschaudern. Das schien er zu merken, denn ein Lächeln huschte über seine Mundwinkel.
    »Nach allem, was mir Gabriel über euren Gott gesagt hat, setzt ihr mit der Sache euer Seelenheil aufs Spiel.«
    »Darum mach dir keine Gedanken, sayyida . David und ich haben nicht vor, unserem Schöpfer so bald gegenüberzutreten, nicht wahr?«
    »Keineswegs!«, gab der Schmied zurück. »Und vielleicht gibt es ja auch für Sünden etwas wie eine Verjährung.
    »Also gut, spielen wir Heilige«, lenkte ich schließlich ein. »Doch glaubst du nicht, dass wir dazu einen bestimmten Anlass brauchen? Außerdem müssten wir wissen, wie die Heiligen sie ansprechen.«
    »Das brauchen wir nicht«, gab Sayd zurück. »Wir sollten einfach warten, bis sie wieder eine Vision hat – oder zu der

Weitere Kostenlose Bücher