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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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schüttelte ungläubig den Kopf. Allein schon bei dem Gedanken daran, wie diese von Wildfremden durchgeführte Prozedur aussehen könnte, überlief mich ein Schauer.
    »Ja, aber das macht mir nichts aus«, behauptete Jeanne leichthin. Offenbar war sie immer noch genug Kind, um gewisse Dinge nicht zu fürchten. »Ich habe sie mir ja bewahrt, was wollen sie also anderes finden?«
    »Und wer soll die Untersuchung durchführen?«
    »Zwei adlige Damen«, antwortete Jeanne, nahm sich einen Apfel von der silbernen Schale und biss hinein.
    »Und diese Damen sollen sich damit auskennen.« Gemessen an dem, was ich zuweilen an Königshöfen erlebt hatte, kannten sich die Hofdamen mit allem aus, aber nicht mit Jungfräulichkeit.
    Jeanne zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls schreibt man mir das. Und warum sollte der König lügen?«
    Vielleicht, um nicht länger von einem Mädchen belästigt zu werden, dass vorgab, ihn nach Paris zu führen – was, wie wir bereits mitbekommen hatten, selbst die aufgeschlosseneren Höflinge für unmöglich hielten. Aber das sagte ich Jeanne nicht. Ebenso wenig hatten wir ihr erzählt, wer hinter dem Mord an Johann Ohnefurcht steckte, denn das hätte das Bild, das sie von ihrem König hatte, sicher beschädigt.
    Doch ich war in der Hinsicht lieber vorsichtig. Und ich schwor mir, dass ich den König zur Rechenschaft ziehen würde, wenn er versuchen sollte, dieses Mädchen hinters Licht zu führen.
    Bereits am nächsten Tag sollte die Untersuchung stattfinden. Ich bestand darauf, Jeanne in das Gemach zu begleiten, in dem sich hinter Bahnen von weißen Laken ein Tisch befand, auf dem die Prozedur vorgenommen werden sollte. Natürlich waren wir nicht allein. Zahlreiche Höflinge hatten sich hier eingefunden, die wohl als Zeugen dienen sollten. Glücklicherweise waren die Laken nicht durchsichtig, dennoch war es Jeanne sicher unangenehm, all diese Männer hinter dem Stoff zu wissen. Männer, die einem schönen Mädchen wie ihr mit Freuden die Jungfräulichkeit genommen hätten.
    Die beiden Damen, die für die Untersuchung auserkoren waren, beäugten meine Männerkleidung misstrauisch, doch da ich einen Busen hatte und mein Gesicht alles andere als männlich wirkte, nickten sie mir schließlich zu.
    Sie stellten sich uns als Madame Gaucourt und Madame Trèves vor und baten Jeanne laut genug, dass es auch die Zuschauer hören konnten, sich auf den Tisch zu legen.
    Jeanne hatte nach der morgendlichen Wäsche ein Kleid übergezogen – auf mein Anraten, denn ich wollte nicht, dass sie sich vor diesen Frauen entkleiden musste. Die Männerkleider, die sie für gewöhnlich trug, seit wir Domrémy verlassen hatten, würden der Untersuchung eher hinderlich sein.
    Jetzt zeigte ihr Gesicht doch ein wenig Furcht, denn wie ich hatte sie gesehen, dass die Hände der Frauen knochig und grob wirkten. Die eine hatte furchtbar lange Fingernägel, unter denen sich auch noch der Schmutz sammelte. Ich hätte diesen Frauen eher die Hände abgehackt, als mich von ihnen abtasten zu lassen. Aber Jeanne nickte mir zu, als gelte es, mir Mut zu machen, dann legte sie sich auf den Tisch.
    Als die Frauen ihren Rock hochschoben, zuckte sie kurz zusammen, presste dann aber die Lippen aufeinander und ließ die Prozedur, bei der ich mehr erschauderte als sie selbst, klaglos über sich ergehen. Ich hielt ihre Hand und blickte gespannt auf die Gesichter der Frauen. Wenn sie etwas Falsches sagten, würden sie erfahren, warum ich es vorzog, Männerkleider zu tragen.
    »Die Jungfräulichkeit ist intakt«, verkündete Madame Gaucourt schließlich lautstark, was Madame Trèves bestätigte. Hinter dem Vorhang brandete Geraune auf. Aber was hatten diese Höflinge denn erwartet? Dass sich Jeanne mit sämtlichen Bauernburschen ihres Dorfes ins Heu gelegt hatte? Selbst die weniger frommen Mädchen von Domrémy taten das nicht.
    Jeanne durfte sich wieder aufsetzen und ihre Röcke richten. An ihrem Blick erkannte ich, dass sie die Untersuchung als widerlich empfunden hatte, doch auf ihren Lippen lag ein Lächeln der Genugtuung. Dass sie als Jungfrau bestätigt war, sollte den König doch von ihrer Lauterkeit überzeugen!
    Die Damen Gaucourt und Trèves erklärten uns, dass sie dem König persönlich von der Untersuchung berichten würden und schickten uns dann wieder in unsere Herberge.
    Unterwegs war Jeanne sehr schweigsam, was ich ihr nicht verübeln konnte.
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte David, der unten in der Herberge auf uns

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