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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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der Mauer hoch und landete schließlich sicher auf dem Wehrgang. Da der Mond sich hinter dichten Wolken verbarg, brauchte er sich nicht in die Schatten zu drücken. Wenn ein Soldat seinen Weg kreuzte, drückte er sich einfach an die Wand und lief weiter, sobald der Mann fort war. Seine Nadeln hielt er dabei stets bereit. Töten wollte er keinen der Männer, doch betäuben würde er sie auf jeden Fall, wenn es notwendig war.
    Die Burg selbst war erfüllt von dem Gewisper der Dienstboten. In der Luft hing noch immer der Dunst der vergangenen Mahlzeit und des Weins. Dem Dauphin mangelte es hier offenbar an nichts. Hatte er überhaupt ein Interesse daran, wieder in Paris einzuziehen?
    Sayd schob den Gedanken beiseite, als er ein Lachen vernahm. Es war zweifelsohne eine Frauenstimme, und ihre Besitzerin hatte noch einen Begleiter. Sayd näherte sich ihnen vorsichtig. Hinter einer Säule konnte er sie schließlich ausmachen. Zwar waren sie in der Dunkelheit nicht mehr als Schemen, doch es war deutlich zu erkennen, dass die Frau ihre Röcke lupfte und den Mann schließlich zwischen ihre Schenkel ließ.
    Die ersten unterdrückten Seufzer gaben Sayd die Gelegenheit, seinen Weg fortzusetzen. Dabei hätte er nicht einmal besonders leise sein müssen, denn schon bald steigerte sich die Lautstärke der beiden, sodass auch den Dienern weiter vorn nicht mehr entging, was die beiden hier trieben.
    Doch Sayd interessierte das wenig. Nachdem er weitere Gänge durchquert hatte, machte er vor einer Tür halt. Er hatte es seinen Kameraden und auch Laurina noch nicht offenbart, aber während Laurinas Gehör sie von Zeit zu Zeit im Stich zu lassen schien, hatte sich sein Geruchssinn seit der letzten Vision dermaßen verbessert, dass er eine Person durch die Mauern eines Hauses hindurch wittern konnte. Zunächst hatte ihm das ein wenig Angst gemacht, immerhin wurde den Lamien nachgesagt, dass sie, wenn sie Fähigkeiten dieser Art entwickelten, allmählich zu Monstren würden. Doch noch gelüstete es ihn nicht nach Blut, wenn er nicht gerade schwer verletzt war. Und noch war sein Verstand frei von monströsen Gedanken.
    Hinter der Tür, vor der er stand, nahm er den vertrauten Geruch Tanneguy du Chastels wahr. Kein besonders guter Geruch, aber da den Christen nachgesagt wurde, sich in ihrem Leben nur dreimal zu baden, konnte man das wohl auch nicht verlangen.
    Vorsichtig drückte er die Klinke herunter, stellte aber schon bald fest, dass Tanneguy aus ihrem letzten Besuch gelernt hatte, zur Nacht seine Tür abzuschließen, und möglicherweise fürchtete er, von einem Burgundischen Spion aus Rache getötet zu werden.
    Doch er hatte vorgesorgt. Mochte David auch kein guter Hufschmied sein, im Fertigen von Waffen und anderen nützlichen Dinge war er durchaus bewandert. So hatte er ihnen schon vor langer Zeit ein Werkzeug erschaffen, mit dem man Türen öffnen konnte. Nur ein leises Klicken ertönte, das Tanneguy nicht wahrnahm, dann verschwand Sayd lautlos hinter der Tür.
    Du Chastel schlummerte in seinem Bett, neben sich eine Korbflasche mit Rotwein, die einen säuerlichen Geruch verströmte. Schlimmer war nur noch der Geruch, der aus seinen Laken kam, doch Sayd war nicht hier, um ihn in seine Arme zu schließen.
    »Guten Abend, Tanneguy«, sagte Sayd leise, und bevor sich der Mann rühren konnte, hielt er ihm die Nadel über eines seiner Augen, die er ruckartig geöffnet hatte.
    Zunächst brachte der ehemalige Stadtvogt kein einziges Wort hervor. Sein Mund klappte auf und zu, doch die Worte wollten einfach nicht kommen. Aber das war auch nicht nötig.
    »Freust du dich, mich wiederzusehen?«, fragte Sayd spöttisch. »Eine gute Freundin von mir wäre nicht zufrieden, wenn ich dich töten müsste, also lass uns reden.«
    Sayd zog die Nadel wieder zurück, behielt sie aber in der Hand.
    Du Chastel richtete sich schlotternd auf. »Was wollt Ihr von mir?«
    »Wir brauchen deine Hilfe«, entgegnete Sayd, während er die Nadel langsam in der Hand rotieren ließ. »Wie du sicher weißt, ist vor ein paar Tagen ein Mädchen in die Stadt gekommen, das es sich in den Kopf gesetzt hat, die Engländer aus Frankreich zu vertreiben.«
    »Die Jungfrau!«
    »Ja, die Jungfrau. Und im Gegensatz zu den Damen bei Hofe ist sie wirklich eine. Und sie ist wirklich in der Lage, Frankreich zu helfen.«
    »Aber sie ist doch noch ein Kind!«
    »Das tut nichts zur Sache. Sie mag noch sehr jung sein, aber sie hat einen festen Willen. Und sie hat das Wissen eines großen

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