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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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werde, mit oder ohne Eure Hilfe.«
    Für einen Augenblick wirkte de Baudricourt, als wollte er ihr höchstpersönlich ein Satz warmer Ohren verpassen, doch nach einem Brummen entgegnete er: »Warum eigentlich nicht? Zu verlieren habe ich schließlich nichts bei der Sache. Also gut, ich gebe dir ein Schwert und ein Pferd. Außerdem ein paar meiner Leute, denn du wirst nicht ohne Weiteres zum König gelangen. Die Gegend ist voller Räuber und Wegelagerer.«
    Dass Jeanne uns zu ihrem Schutz hatte und sich selbst vortrefflich wehren konnte, verschwieg sie wohlweislich.
    De Baudricourt strich sich zufrieden übers stoppelige Kinn, bestimmte ein paar Adelige, die wohl gerade Lust auf ein Abenteuer hatten, und ließ Jeanne dann ziehen.
    Die Männer waren ziemlich überrascht, als wir uns nach einer bestimmten Strecke ihnen anschlossen, doch Sayd schaffte es, sie davon zu überzeugen, dass wir lediglich Leute aus Jeannes Dorf waren, die sie verständlicherweise nicht allein ziehen lassen wollten.

26
    A uf dem Weg nach Chinon machten wir einen Umweg über ihr Dorf. Obwohl Jeanne nach wie vor von ihrer Unternehmung überzeugt war, wollte sie doch einen letzten Blick auf ihre Heimat werfen – ihre Heimat, die sie für viele Wochen oder auf ewig nicht wiedersehen würde.
    Sayd, von dem ich vermutete, dass er es kannte, hielt sich bedeckt, was ihr weiteres Schicksal anging.
    Die Burg von Chinon, in der der selbst ernannte König seinen Hofstaat untergebracht hatte, leuchtete uns schon von Weitem entgegen. Wie die Alhambra in Garnata lag sie auf einem Berg oberhalb der Stadt. Nur waren ihre Mauern schneeweiß und nicht rot. Das Abendlicht jedoch überzog die bleichen Steine mit einem rosafarbenen Schimmer, der sie gleich ein wenig freundlicher wirken ließ.
    »Dort lebt also der König«, sagte Jeanne, während sie sich auf das Sattelhorn stützte.
    »Ja, so ist es«, antwortete ich. »Doch viel besser aufgehoben wäre er in Paris.«
    »Wohin ich ihn bringen werde, wenn er mich erhört.«
    »Das wird er«, entgegnete Sayd zuversichtlich.
    Als unsere von Baudricourt gestellten Begleiter schliefen, versuchten wir, sie so gut wie möglich vorzubereiten. Dazu gehörte nicht nur, wie man sich einem König gegenüber verhielt – allein schon ihr natürliches Wesen würde ihn faszinieren –, auch woran sie den König erkennen würde, sagten wir ihr.
    Während der Monate mit Jeanne hatten wir herausgefunden, was sich die Menschen hier unter einem Propheten vorstellten. Es hatte wohl einige Frauen gegeben, die behauptet hatten, besondere Fähigkeiten zu haben. Dazu sollte unter anderem auch das Erkennen wildfremder Menschen gehören. Nun stach ein König unter Bauern zwar heraus, aber unter Adligen, wie es sie bei Hofe gab, würde er ein prachtvoll gekleideter Mann unter vielen sein.
    Wir versuchten, aus unserer Erinnerung heraus so viele seiner Züge zu beschreiben wie irgend möglich. Mittlerweile war Zeit ins Land gegangen, aus dem Burschen war ein Mann geworden, doch viele seiner Eigenschaften hatten sich gewiss erhalten.
    »Wenn du zu ihm gehst«, riet ihr Sayd, »dann erzähle ihm von der Nacht, in der er aus Paris fliehen musste. Sage ihm, dass in der Gruppe eine Frau mit weißem Haar und lavendelfarbenen Augen war, die er für einen Engel gehalten hat.«
    »Woher wisst Ihr das alles?«, fragte Jeanne, wie ich es nicht anders erwartet hatte.
    »Ich war dabei«, gestand er ihr zu meiner großen Überraschung. »Ebenso wie Laurina und David. Wir haben ihn aus Paris fortgeschafft, als die Burgunder in die Stadt eingedrungen sind.«
    »Aber ich denke, es war Tanneguy du Chastel.«
    »Das lassen wir die Menschen glauben, aber wir waren dabei, das schwöre ich dir. Und mit dem Wissen, das wir von jener Nacht haben, kannst du den König davon überzeugen, dass du die Retterin Frankreichs bist.«
    Jeannes Wangen glühten vor Eifer. Es gefiel ihr, die Retterin genannt zu werden, allerdings nicht aus Eitelkeit, sondern weil sie tatsächlich vorhatte, Frankreich zu retten.
    »Dann erzählt mir mehr von jener Nacht.« Sie wandte sich zu mir um und sah mir prüfend in die Augen, doch ich wusste, dass diese blau waren wie das Eis auf einem Fjord. Lächelnd wandte sie sich dann wieder Sayd zu, der zu erzählen begann.
    Am nächsten Morgen dann ritten wir in die Stadt ein. Unsere Ankunft kam nicht unerwartet. Baudricourt hatte ein Schreiben vorausgeschickt und da der Bote allein geritten war, nahm ich an, dass er inzwischen eingetroffen sein

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