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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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»Glaubst du nicht, dass die Engländer sie als Untergebene des Teufels ansehen werden?«
    »Jedes Ding hat zwei Seiten«, antwortete er kryptisch. »Für die einen ist sie ein Engel, für die anderen ein Teufel. Egal, was ein Mensch tut, er kommt nie umhin, irgendwem damit zu missfallen.«
    Ein paar Tage später erreichten wir Tours, wo wir unser Lager für eine Weile aufschlugen. Jeannes Ruf war ihr vorausgeeilt. Die Menschen begrüßten sie ehrfürchtig und wieder trachteten viele danach, sie zu berühren.
    In diesen Tagen, da Jeanne ständig von den Leuten des Königs umringt war, gelang es mir nur selten, allein mit ihr zu sprechen. Wenn sich doch einmal eine Gelegenheit ergab, fiel mir auf, dass Jeanne erneut eine Wandlung durchgemacht hatte. Sie wirkte tatsächlich wie eine Feldherrin und schaffte es trotz ihrer Jugend, den Männern ringsherum Respekt einzuflößen. Obwohl diese rauen Burschen eigentlich vor Weiberröcken nicht haltmachten, gehorchten sie dem Mädchen bedingungslos und zogen gar nicht in Erwägung, sie anzutasten.
    Ein Maler hatte in Windeseile Standarten für sie gefertigt. Bemalt waren sie mit unterschiedlichen Motiven, mal waren es Engel, die Lilien in den Händen hielten, mal Abbilder von Jesus oder den Heiligen. Als diese fertig waren, verließen wir Tour wieder in Richtung Blois.
    Ich wusste, dass ein Geistlicher Jeanne gemahnt hatte, in der Schlacht keinen Menschen zu töten, doch was sollte sie tun, wenn jemand sie angriff? Wir als ihre Leibgarde würden vielleicht nicht ausreichen. Glücklicherweise war Jeanne klug genug, nicht auf ihn zu hören.
    »Ich werde tun, was notwendig ist«, erklärte sie mir, als ich sie darauf ansprach. »Es liegt mir fern, jemanden zu töten, aber meiner Haut setze ich mich schon zur Wehr.«
    In Blois stießen ein paar Feldherren zu uns, die von Jeannes Unternehmung gehört und mit ihren Soldaten herbeimarschiert waren, um sie zu unterstützen. Der grobschlächtige La Hire fluchte in einem fort, was Jeanne ihm zu meiner Belustigung energisch verbat. Auch der Herzog von Alençon liebte das Fluchen und ließ es nach der Zurechtweisung im Stabszelt bleiben. Ein Mann aber stach mir unter all den neuen Bewunderern Jeannes ins Auge.
    »Mein Name ist Gilles de Rais«, sagte der Ritter mit den eisigen Gesichtszügen und kniete vor dem Mädchen nieder. »Ich bin gekommen, um Euch im Kampf zu unterstützen.«
    Was er zu bieten hatte, konnte sich sehen lassen, war sein Heer doch noch unverbraucht und stark. Aber etwas Dunkles schien von ihm auszugehen, das ich nicht wirklich greifen konnte.
    »Was sagst du zu de Rais?«, fragte ich Sayd, als ich ihn antraf, wie er grübelnd vor unserem Zelt saß. »Meinst du nicht auch, dass er irgendetwas verbirgt?«
    »Jeder Mensch verbirgt etwas. Ich glaube nicht, dass er sich dessen, was in seinem Herzen rumort, bewusst ist, doch eines Tages wird er es offenbaren und wenn es wirklich so schwarz ist, wie ich denke, wird es ihn den Kopf kosten.«
    Hatte er das in einer seiner Visionen gesehen? Wenn ja, hoffte ich, dass der Ausbruch der Schwärze aus dem Ritter noch lange dauern würde, denn im Moment brauchten wir ihn.
    Der Versuch, nach Orléans einzudringen, fand in den frühen Morgenstunden statt. Der Beschuss durch die englischen Bogenschützen war enorm, doch die Schilde, die wir über unseren Köpfen führten, hielten den Stahlspitzen stand. Hilfe bekamen wir von den dort stationierten Soldaten, die bisher vergeblich versucht hatten, die Belagerung zu durchbrechen. Sie mussten gehört haben, dass die Jungfrau bei uns war, hielten den Engländern nach Leibeskräften entgegen, was sie aufbieten konnten, und sorgten dafür, dass unser Fuhrwerk durch die Tore rollen konnte. In der Stadt jubelten uns die Menschen zu; wie ich sehen konnte, waren sie ausgezehrt von der Belagerung, in vielen Augen brannte Verzweiflung. Dennoch wussten die Menschen hier, wer Jeanne war und dementsprechend schöpften sie Hoffnung.
    Während wir uns auf Sayds Rat hin weiter im Hintergrund hielten, scharten sich auf einmal der Adel und neue Soldaten um Jeanne. Sie allesamt bekamen von ihr beinahe als Erstes den Ratschlag, nicht zu fluchen und staunten mit offenen Mündern darüber, dass dieses Mädchen sie in die Schlacht führen wollte.
    Schließlich kam man überein, dass es sich lohnte, einen Ausfall zu wagen und die Engländer anzugreifen.
    Ich fürchtete schon, dass Sayd etwas dagegen hätte, doch er schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich. Ich

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