Das Herz der Kriegerin
mit allem helfen werden, was wir haben.«
Damit reichte er dem Schmied über den Tisch hinweg die Hand. Renaud nahm sie und drückte sie kräftig. »Das soll uns genügen, mein Freund.«
Während die Männer nun Pläne schmiedeten und ihre Chancen abwägten, warf ich einen Blick auf Louise. Obwohl sie ihren Blick gesenkt hielt, erkannte ich, dass sie mit den Umtrieben ihres Gatten nicht einverstanden war. Wahrscheinlich fürchtete sie um ihr Leben und das ihres Mannes, was ich gut verstehen konnte. Doch wenn die Engländer hier einfielen, würde alles nur noch schlimmer werden. Am liebsten hätte ich ihr das gesagt, aber ich beschloss zu schweigen und weiter meine Suppe zu löffeln. Immerhin konnten wir achtgeben, dass ihrem Mann nichts geschah.
Nachdem sie die vergangenen Wochen damit zugebracht hatten, Erkundigungen einzuholen, war Jared zu dem Entschluss gekommen, dass sie nun in die Wüste aufbrechen sollten.
Vor ihm auf dem Tisch lagen Schriftrollen, Karten und Folianten, aus denen er das Wichtigste herausgeschrieben hatte. Groß war die Ausbeute freilich nicht. Wie er es erwartet hatte, waren die griechischen Quellen noch die besten. Einige Reisende wollten sogar Lamien auf der Wanderschaft gesehen haben. Da Lamien normalerweise nie ohne Gefolge reisten, waren jene Berichte, die einzelne Lamien erwähnten, einige sogar in recht ausgezehrtem Zustand, besonders wertvoll.
Insgeheim hatte sich Jared gewünscht, auf ein Schriftstück zu stoßen, das von Lamienhand verfasst worden war. Schriftrollen in vermeintlich toter Sprache hatten wir auch gefunden, aber schon auf den ersten Blick hatte er erkannt, dass es vergessene Menschensprachen waren. Aufgehoben hatte er diese Texte natürlich dennoch, einige davon auch entziffert, doch wirklich zufrieden war er nicht damit.
Vor ein paar Tagen war er dann zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich einfach nicht mehr Material gab und deshalb nicht lohnte, weitere Zeit mit Suchen zu vergeuden.
Als die Tür ging, blickte er von seinem gesammelten Wissen auf. Er hatte seine Kameraden bereits erwartet. Während sich das letzte Licht der Wüstensonne aus seiner Schreibstube zurückzog, entzündete er ein paar Kerzen und platzierte sie zwischen den Karten und Schriftrollen, sodass alle seinen Ausführungen folgen konnten.
Die Mienen seiner Kameraden wirkten angespannt. Auch sie waren in den vergangenen Wochen damit beschäftigt gewesen, Informationen einzuholen. Allerdings war diese Suche nur selten von Erfolg gekrönt gewesen. Es schien, als seien ihnen die Derwische mehr als nur einen Schritt voraus.
»Das also ist alles, was wir haben«, sagte Jared mit einem spöttischen Lächeln und breitete seine Arme aus. »Und wahrscheinlich werden unsere ehemaligen Freunde inzwischen schon die Schaufeln ansetzen. Aber wer aufgibt, hat längst verloren.«
»Ganz abgesehen davon ist Aufgeben sowieso nicht deine Stärke«, setzte Malik hinzu.
»So ist es.« Jared beugte sich vor und zog dann mit einem Federkiel eine Linie. »Wahrscheinlich werden Selim und Melis vorerst der Karawanenroute folgen und dann irgendwann in die offene Wüste aufbrechen. Unsere mageren Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass es auf dem Weg zu dem Grab hin und wieder Oasen gibt und dass man dort auf eine besondere Art Skorpione treffen kann, die hier bei uns nicht vorkommt.«
»Mit Skorpionen kennst du dich zum Glück besonders gut aus, nicht wahr?«, witzelte Ashar und erntete das Gelächter seiner Freunde.
»Du sagst es! Und ich brenne darauf, diese Art mit eigenen Augen zu sehen.« Er zog unter dem Stapel eine Zeichnung hervor, die einen kleinen, braunen Skorpion mit gefleckten Scheren zeigte. »Das hier ist er.«
»Ich nehme an, der ist so giftig, dass ein Tropfen seines Gifts eine ganze Armee töten könnte«, bemerkte Saul, während ihn sichtlich ein Schauer überlief. Auch er hatte so seine Erfahrungen mit Skorpionen gemacht, und obwohl sie ihn nicht töten konnten, war die Reaktion seines Körpers auf das Gift ziemlich heftig gewesen.
»Ich glaube schon, dass man für eine Armee mehrere Tropfen benötigt«, entgegnete Jared ungerührt, während er das Blatt nach einem beinahe sehnsuchtsvollen Blick wieder unter die anderen Unterlagen schob. »Aber einen Mann tötet es sicher. Leider sind die Skorpione ein ziemlich schlechter Hinweis. Wir werden durch sie höchstens wissen, dass wir in der richtigen Gegend sind, aber zum Grab führen werden sie uns nicht, denn wenn man anderen
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