Das Herz der Kriegerin
Anblick der flachen Eisenhelme.
Im Gegensatz zu uns waren seine Narben nicht auf der Stelle verheilt, und im Kampf hatte er auch einige gute Freunde verloren. Dass seine Frau und sein Haus verschont geblieben waren, war zum einen dem Glück geschuldet, zum anderen unseren Schwertern, denn Soldaten, die hier einzudringen versuchten, verschwanden auf Nimmerwiedersehen außerhalb der Stadt.
»Ich wünschte, Ihr könntet noch bleiben«, gestand Renaud, ohne den Blick von dem halb offenen Fenster zu lassen, vor dem die Soldaten entlangmarschierten. Der Klang ihrer Stimmen und Schritte drängte wie ein ungebetener Gast in den Raum. »Dieses verfluchte Gesindel wird sicher noch den letzten Tropfen Blut aus uns herauspressen.«
»Wir werden tun, was wir können, damit das nicht geschieht«, entgegnete ich und blickte zu Sayd. Der nickte und setzte dann hinzu: »Ich nehme an, dass es bald schon zu einem Bund zwischen den Burgundern und dem Dauphin kommen wird. Dann wird den Engländern ein wiedervereintes Frankreich entgegenstehen.«
Renaud schüttelte den Kopf. »Glaubt Ihr wirklich, der Burgunder wird uns helfen? Er sieht nur seinen eigenen Vorteil und wird den Dauphin hintergehen, sobald es ihm passt. Sollte er tatsächlich gegen die Engländer kämpfen wollen, wird das nur geschehen, weil er selbst ein Auge auf Rouen und die Normandie geworfen hat. Und dann wird es für uns nicht besser.«
Sayd wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als es hart gegen die Tür hämmerte. Louise zuckte zusammen und hielt sich, obwohl sie, wie wir mittlerweile wussten, nicht sprechen konnte, die Hände vor den Mund.
Sayd bedeutete mir, neben der Tür Aufstellung zu nehmen, meine Freunde verteilten sich im Raum.
Der Schmied zögerte noch einen Moment, dann öffnete er.
»Ihr seid der Schmied der Stadt?«, fragte eine raue, unfreundliche Stimme. Aus dem Augenwinkel sah ich ein wettergegerbtes, schmutzverkrustetes Gesicht und blassblaue Augen. Sein Kettenhemd rasselte, als er den Arm bewegte und die Hand gegen die Tür stemmte, als wollte er den Schmied daran hindern, sie vor seiner Nase zuzuwerfen.
»Ja, der bin ich«, antwortete Renaud und streckte die Brust ein wenig vor, um seine Angst zu verbergen. »Was kann ich für Euch tun.«
»Heizt Euer Feuer ein, unsere Pferde brauchen neue Hufeisen. Und schickt Euer Weib mit Wasser nach draußen, wir haben einen langen Marsch hinter uns und sind durstig!«
Bei diesen Worten krümmte sich Louise ein wenig zusammen und sah ihren Mann ängstlich an, offenbar erwartete sie von den Soldaten nichts Gutes.
»In Ordnung, ich bin gleich bei Euch«, entgegnete der Schmied mit fester Stimme, doch ich sah Angst in seinen Augen.
Obwohl der Anführer der Soldaten die Hand von der Tür wegnahm, wagte Renaud nicht, sie zu schließen. Er blickte zu seiner Frau und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken, dass sie dem Wunsch des Soldaten nachkommen sollte, dann griff er nach der Schürze, die neben der Tür hing, und band sie sich um.
Ich wagte einen Blick aus dem Fenster. Es waren ungefähr zehn Bewaffnete auf dem Hof, weitere konnten sich auf der Straße befinden. Es war nicht das erste Mal, dass Engländer hier auftauchten, um sich ihre Pferde beschlagen zu lassen. So viele auf einmal waren es allerdings noch nie. Irgendetwas ging da vor, das spürte ich.
Als Louise zur Tür gehen wollte, hielt ich sie zurück. Kurz verständigte ich mich mit ihr und bedeutete ihr, dass sie warten sollte.
»Ich werde für dich gehen«, bot ich an. »Diese Männer kennen die Frau des Schmieds nicht. Wenn sie versuchen, mich anzurühren, werden sie es bereuen.«
Louise starrte mich zunächst an, als hätte ich den Verstand verloren, doch dann nickte sie und zog sich das Tuch von den Schultern.
»Gib mir nur dein Übergewand, das sollte reichen«, flüsterte ich, während ich mich aus meinem Wams schälte. Die Frau zögerte einen Moment lang und blickte sich nach Sayd und den anderen um, dann kam sie meiner Bitte nach. Da sie ein wenig üppiger war als ich, passte das Gewand problemlos, und die Ärmel waren auch weit genug, um meine Unterarmklinge zu verbergen.
Als ich fertig war, fing ich Sayds warnenden Blick auf und nickte ihm dann zu. Nein, ich wollte keinen Ärger machen, nicht, wenn es sich vermeiden ließ. Doch es war besser, die Männer fassten mir an den Hintern und nicht der verschüchterten Louise.
»Sagt, Schmied, warum seid Ihr nicht schon lange an Eurem Tagewerk?«, fragte der Anführer just in dem
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