Das Herz der Kriegerin
nicht wegen uns!«
Renaud sah Sayd mit einer Mischung aus Unmut und Angst an, dann trieb er sein Pferd an.
Als wir weit genug vom Feldlager entfernt und hinter einer Anhöhe verborgen waren, wandte sich Sayd an den Schmied. »Hört mir gut zu, Ihr müsst Euer Weib nehmen und gen Süden reiten. Die Soldaten hatten von vornherein vor, Euch beide zu töten, also werdet Ihr nicht mehr nach Rouen zurückkehren können.«
»Aber meine Schmiede!«, wandte Renaud ein. »Wohin soll ich gehen?«
»Ihr werdet von Eurer Schmiede nichts mehr haben, wenn die Engländer Euren Leichnam hinter ihren Pferden herschleifen!« Sayd wandte sich den nun heranstürmenden Reitern zu, seine Augen leuchteten auf. »Nehmt Euer Weib und reitet gen Süden! Möge Euer Gott Euch begleiten und beschützen!«
Renaud wirkte, als wollte er sich das mit der Flucht erst noch ganz genau überlegen.
Inzwischen kamen uns die Reiter gefährlich nahe. Sayd zog sein Schwert aus der Sattelscheide und lenkte sein Pferd herum.
»Denkt an Eure Frau!«, rief ich Renaud wütend zu, als er sich noch immer nicht rührte. »Wir werden schon dafür sorgen, dass diese Männer Euch nicht folgen! Nur reitet, um Himmels willen, ehe ihre Schwerter Euch erreichen!«
Daraufhin nickte er, packte das Pferd seines Weibes am Zügel und trieb sein eigenes an.
Inzwischen waren die Soldaten heran.
»Verfluchte Hure!«, schimpfte einer von ihnen, als er mich sah. »Ich werde dir deine Männerkleider vom Leib schneiden!«
»Komm nur!«, rief ich zurück. »Aber pass auf, dass du alle Gliedmaßen behältst, wie willst du sonst vor deinen Schöpfer treten?«
Bevor Sayd es tun konnte, stürzte ich mich dem Soldaten entgegen. Meine Kameraden folgten mir und trafen wenig später auf den Rest des Trupps. Während mein Schwert gegen das meines Gegners schlug, hörte ich hinter mir Geschrei – Sayd machte offenbar kein langes Federlesen.
Ich lenkte mein Pferd mit den Schenkeln, wechselte je nach Schlag die Hand, die die Klinge führte, und versetzte dem Soldaten schließlich einen tiefen Schnitt an der Schulter.
»Habe ich es dir nicht gesagt?«, spottete ich. »Pass besser auf deine Arme auf!«
Der Mann starrte mich entsetzt an, wechselte dann aber die Schwerthand und hieb mit links auf mich ein. Das allerdings nicht besonders überzeugend, denn nur ein paar Lidschläge später ritzte ich sein Bein.
»Laurina!«, tönte da hinter mir eine Stimme. Wollte Sayd mich wieder ermahnen, nicht mit dem Gegner zu spielen?
Als ich mich umwandte, entdeckte ich gerade noch rechtzeitig den Bolzen, der auf mich zuschoss. Blitzschnell neigte ich mich zur Seite und hörte wenig später ein ersticktes Aufstöhnen. Der für mich gedachte Bolzen hatte den Blechhelm des Soldaten durchbohrt und ihn regelrecht an seinen Kopf genagelt. Nur kurz noch hielt er sich im Sattel, dann kippte er zur Seite und fiel schwer zu Boden.
Als ich mich erneut umwandte, entdeckte ich den Schützen, der gerade versuchte, sein tänzelndes Pferd zur Räson zu bringen. Sofort schleuderte ich, so kräftig ich konnte, mein Schwert nach ihm. Gerade als er das Tier wieder einigermaßen im Zaum hatte und anlegen wollte, bohrte sich Fenrir in seine Brust und riss ihn nach hinten aus dem Sattel.
Als ich mein Pferd herumlenkte, sah ich, dass die ersten Soldaten die Flucht ergriffen. Sollten wir ihnen nachstellen? Immerhin mussten sie mitbekommen haben, dass es nach ihrem Verständnis bei uns nicht mit rechten Dingen zuging. Doch Sayd machte keine Anstalten, ihnen nachzureiten. Wenig später gab es nur noch Fliehende und Tote, aber keine Angreifer mehr.
Sayd stieg vom Pferd und kam zu mir. Ich stellte mich auf eine Standpauke ein, denn wenn ich den Anführer nicht getötet hätte, wäre es wohl kaum zu dieser Verfolgungsjagd und diesem Kampf gekommen.
Doch anstatt mich anzuschreien oder mich zu fragen, ob ich den Verstand verloren hätte, hob mich Sayd einfach aus dem Sattel, schloss mich in seine Arme und zog mich an seine Brust.
»Du musst besser auf dich aufpassen, sayyida «, ermahnte er mich dann aber doch. »Damals, als du im Fallenlabyrinth noch ein Mensch warst, hast du die Bolzen heransausen hören. Warum jetzt nicht?«
»So ein Bolzen wird mir gewiss nicht schaden«, entgegnete ich. »Aber danke, dass du mich gewarnt hast. Der Schütze hat mir Arbeit abgenommen.«
»Der Bolzen schadet dir wohl, wenn er deine Quelle trifft. Du darfst nie vergessen, dass du zwar unsterblich, aber nicht unverletzlich
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