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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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ihm auch nach, den Künsten zugeneigt und feinsinnig zu sein. Wen wir als Feind ansahen, wurde von seinen Landsleuten hoch verehrt. So war ich wirklich froh, dass wir vielleicht schon bald einen Friedensschluss erleben würden.
    »Ist er das wirklich?«, wandte sich David zweifelnd an Sayd. Dieser wirkte auf einmal wie erstarrt. Ich griff nach seiner Hand, um zu prüfen, ob er reagierte. Hatte er eine Vision, spürte er meist nichts um sich herum.
    »Das ist er«, antwortete er. »Und er trägt dieselben Kleider, in denen er in meiner Vision ermordet wird.«
    Ein Schauer rann mir über den Rücken. Wenn er nun wüsste, dass er seine Totenkleider trug …
    Aber wir waren ja da, um das zu verhindern!
    Am Ufer machte Johanns Trupp halt. Kurz blickte der Fürst zum gegnerischen Lager herüber, dann hieß er seine Leute, ebenfalls die Zelte aufzuschlagen.
    Im Lager des Dauphin hatte man mitbekommen, dass Johann da war, doch hier rührte sich noch nichts. Wartete der Prinz darauf, dass sein ehemaliger Erzieher sein Lager vollendete? Oder dass er ihm eine Nachricht zukommen ließ?
    Noch eine ganze Weile herrschte Ruhe zwischen beiden Seiten, dann entsandte das Lager des Dauphin einen Boten an die Burgunder. Der sprach kurz bei dem Fürsten vor, dann kehrte er zurück. Wenig später zeigte sich der Prinz.
    Seit unserem letzten Zusammentreffen hatte er sich doch ziemlich verändert. Er war nun kein kleiner, zitternder Junge mehr, er hatte durchaus die Gestalt eines Mannes. Und der furchtsame Ausdruck in seinen Augen war einer seltsamen Finsternis und nicht zu übersehender Arroganz gewichen. Aus seinem Zuhause vertrieben zu werden, ist für keinen Menschen ein Freudenfest, doch was hatte es mit dieser unsympathischen Überheblichkeit auf sich. Dazu hatte er weiß Gott keinen Grund …
    »Kaum zu glauben, dass Johann früher einmal der Erzieher des Dauphin war«, murmelte Sayd neben mir, der die Veränderung auch bemerkt hatte.
    »Der Junge zeigt jedenfalls keinen Respekt mehr vor ihm«, entgegnete David.
    Ich sagte nichts, doch mir gefiel nicht, was ich auf dem Gesicht des Burschen sah. Es war nicht nur Respektlosigkeit, die in seinen Augen funkelte. Mit blankem Hass bedachte er den Mann, der seinen Onkel getötet hatte! Konnte es sein, dass der Prinz selbst die Klinge führen würde?
    »Schaut!«, tönte Belemoths Stimme warnend neben uns. Er hatte sein Augenmerk auf die gegenüberliegende Seite des Flusses gerichtet und die schwarze Wolke, die sich von Westen her näherte, sofort bemerkt. »Es könnte ein Gewitter sein …«
    Ich schüttelte den Kopf. Dieses Gebilde da hatte nicht die Form von Gewitterwolken. »Dschinn«, presste ich hervor. »Wahrscheinlich Aisha Qandisha persönlich.«
    »Ich hätte es wissen sollen!« Noch während er diese Worte ausrief, zog Sayd seine Dolche und stürzte sich der schwarzen Wolke entgegen. Ich folgte ihm, ohne lange zu zögern und auch David und Belemoth schlossen sich uns an.
    Auf einmal wurde mir klar, dass dem Burgunderfürsten offenbar von ganz anderer Seite Gefahr drohte, als von der Hand eines gewöhnlichen Menschen. Auf einmal ergab alles einen Sinn. Dass Sayd das Gesicht des Angreifers nicht erkannt hatte, dass er lediglich einen Dolch gesehen hatte, konnte daran liegen, dass der Angreifer eigentlich nur Sand und Rauch war – ein Dschinn, der seine Waffe in seinen eigentümlichen Gewändern verbarg.
    Da Aisha auf Seiten des englischen Königs stand und begierig das vergossene Blut von dessen Gegnern aufsaugte, musste sie ein Interesse daran haben, den Bundschluss der französischen Fürsten zu verhindern.
    Auch wenn sie inzwischen ganz andere Gefolgsleute hatte, erkannte Aisha uns doch wieder und gab dieses Wissen sogleich an ihr Heer weiter. Vor uns materialisierten sich etwa zwanzig Dschinn, ganz ungeniert, als sei es ihnen egal, ob die Menschen weiter hinten sie sahen oder nicht.
    »Wie schön, dass wir uns endlich kennenlernen«, dröhnte eine Stimme, die nur schwerlich als die einer Frau zu erkennen war. Dennoch gehörte sie Aisha Qandisha, der Herrin der Dschinn. »Malkuth hat mir alles über dich erzählt, Lamie.«
    »Dann ja wohl hoffentlich auch, dass ich ihn beinahe getötet hätte.«
    Aisha lachte donnernd. »Auch das. Gerade deshalb bist du ihm so wertvoll.«
    »Und aus demselben Grund solltest du dich vorsehen! Ich werde mich nicht von dir und deinen Gefolgsleuten wegschleppen lassen!«
    »Das habe ich auch gar nicht vor. Ich bin wegen etwas anderem gekommen.«

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