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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Dorfes. Alix würde sicher erleichtert sein, uns
wiederzusehen, und ich hoffte inständig, dass sie inzwischen nicht von allzu
vielen düsteren Visionen geplagt worden war.
    Wir ritten noch am selben Abend los, nachdem wir in der Stadt ein
paar Dinge mitgenommen hatten, über die sich unsere Freunde und vor allem
Vincenzo freuen würden.
    Als wir am Strand vorbeikamen, an dem ich stets auf Gabriel
gewartet hatte, blickte ich sehnsuchtsvoll hinaus aufs Meer, doch hatte ich
früher die Hoffnung gehegt, dass er unvermittelt dort auftauchen würde, sagte
mir nun mein Verstand, dass es vielleicht besser wäre, ihn loszulassen.
    Im Morgengrauen erreichten wir dann unseren Wald. Zunächst nahm
ich es kaum wahr, doch dann fiel mir auf, wie still es war. Die Morgenvögel, die
eigentlich schon erwacht sein mussten, schwiegen, nur der Wind raunte in den
Zweigen der Bäume.
    »Da stimmt etwas nicht«, sagte Sayd nach einer Weile und bedeutete
uns plötzlich, stehen zu bleiben. Ich blickte zum Wald hinüber, in dessen Herz
sich die Siedlung befand.
    »Kein Rauch«, sagte David im gleichen Moment, als ich es auch
bemerkte. Allein schon wegen der Schmiede hing immer etwas Rauch in den Bäumen.
In der ersten Zeit hatten wir Bedenken gehabt, dass wir dadurch gefunden werden
könnten, da es allerdings in der Gegend einige Köhlerhütten gab, stellte der
Rauch keine besondere Gefahr dar. Und wir wollten die Menschen dort ja auch
nicht einsperren.
    »Reiten wir!«, rief Sayd und trieb sein Pferd ohne eine weitere
Erklärung voran. Wir preschten zwischen den Baumstämmen hindurch, nahmen eine
Abkürzung über das Moor, ein riskantes Unterfangen, bei dem jeder falsche
Schritt bedeuten konnte, dass man im Morast versank und obendrein auch noch das
Pferd verlor. Doch die Hufe der Tiere trugen uns sicher aufs feste Land
zurück.
    Je näher wir dem Dorf kamen, desto schneller pochte mein Herz.
Meine Quelle zog sich schmerzhaft zusammen und ich hoffte inständig, dass es
keinen Grund für das ungute Gefühl gab.
    Sayd, der die Dorfgrenze zuerst erreichte, brachte sein Pferd so
abrupt zum Stehen, dass es sich aufbäumte. Zwar sah ich nur seinen Rücken, doch
ich wusste auf einmal, dass etwas Furchtbares geschehen war.
    Als ich zu ihm ritt, sah ich es auch – aus den Schornsteinen der
Häuser stieg kein Rauch auf, weil es viele dieser Häuser nicht mehr gab. Sie
waren zu einem wilden Durcheinander von Steinen und Holz geworden. Wie mahnende
Finger erhoben sich Dachbalken gen Himmel. Feuer schien es hier nicht gegeben zu
haben, dafür aber einen Sturm der Zerstörung, wie ihn nicht einmal Odin hätte
entfesseln können.
    Der Anblick nahm mir für einen Moment Atem und Stimme. Dann trieb
ich mein Pferd an und preschte ins Dorfinnere. Kein Haus war von der Zerstörung
verschont geblieben. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft. Tote konnte ich nicht
entdecken, aber ich spürte, dass der Tod hier Ernte gehalten hatte. Waren die
Dschinn über den Ort hergefallen? Aisha pflegte tote Männer zu ihren
Gefolgsleuten zu machen.
    »Vincenzo?«, rief ich, als ich, auf dem Dorfplatz angekommen, aus
dem Sattel sprang. Wohin ich mich auch wandte, überall nur zerbröselte Steine,
Lehmbrocken, Schilfrohr und Holz. Weder das prächtige Haus der Aziemes noch
unseres waren heil geblieben.
    »Vincenzo!« Mein Ruf wurde zu einem Klagen, das ein paar Krähen
aufschreckte. Schluchzend ließ ich mich auf die Knie sinken. Erst Gabriel und
jetzt auch noch Vincenzo. Ich hätte Alix’ Träume ernster nehmen müssen. Dass ich
ihren hellseherischen Fähigkeiten nicht hatte glauben wollen, hatte sie und ihre
Familie ausgelöscht und die Nachfahren all jener, für die mein Gabriel in die
Fluten gestürzt war …
    Inzwischen trafen die anderen ein, aber ich war nicht in der Lage,
mich umzuwenden. Ich starrte nur auf unser Haus und fühlte mich auf einmal
kraftlos wie eine alte Frau.
    Erst als Sayd neben mich trat und mich langsam in die Höhe zog,
kam ich wieder zu mir.
    »Lass uns nachsehen«, sagte er sanft und zog mich dann mit
sich.
    Ich folgte ihm willenlos. Mein Verstand allerdings konnte nichts
anderes tun, als mir wieder und wieder die Schuld zu geben. Es hätten mehr von
uns bleiben können. Angesichts dessen, dass unser Versuch, den Burgunderfürsten
zu retten, vergeblich gewesen war, hätten wir auch hierbleiben und die
Nachfahren der Katharer beschützen können.
    Was in Sayd in diesen Augenblicken von sich ging, konnte ich nicht
einschätzen, doch das Gold in

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