Das Herz der Kriegerin
Glauben geschenkt hatte?
»Ich freue mich auch, dich wohlauf zu sehen«, entgegnete ich und
wusste auf einmal nicht, ob mir nicht lieber wäre, sie zürnte mir. »Es muss für
euch ein ziemlicher Schrecken gewesen sein.«
»Ich war darauf gefasst«, entgegnete sie und jagte mir damit einen
heißen Schauer durch die Gliedmaßen. Sie meinte ihre Träume, oder etwa
nicht?
Ich muss sie fragend angesehen haben, denn sie setzte sogleich
hinzu: »Urgroßmutter Jeanne hat mir ein paar Notizen hinterlassen, unter anderem
über die Rauchwesen, die sie auf der Flucht hierher angegriffen hatten. Jene,
die Ihr vertrieben habt.«
Jeanne hatte darüber Aufzeichnungen gemacht? Das überraschte mich.
Und gleichzeitig erwachte meine Neugier. Was mochte sie sonst noch alles
aufgeschrieben haben? Aber in diesem Augenblick wollte ich nicht danach
fragen.
»Wo ist Romain?«, fragte ich stattdessen, denn ihn hatte ich
bisher nicht gesehen.
Alix schlug die Augen nieder und senkte den Kopf.
Fassungslos betrachtete ich sie. Das konnte nicht sein!
»Sie haben ihn mitgenommen«, sagte sie mit ruhiger Stimme, doch in
ihren tränenfeuchten Augen tobte der Aufruhr.
»Die …« Ich stockte.
»Dschinn«, sagte Alix und nickte. »Vincenzo hat uns erklärt, wer
sie sind und wie wir uns schützen können.«
Gab es einen Schutz gegen diese Kreaturen? Sicher, die Schutzsuren
aus dem Koran, aber würden die wirklich helfen?
»Wie ist es passiert?«
»Vincenzo hat uns mit der Glocke aus dem Schlaf gerissen, wir
wussten zunächst nicht, worum es ging, doch er wollte, dass wir unsere Häuser
verlassen und mit ihm in den Wald gehen. Kaum waren wir draußen, sahen wir die
dunkle Wolke. Sie bedeckte den Mond, und auf einmal wurde alles schwarz. Ich
hörte Männer schreien, dazwischen stand Vincenzo und hat gegen diese Wesen
gekämpft, doch es waren einfach zu viele. Diejenigen, die sie nicht getötet
haben, haben sie mitgenommen. Die anderen sind in den Wald gerannt, wenig später
folgte auch Vincenzo. Er hatte einige dieser … Dinger getötet, dann ist er
uns gefolgt und hat uns gesagt, welchen Weg wir nehmen sollten. Keiner von uns
hat gewagt, sich umzusehen, aus Furcht, dass wir noch mehr Dinge sehen würden,
die unsere Augen nicht glauben wollen.«
Seltsam, die toten Dschinn waren nicht mehr da gewesen. Hatten
ihre Brüder sie mitgenommen? Möglich wäre es.
»Dschinn sind eigentlich nur Sand und Staub, mit dem sie einen
vertrockneten, toten Körper umgeben. Um sie zu töten, musst du ihnen einfach ins
Auge stechen.«
»Das hat Vincenzo auch zu uns gesagt, aber ich bezweifle, dass
jemand ihnen nahe genug gekommen ist, um das zu tun. Abgesehen davon waren sie
bewaffnet. Jene, die in ihre Nähe kamen, wurden entweder getötet, schwer
verletzt oder …«
Sie blickte über ihre Schulter. Der Mann hinter ihr blickte
teilnahmslos an die Decke, Schweißperlen flossen ihm die Schläfen und Wangen
entlang.
»Oder hat die Dschinnkrankheit bekommen.«
»So haben wir es genannt. Niemand weiß, wie man es heilen kann.
Aber nun seid ihr ja wieder da! Vielleicht könnt ihr diese Leute heilen.«
»Was ist mit deinen Enkelinnen?«, fragte ich, während ich einen
Blick auf die Mädchen warf. »Sie haben doch Heilkräfte.«
»Ja, aber diese Krankheit ist nicht wie andere Leiden. Immer dann,
wenn sie versuchen, die Menschen zu heilen, werden sie dermaßen geschwächt, dass
sie sich danach tagelang kaum auf den Beinen halten können. Die Krankheit kämpft
mit ihren eigenen Kräften und scheint stärker zu sein.«
So ähnlich hatten wir das auch mit Giselle erlebt. Sie war
gestorben, obwohl Jared ihr sein Blut gegeben hatte – Lamienblut.
Ich ergriff Alix’ Hände. Dass wir den armen Leuten wahrscheinlich
auch nicht helfen konnten, wollte ich ihr nicht sagen, ebenso wenig wollte ich
sie belügen.
»Wir werden tun, was in unserer Macht steht. Sorge dafür, dass
deine Enkelinnen vernünftig essen und bei Kräften bleiben. Die Verletzten
brauchen ihre Heilkräfte.«
»Das tue ich schon jeden Tag und Vincenzo unterstützt mich
dabei.«
Noch immer kein Vorwurf in ihrer Stimme und ihrem Blick. Aber ich
selbst machte mir Vorwürfe. Wenn wir doch nur gewusst hätten …
»Laurina?«, fragte Belemoth hinter mir.
»Ja?« Als ich mich umwandte, wirkte seine Miene unendlich
traurig.
»Was ist passiert?«, fragte ich, nachdem ich mich fürs Erste von
Alix verabschiedet hatte.
»Du erinnerst dich doch sicher noch an das Mädchen, das mit
mir …«
Ich
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