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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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von Schwäche? Er würde sich genau beobachten und achtgeben müssen, dass ihm diese Nähe zu Menschen nicht gefährlich wurde. Sie durfte seine Wachsamkeit nicht trüben!
    András fixierte den Fürsten und richtete die Energie seiner Gedanken gegen seinen Geist. Dieses Mal zeigte sich die Wirkung sofort. Er wandte sich von seiner Gemahlin ab und sah den Grafen ein wenig verwirrt an. Der Zorn sank in sich zusammen.
    »Ja?«
    András deutete eine Verbeugung an. »Ich werde mich nun verabschieden. Die Nacht ist fortgeschritten, und ich will Ihre Gastfreundschaft nicht länger ausnutzen. Ich wünsche eine angenehme Nacht.« Und damit zog er sich zurück, lief die Treppe hinunter und hatte das Tor bereits hinter sich zugezogen, ehe der Fürst oder seine Gemahlin nur einmal geblinzelt hatten.
    Mit aufrechtem Rücken saß die Fürstin an ihrem Frisiertisch und mied den Blick in den Spiegel, während ihr Vesna die ruinierte Frisur löste und ihr Haar bürstete. Die Miene der Kammerfrau stand auf Sturm, und in ihrem Blick funkelte es gefährlich, so dass Therese ihn ebenso mied wie den Spiegel. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was Vesna dachte und zu gern ausgesprochen hätte, aber das wollte sie nicht hören. Sie konnte es sich nicht anhören, wollte sie ihre Haltung bewahren. Außerdem stand es einer Kammerfrau nicht zu, solche Gedanken auszusprechen, so wahr sie vielleicht auch sein mochten.
    Es gibt eben mehr als eine Wahrheit, dachte Therese erstaunt. Die, die man sagen darf, und die, die man nicht einmal seinem Herzen gern gesteht.
    Sie hob den Blick und traf auf Vesnas flammende Augen im Spiegel. Die Lippen hatte sie demonstrativ zusammengepresst. Nein, sie würde ihre Gedanken nicht aussprechen, die ihr auf der Stirn geschrieben standen! Neben dem Gesicht der Kammerfrau zeigte der Spiegel noch ein anderes Antlitz, das sie jedoch kaum erkannte. Himmel! Hatte er sie wirklich so schlimm zugerichtet? Therese entschlüpfte ein Stöhnen, und sie schloss gequält die Augen.
    »Das tut weh, ich weiß, verzeihen Sie Fürstin«, entfuhr es der Kammerfrau, die gerade mit einem nassen Tuch vorsichtig das Blut von der aufgeplatzten Lippe tupfte. Dann tränkte sie ein anderes mit kaltem Wasser, faltete es zusammen und bedeckte behutsam das Auge, das bereits zuzuschwellen begann. »Legen Sie sich bitte ein wenig zurück.«
    Therese gehorchte und stöhnte noch einmal, als heißer Schmerz wie ein Messerstich durch Schulter und Hüfte fuhr, wo sie gegen die Beschläge der großen Truhe geprallt war, ehe sie blutend und gedemütigt auf dem Boden liegen geblieben war.
    Vielleicht war es dieser Anblick gewesen, der den blendenden Zorn des Fürsten weggewischt hatte, oder das Auftauchen des Butlers und sein Schrei des Entsetzens. Jedenfalls hatte er von ihr abgelassen und war in seine Gemächer verschwunden. Lorenz hatte ihr aufgeholfen, bis sie zumindest aufrecht saß, und ihr ein Taschentuch gereicht, um den Blutfluss ihrer Nase aufzuhalten, ehe ihr Kutschierkleid völlig ruiniert wurde. Den Riss am Ärmel, den sie sich bei dem Sturz zugezogen hatte, konnte Vesna vielleicht reparieren. Sie war in solchen Dingen sehr geschickt.
    »Ach Fürstin! Ich weiß nicht, was ich sagen oder tun soll«, hauchte der alte Butler, den sie noch nie so fassungslos erlebt hatte. Er war ansonsten eine Zierde seines Berufsstandes: jeder Situation mit Würde gewachsen.
    Jeder Mensch traf irgendwann auf seine Grenzen. Und nun kniete Lorenz vor ihr, den Tränen nah, und verlangte von ihr, Entscheidungen zu treffen! Therese sah zu ihm auf.
    »Hol Vesna«, krächzte sie, und der Butler lief davon, als sei der Teufel hinter ihm her. Bestimmt erleichtert, die Verantwortung auf andere Schultern laden zu können.
    Seitdem waren Stunden vergangen. Die Wunden waren ausgewaschen. Vesna hatte sie – wenn auch unter Schmerzen – entkleidet, ihr das Nachtgewand übergezogen und ihr ins Bett geholfen.
    »Der Schlaf wird Ihnen Erleichterung bringen«, sagte die Kammerfrau streng, um ihr Mitgefühl nicht zu sehr zu zeigen. »Ich werde kein Auge zutun und bin sofort bei Ihnen, wenn Sie mich brauchen.«
    Mit diesen Worten hatte sie sich in ihr eigenes Bett zurückgezogen und war bald darauf in tiefen Schlaf gefallen, was die Geräusche nahelegten, die durch die nur angelehnte Tür drangen.
    Die Fürstin dagegen fand keinen Schlaf, was nicht nur an den Schmerzen lag, die sie zu erleiden hatte. Sie war es gewohnt, dass ihr Gatte sie von Zeit zu Zeit hart anfasste, wenn er

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