Das Herz der Nacht
ruhen spüren. Seine Präsenz war so stark, dass er einen Schauder nach dem anderen über ihren Rücken jagte. Sie glaubte sogar, diesen ungewöhnlichen feinen Geruch wahrzunehmen, der ihr schon vertraut war.
Das musste ein Ende haben! Wurde sie vielleicht verrückt? Konnte man sich so in etwas hineinsteigern, dass man am Ende den Verstand verlor?
Wie unter Zwang öffnete die Fürstin die Augen. Sie blinzelte. Das konnte nicht sein. Stand es etwa schon so schlimm um ihren Verstand?
András. Er stand keinen Schritt von ihrem Bett entfernt. Die Vorhänge waren zurückgezogen. Mondlicht flutete ins Zimmer und strich über seine schneeweiße Haut. Hatte Vesna sie vor Stunden nicht sorgsam zugezogen? Der Graf sah noch unwirklicher aus als sonst. Ein überirdisches Wesen, das gar nicht in ihrem Gemach sein konnte. Nur eine Erscheinung, die ihre Sehnsucht hervorbrachte.
Graf Báthory blickte auf sie herab. Seltsam. Es sah aus, als würden seine Augen von Innen heraus glühen. Und er strahlte etwas Machtvolles aus, das ihre Sinne wohl spürten, ihr Verstand aber nicht begreifen konnte. Was für ein merkwürdiger Traum! Unheimlich und schön zugleich. Therese konnte und wollte den Blick nicht von ihm wenden. Zu sehr fürchtete sie, die Erscheinung würde verschwinden.
Nun hob das Trugbild die Hand und näherte sie ihrer Wange. Kalt und glatt schmiegte sie sich an ihre Haut und kühlte die hässliche Schwellung. Zum Glück konnte der Graf sie in diesem Zustand nicht wirklich sehen! Ihr dämmerte, dass dieses Mal einige Tage vergehen würden, ehe die Spuren dieses Zwischenfalls so weit verschwunden sein würden, dass man sie mit ein wenig Puder verdecken konnte. Viele Tage und Nächte, an denen sie ihn nicht sehen konnte.
»Therese, wie geht es Ihnen? Haben Sie starke Schmerzen?«
Seine weiche Stimme ließ sie zusammenzucken. Das ging für eine Illusion nun wirklich zu weit! Therese stemmte sich in ihrem Bett hoch und starrte den Besucher aus weit aufgerissenen Augen an.
»Sagen Sie mir, dass ich das nur träume!«, presste sie mit heiserer Stimme hervor. »Das kann nicht wahr sein!«
Die kalte Hand streichelte ihre Wange. So sanft, so unendlich tröstlich, dass die Fürstin mit den Tränen kämpfte.
»Er hat Sie ganz schön zugerichtet! Wie konnte er nur? Niemand und nichts gibt ihm das Recht dazu.« Obgleich seine Stimme noch immer sanft war, spürte sie die unterdrückte Wut in ihr.
»Wie kommen Sie hierher?«, flüsterte Therese, die allmählich die Tatsache zu akzeptieren begann, dass Graf Báthory mitten in der Nacht in ihrem Gemach vor ihrem Bett stand.
»Ich weiß, ich dürfte nicht hier sein, doch ich musste mich vergewissern, dass Ihnen kein ernsthafter Schaden zugefügt wurde. Es tut mir sehr leid! Ich hätte es nicht zulassen dürfen.«
»Unsinn!«, widersprach die Fürstin ein wenig lauter. »Das lag nicht in Ihrer Macht. Sie haben sich stets korrekt verhalten, und der Fürst hatte keinen Grund für diese zornige Tat!«
»Ja, korrekt, doch vielleicht nicht klug. Sie und ich, wir wussten beide, dass der Fürst keine Probleme damit hat, in anderen Revieren zu wildern, doch in seinem eigenen kein Pardon gibt.«
Therese lächelte zu ihm hoch. »Und dieser Besuch jetzt? Wie würden Sie diesen einschätzen? Ich sage einmal: weder korrekt noch klug! Ich müsste Ihnen zürnen. Das schickt sich nicht. Sie kompromittieren mich, mein Freund. Und Sie bringen uns beide in Gefahr!«
»Wenn ich Ihr Schamgefühl mit meinem Eindringen verletze, so bitte ich um Verzeihung. Es geschah nur, weil ich mich um Sie sorgte. Was die Gefahr betrifft, die brauchen Sie nicht zu fürchten. Es hat mich niemand hereinkommen sehen, und es wird mich auch keiner entdecken, bis ich das Palais wieder verlassen habe. Sie können meinem Wort vertrauen.«
Therese öffnete den Mund, um ihn zu fragen, wie das möglich sei. In einem Haus mit so viel Dienerschaft und einem nachts fest verschlossenen Tor, doch András legte ihr den Finger auf den Mund.
»Sch. Fragen Sie nicht weiter. Glauben Sie einfach.« Sie spürte, wie sein Gewicht die Matratze niederdrückte, als er sich auf dem Bett neben sie setzte. Ein deutlicher Beweis, dass er wirklich und wahrhaftig hier war! Sie glaubte, ihr Herz würde gleich zerspringen, so heftig schlug es nun gegen ihre Brust. Wo sollte das hinführen?
András griff nach ihren Händen und schob ihr Nachtgewand ein Stück zurück. Er beugte sich über die Schürfwunden an ihrem Arm, aus denen noch immer
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