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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Eingeweide und warf ihn gegen einen zierlichen Tisch, der unter seinem Gewicht splitternd zerbrach. Ehe er sich aufrappeln konnte, setzte der Kommissär ein Knie auf seine Brust. Blut strömte stoßweise aus der Wunde an seiner Brust und dort, wo das zweite Geschoss in seinen Bauch eingedrungen war. Es steckte dort noch irgendwo zwischen seinen zerfetzten Gedärmen. András blieb reglos liegen, den Blick auf den Ermittler gerichtet.
    Kommissär Hofbauer erhob sich. »Lassen Sie es gut sein, Graf, es ist zu Ende! Sie wissen, dass Sie das nicht überleben werden.« Seine Stimme klang ruhig, fast ein wenig traurig. Vielleicht dachte er an die vielen Opfer, die er ihm zuschrieb.
    Schobermeier stürzte herbei und riss grob an seinen Armen, um ihm Handfesseln anzulegen.
    »Er stirbt«, sagte Kommissär Hofbauer.
    »Ja«, erwiderte Schobermeier grimmig, »aber leider nicht am Ende eines Stricks! Zu schade, das Schauspiel hätte ich mir nicht entgehen lassen.« Er erhob sich und trat András kräftig in die Seite, was einen weiteren Blutschwall auslöste. »Viel zu leicht schleicht er sich davon.«
    András sah von Schobermeier zu Kommissär Hofbauer und versuchte seine Lage abzuschätzen. Er hatte bereits viel Blut verloren und wurde stetig schwächer. Dennoch reichte seine Körperkraft noch immer aus, die beiden zu überraschen und von sich zu stoßen. Und dann? Wohin sollte er entfliehen? Die Sonne war nah, und er brauchte einen Ort, sich zurückzuziehen. Einen Ort, wo sie ihn während des Tages nicht finden konnten.
    »Was machen wir nun mit ihm?« Schobermeiers Frage wurde von einem erneuten Tritt begleitet. Der Kommissär wandte sich an die beiden Uniformierten.
    »Suchen Sie ein geeignetes Brett oder eine Tischplatte und tragen Sie ihn dann hinunter zum Wagen. Wir nehmen ihn mit aufs Revier.«
    »Ja, vielleicht lebt er noch lange genug für ein ordentliches Verhör!«, ergänzte Schobermeier in rachsüchtigem Ton. Der Kommissär warf ihm einen mahnenden Blick zu, sprach aber weiter zu den Uniformierten.
    »Sie bleiben hier, bis ich Verstärkung schicke und die Leichen abholen lasse. Niemand darf das Haus betreten! Verstanden?«
    Die beiden nickten und verließen das Gemach, um sich auf die Suche nach dem Brett zu machen.
    Während der Kommissär neben András stehen blieb, schlenderte Schobermeier durch das Gemach und näherte sich der Tapetentür.
    »Die haben wir das letzte Mal gar nicht gefunden«, sagte er und verstummte dann jäh, als er die übel zugerichtete Tote im Sarg entdeckte. Schobermeier war sicher keine zartbesaitete Seele, aber dieser Anblick schockte ihn sichtlich.
    »Heilige Jungfrau im Himmel«, murmelte er und bekreuzigte sich.
    Diese für den Kriminalbeamten ungewöhnliche Geste veranlasste den sonst so umsichtigen Kommissär, seinen Posten zu verlassen, um zu sehen, was seinen Untergebenen so außer Fassung brachte.
    Es wurde Zeit, sich zurückzuziehen! Eine bessere Gelegenheit würde sich nicht mehr ergeben. Die Dämmerung kroch bereits durch die Fenster herein, und der zunehmende Blutverlust schwächte ihn immer mehr. Die Frage war nur, würden seine Kräfte ausreichen, sich noch einmal zu wandeln? Zu Fuß würde er die Beamten nicht abschütteln können und noch mehr Blei würde seinem Körper im Moment gar nicht gut bekommen.
    András ballte unauffällig die Hände zu Fäusten, richtete seinen Blick auf das Fenster und sammelte sich zu dem alles entscheidenden Sprung. Er musste schnell genug sein. Mehr als ein Versuch blieb ihm nicht!
    Sein Blick huschte zu der offenen Tapetentür, durch die Schobermeier entschwunden war. Er hörte sein entsetztes Murmeln. Der Kommissär stand noch in der Öffnung, seine Aufmerksamkeit jedoch ebenfalls auf die schaurige Szene in der Kammer gerichtet.
    Geräuschlos richtete sich András auf. Was waren schon Schmerzen? Wozu hatte er sich zweihundert Jahre lang in Beherrschung geübt, wenn es ihm nicht gelang, den Schmerz zu ignorieren? Ein Sprung bis zum Fenster.
    Der Kommissär verfügte über gute Instinkte. In diesem Augenblick drehte er sich um und stieß einen Ruf aus. Er klang eher erstaunt denn zornig, und so verpasste er seine Chance. András riss das Fenster auf und schwang sich auf das Fensterbrett.
    »Springen Sie nicht! Sie werden Ihr Ende nur beschleunigen«, rief Hofbauer, als er durch das Zimmer eilte, den Flüchtenden einzuholen.
    »Wenn ich nur ein Mensch wäre, Herr Kommissär«, murmelte András.
    Er nahm seine letzten Kräfte zusammen, um

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