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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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worden zu sein, oder fordert, mit dir nach Wien zurückzukehren.«
    »Das würde sie vermutlich tun«, gab Sophie mit einem Seufzer zu und tätschelte die schlaffe Hand der Mutter. Dann wandte sie sich András zu.
    »Darf ich mit auf den Kutschbock? Es ist so langweilig dort drin, wenn ich nicht einmal mit Mama sprechen kann.«
    András hob sie hinauf und hüllte das Mädchen in eine warme Felldecke. Dann griff er nach den Zügeln. Die vier Rappen zogen an.
    »Wir können nicht zurück, oder? Diese Vampirin ist nicht tot.«
    »Nein, sie ist nicht tot. Das Weihwasser hat sie zwar zumindest den Rest der Nacht außer Gefecht gesetzt, doch vielleicht ist sie in diesem Augenblick schon wieder so stark, dass sie sich auf die Suche nach euch macht – und nach mir.«
    »Mama wird das verstehen, wenn Sie es ihr erklären«, sagte Sophie.
    »Das hoffe ich. Irgendwann wird sie es hinnehmen, doch ob sie es je ganz versteht oder mir gar verzeiht, das kann ich nicht sagen.«
    Sophie schwieg, während die Pferde gleichmäßig über die verschneiten Wege trabten und die Kutsche rasch dahinrollte. Es waren nicht viele andere Wagen während der Nacht unterwegs, doch die Reisenden, an denen sie vorbeifuhren, sahen der schwarzen Kutsche mit ihren vier Rappen, die niemals zu ermüden schienen, erstaunt nach. András fuhr, so schnell es ging, bis der Himmel sich zu röten begann. Dann suchte er erneut ein einfaches Gasthaus auf, mietete ein Zimmer für Mutter und Tochter, ließ ihnen zu essen bringen und schärfte dem Wirt ein, dass sie über Tag nicht gestört werden dürften. Eine erfundene Unpässlichkeit, vielleicht eine unbekannte Krankheit hielten jeden Neugierigen von den Reisenden fern.
    András versorgte seine Rappen und zog sich dann in den unauffälligen Wagenkasten zurück, den er selbst hatte anbringen lassen und der ein wenig an den Sarg erinnerte, den er in Wien hatte zurücklassen müssen. Ihn, sein Palais, seine Bücher und Kunstwerke, seinen Diener, eine liebgewonnene Freundin. Einen Teil seiner Ewigkeit, die sich fast wie Leben angefühlt hatte.
    Sie fuhren bereits stundenlang an verschneiten bayerischen Wiesen und Feldern entlang, als András beschloss, eine Pause einzulegen und den Versuch zu wagen, Karoline aus ihrer Trance zu wecken. Sophie hatte recht. Sie musste etwas zu sich nehmen, wollte er verhindern, dass sie zunehmend abmagerte und schwächer wurde. Er hielt die Pferde an einer Waldlichtung an und stieg in den Wagen.
    Wie erwartet war Karoline verwirrt. Sie brauchte einige Zeit, bis sich die Erinnerungsfetzen zu einer lückenlosen Bilderkette zusammenfügten. András wartete geduldig, bis er den Zorn in ihren Augen aufblitzen sah.
    »Wie können Sie es wagen, meine Tochter und mich zu entführen?«
    Sie war ganz wundervoll in ihrer Wut, doch das durfte ihn jetzt nicht ablenken.
    »Er hat uns nicht entführt«, mischte sich Sophie ein, ehe er etwas antworten konnte. »András hat uns gerettet!«
    »Das hat er dir weisgemacht, mein Kind. Tatsache ist, dass er uns gegen unseren Willen geraubt und von Wien fortgebracht hat!«
    »Gegen meinen Willen war es nicht«, widersprach Sophie. »Ich bin gerne mit ihm gegangen. Ich darf auf Reisen gehen und andere Städte und Länder kennenlernen!«
    András erwog, auf den Kutschbock zurückzukehren und es dem Kind zu überlassen, die Wogen zu glätten.
    »Aber mich hat er nicht gefragt«, gab Karoline spitz zurück. »Stattdessen hat er mich mit irgendeinem Mittel in Schlaf versetzt! Nennst du das freiwillig?«
    »Nein«, gab Sophie kleinlaut zu. »Aber das war nur, um dich zu schützen. Du wärst dieser Vampirin direkt in die Arme gelaufen. Und dann wärst du jetzt tot, wie Großvater und Carl.«
    »Er hat uns vor einer Vampirin gerettet und bringt uns fort, uns vor ihr zu beschützen? Und ich nehme an, Graf Báthory ist ebenfalls ein Vampir, ja?« Karoline ignorierte ihn völlig und fixierte nur ihre Tochter. »Selbst wenn ich diese abenteuerliche Geschichte für wahr halten würde, warum sollte ich einem Vampir glauben, dass er uns retten will? Ist sein einziges Begehren nicht unser Blut, sollte man den Legenden aus dem Osten glauben?«
    Nun mischte sich András doch ein. »Karoline, verzeihen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber um Ihnen und Sophie Ihr Blut zu nehmen, müsste ich nicht seit Tagen mit Ihnen in meiner Kutsche über die Landstraße eilen, um Sie außer Landes zu bringen.«
    »Wir sind seit Tagen unterwegs?«, rief Karoline, zu entsetzt für ihren

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