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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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verlassen.«
    »Wir werden fortgehen? Eine Reise machen?«, rief Sophie.
    »Ja, eine sehr lange Reise.«
    Das Mädchen klatschte begeistert in die Hände. »Wohin werden wir gehen?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß selbst noch nicht, wohin das Schicksal uns tragen wird. Ich weiß nur, dass wir die Stadt noch in dieser Stunde verlassen müssen.«
    »Zu Fuß? Meine Schuhe taugen nicht viel«, gab Sophie zu bedenken.
    »Nein, ich werde noch einmal in mein Haus zurückkehren und mir die Reisekutsche und meine Rappen holen. Wir werden vierspännig reisen, so dass wir gut vorankommen. Doch bis es so weit ist, musst du hier in der Kirche auf deine Mutter achtgeben und euer Leben verteidigen, sollte es nötig sein.«
    Sophie schnitt eine Grimasse. »András, wie könnte ich? Ich bin doch nur ein blindes Mädchen.«
    »Ja und? Ich sage dir, was du tun musst. Komm mit!« Er hob Karoline hoch und trug sie zur Vierung, dort stellte er sie auf die Füße. Wie eine Schlafwandlerin blieb sie mit geschlossenen Augen ein wenig schwankend stehen.
    »Nimm deine Mutter bei der Hand und führe sie zum Altar, ja, immer geradeaus und nun ein wenig links, dass sie dem großen Kruzifix möglichst nahe kommt. Lass sie sich hinsetzen. Gut so. Dann komm zu mir zurück.«
    Sophie gehorchte. »Und jetzt?«
    András sah sich abschätzend um. »Ich brauche kleine Gefäße, die man verschließen kann.«
    »Öllampen?«, schlug Sophie vor.
    »Eine gute Idee!« András huschte einmal durch das Kirchenschiff und sammelte alle Lämpchen ein, die er finden konnte. Er schüttete das Öl aus und führte Sophie zum Weihwasserbecken.
    »Fülle sie auf und verschließe sie, so gut es geht.«
    Sophie tat, wie ihr geheißen, und stellte keine Fragen. Sie kehrten zu Karoline zurück, die auf dem Boden saß, den Rücken gegen den Altar gelehnt, die Augen geschlossen.
    »Und nun geh zu deiner Mutter. Stell die Behälter neben dich und bleibe wachsam. Du wirst das Böse spüren und riechen, wenn es sich nähert. Ich glaube nicht, dass ihr hier etwas zu befürchten habt. Die alten Mächte der Kirche sind an dieser Stelle sehr stark. Doch ich will nicht den Fehler begehen, sie zu unterschätzen. Wenn du etwas spürst, dann zerbrich die Behälter und verteile das Weihwasser über euch. Fürchte dich nicht. Euch wird nichts passieren. Ich werde mich beeilen und schon bald zurück sein.«
    »Ich fürchte mich nicht«, sagte das Mädchen, als es neben seiner Mutter auf dem Boden Platz nahm, und András glaubte ihr.
    »András, bevor Sie gehen, sagen Sie mir bitte noch eines: Wer ist sie , die das Verderben über uns bringt und vor der wir fliehen müssen?«
    »Sie heißt Ileana, und sie ist eine sehr alte, mächtige Vampirin im Körper einer jungen Frau.«
    Sophie nickte und überlegte. »Sie tötet und trinkt das Blut der Menschen?«
    »Ja.«
    »András, sind Sie auch ein Vampir?«
    Er zögerte, dann sagte er leise. »Ja, Sophie, das bin ich, und Ileana hat mich vor mehr als zweihundert Jahren erschaffen.«
    »Und warum will sie uns töten? Nur weil sie Durst verspürt?«
    »Nein, weil sie mich damit strafen und sich an mir rächen will.«
    Zu seiner Überraschung gab sich das Mädchen damit zufrieden. Vorerst.
    »Eilen Sie sich!«, sagte Sophie nur noch. »Und geben Sie auf sich acht.«
    »Das werde ich!«
    Er wählte wieder den Weg als Fledermaus durch die Gruft und wandelte sich erst zurück, als er die Lage in seinem Palais geklärt hatte. Die Polizei hatte die Leichen abgeholt und nur zwei ziemlich müde Uniformierte zurückgelassen, die vor dem Tor Wache halten sollten. Es war András ein Leichtes, sie außer Gefecht zu setzen. In Eile raffte er alles zusammen, was er für sein neues Leben benötigte, spannte die Rappen ein und lenkte die Kutsche vor das Tor der Michaelerkirche.
    András sprang vom Kutschbock, duckte sich ein wenig und witterte nach allen Seiten. Wo war Ileana? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie einfach aufgab und sich zurückzog. Das würde nicht zu ihr passen. Nein, sie verbarg sich irgendwo und heckte eine neue Teufelei aus. Es war ihm, als könne er einen Hauch ihres Geruchs wahrnehmen. András öffnete die Kirchentür und trat ein. Statt des alten Schwerts aus der Michaelergruft trug er nun einen schlanken Degen an der Seite. »Sophie?«
    Er machte zwei schnelle Schritte ins Kirchenschiff. Nein, hier drin war Ileana nicht gewesen. Und da erklang auch schon Sophies Stimme.
    »András, es ist nichts vorgefallen. Mutter

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