Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5

Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5

Titel: Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
Vom Netzwerk:
Türme und ließ es von dort wie eine Sintflut nach allen Seiten über die Insel schwappen. Das Wasser floss über die Ränder des Deckels des wieder geschlossenen schwarzen Zylinders und durchnässte die Knickerbocker des knienden Prinzen.
    »Huih!«, jauchzte der. »Gabi Marie! Das ist eine Sturmflut!«
    Er hob strahlend den Kopf, doch der Schwarze Baron stand schon an der geborstenen Bordwand und blickte zum Ufer. Dort sprangen die Mohawks in ihre Kanus, ließen ihr Kriegsgeschrei ertönen und ruderten zu Hunderten direkt auf sie zu. Talleyrand rief ein paar scharfe Befehle in der kehligen Sprache seiner Soldaten und die drei Dutzend Männer, die die Besatzung des Valashelms bildeten, legten sofort die Musketen an: ihre Musketen mit den dreifachen Läufen.
    »Meuchelmordmetzelndes Teufelswerk!«, staunte Prinz Gagga, der diese Waffen zum ersten Mal sah. »Das ist ein Spielzeug, das mir gefällt.« Er strich über den Dreifachlauf einer Waffe, gluckste begeistert, als sich alle drei Hähne gleichzeitig spannten, und seufzte dann traurig. »Nur schade, dass wir nicht spielen dürfen.«
    Er warf einen Blick auf die angreifenden Mohawks. Die waren keine siebzig Meter entfernt.
    »Gabi, sag ihnen, sie können ihr Pulver sparen.«
    Da hüstelte Talleyrand, als wär Gagga verrückt. Und der fand das lustig.
    »Jetzt denkst du ja wirklich, ich wäre gagga! Fou-fou, meschugge und durchgeknallt.« Er legte seinen Arm um den Schwarzen Baron. »Oh, ich beginne dich zu mögen. Du entwickelst Humor.« Er drückte ihn kraftvoll. »Und wenn man Humor hat, wird das Leben gleich lustig.«
    Da bemerkte auch Talleyrand das leichte Beben. Das Wasser des Sees begann zu vibrieren. Den Körper des Pottwals durchfuhr ein Ruck. Dann senkte sich um sie herum der Wasserspiegel. Die Kanus der Mohawks liefen auf Grund und Gagga klatschte vergnügt in die Hände.
    »Was hab ich gesagt? Er kommt uns zu Hilfe. Der böse Onkel ist unser Freund.« Er zeigte nach Westen und dort sahen jetzt alle – auch die entsetzten Indianer – die riesige Welle, die sich über dem Wald aufbaute. »Das ist unser Weg nach Nassau, Gabi! Los, macht euch bereit! Wir stechen in See!«
    Dasselbe rief Whistle an Bord des Dreispitzes und im selben Moment wurde das gepanzerte Schiff zur Arche der letzten Piraten dieser Welt. Die neunundfünfzig Männer, Frauen und Kinder hockten dicht gedrängt auf den Planken, pressten die Rücken gegen die Bordwand, zurrten Taue um Bäuche und Brust – Taue, die sie wie Gurte festhalten sollten – und schlossen die Augen, als sich der Flusspegel langsam senkte. Der Kiel des Dreispitzes berührte den Grund. Er sackte kurz knirschend zur Seite nach links – da packte die nachfolgende Welle das Boot und schleuderte es wie eine Kanonenkugel durch die zerschossene Festung gen Himmel.
    Selbst Whistle schrie dabei seine Angst heraus, zuerst seine Angst und dann seine Freude, als der Dreispitz nach dem Verebben der Welle unbeschadet auf dem Wasser trieb. Dem Wasser eines gigantischen Stroms, den der Teufel nur dafür geschaffen hatte, um Valas nach Osten zu bringen: zum Atlantik und auf die Bermudas, wo sich in der Lagune von Nassau der Eingang zur Hölle befand.
    Doch im Schatten des Pottwals folgte der Dreispitz, und die Menschen an Bord dankten nicht Satan, sondern Gott dafür, dass sie noch lebten. Gott und auch Whistle, der sie gerettet hatte. Sie genossen die plötzliche Stille und in dieser Stille bemerkten sie plötzlich, dass einer von ihnen fehlte. Einer der neunundfünfzig war nicht mehr an Bord. Einer der neunundfünfzig schien ertrunken zu sein. Sie entdeckten die zerfetzten Seile an der Bordwand und Jo sah die T ränen, die der alten O’Brian vergoss.
    »Es ist Nat«, raunte der Alte mit heiserer Stimme und Salome und Ophelia weinten mit ihm.
    »Er war doch erst sechzehn.«
    Sie blickten zu Whistle. Doch das Gesicht des Piraten war zu einer Maske erstarrt.
    »Ja«, brummte er grimmig, »Er war gerade mal sechzehn. Eifersüchtige sechzehn und deshalb solltet ihr beten, dass er wirklich ertrunken ist.«
    Währenddessen hockte Honky Tonk Hannah auf einem melkschemelgroßen Felsen mitten im Meer, dem obersten Gipfel von Rum Bottle Bottom, der noch aus den Wellen ragte, und wischte sich den Rotz von der Nase. Sie heulte vor Wut. Denn sie war absolut ohnmächtig, hilflos und ausgeliefert und selbst der Ring an ihrem Finger half ihr jetzt einen Dreck. Sie saß in der Falle. Verfuchst, in der Falle, in die sie niemals wieder hatte

Weitere Kostenlose Bücher