Das Herz der Puppe
ein Flugzeug, und ich bin der betrunkene Pilot.«
»Nein«, sagte Nina knapp. Ein Flugzeug zu spielen war ihr jetzt zu anstrengend. Widu würde sie durch die ganze Wohnung scheuchen.
»Gut, dann bin ich eine zickige Prinzessin, und du bist meine Dienerin.«
»Nein«, sagte Nina, weil sie das schon mal gespielt hatten und sie wusste, wie nervig es war, wenn man einer zickigen Prinzessin gehorchen sollte.
»Gut, dann bin ich eine strenge Lehrerin, und du bist eine faule Schülerin.«
»Nein, das hab ich schon jeden Tag in der Schule«, sagte Nina, die natürlich an Frau Wagner denken musste.
»Und was hältst du davon, wenn wir Arzt und Patient spielen?«, fragte Widu, »Ich bin eine gutherzige, aber schwerhörige Ärztin, und du bist eine kranke Frau, die nicht weiß, was ihr wehtut, und denkt, sie muss bald sterben.«
»O ja, das klingt gut!«
»Dann los!«, sagte Widu und drehte sich zu den Kuscheltieren um, die sich schon wieder ein wenig erholt hatten und anfingen zu wispern. »Still da hinten! Schaut euch lieber das Theater an!«
»Guten Tag, Frau Doktor, mir geht es ja so schlecht«, sagte Nina leise röchelnd und hüstelnd.
»Wie, Sie haben einen Hecht?«, fragte die schwerhörige Frau Doktor.
Die Tiere schüttelten sich vor Lachen. Mauli, das Nilpferd, musste dabei sogar furzen.
»Stinker!«, krächzte der Papagei.
»Ich kann nichts dafür. Das ist bei uns Nilpferden das Echo, wenn wir lachen«, erklärte Mauli.
»Gut gesagt«, lobte Plums, der Affe. »Dafür darfst du von mir aus ein zweites Mal furzen.«
Aber Widu waren die Zuschauer zu laut. »Ruhe auf den Plätzen!«, rief sie ihnen zu.
Nina konnte sich das Lachen gerade noch verkneifen. Erst die schwerhörige Frau Doktor und dann das Echo – das war zu viel.
»Und meine Ohren tun auch weh! Oh, meine Ohren!«, sagte sie, als es endlich wieder still geworden war.
»Wie? Bauchweh, und ich soll bohren?«
»Nein, nein, kein Bauchweh und auch nicht bohren. Ich bin krank und habe Fieber! Fieber, verstehen Sie?« Ninas Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
»Warum schreien Sie denn so?«, fragte die Frau Doktor. »Ich bin doch nicht schwerhörig! Da, legen Sie sich hin!«
Da legte sich Nina aufs Bett, und die Frau Doktor begann, sie abzutasten. »Tut das weh?«, fragte sie. »Und das? Und das?«
»Oh, oh! Das tut sehr weh. Aua, mein Bauch! Aua, mein Hals!«
»Gefährlich, gefährlich«, sagte die Frau Doktor und tastete die Füße ab. »Und hier?«
»Oh, oh! Mein Zeh! Mein Zeh tut weh!«, schrie Nina, so laut sie konnte.
»Dann ist es die Leber«, sagte die Frau Doktor. »Wenn der Zeh wehtut, ist es die Leber.«
Nina und die Zuschauer lachten.
»Was? – Die Leber? – Seit wann sitzt sie im Fuß?«
»Unterschätzt mir die Leber nicht!«, sagte die Frau Doktor. »Mit ihr ist nicht zu spaßen, und in jedem Fall muss die Patientin ins Krankenhaus!«
»O nein, die arme Nina!«, rief da das Schaf und begann, traurig zu blöken und zu weinen.
»Das ist doch nur ein Spiel, Theater, liebstes Dummerchen«, sagte ihr gemahl, das Nilpferd, und lachte.
»Tatitatü, tatitatü!«, machte der Papagei den Rettungswagen nach.
»Ich wäre jetzt der Stationsarzt, und du wärst gerade im Krankenhaus angekommen. Du musst jammern, weil es so wehtut, aber laut!«, sagte Widu.
»Oh, oh, ich sterbe, es tut so weh!«, rief Nina.
»Na, was hat denn unsere Kleine?«, fragte Widu mit Männerstimme.
»Meine Leber tut so weh«, sagte Nina und zeigte auf ihren Fuß. »Da unten, im Zeh!«
»Dann hilft nur eine Spritze in den Hals«, sagte der Stationsarzt ernst.
»In den Hals? Oh, mein Hals! Oh, meine Leber! Ich kann die Schmerzen nicht mehr ertragen. Ich sterbe!«, rief Nina, die auch im richtigen Leben Angst vor Spritzen hatte.
»Nicht doch, meine Kleine …«, sagte der Stationsarzt und wollte der jungen Patientin gerade erklären, dass die Spritze nur höchstens einen Meter lang sei, als Ninas Mutter die Tür aufriss und ins Zimmer stürzte.
»Um Himmels willen! Was hast du denn, mein Schatz!«, rief sie und kam zum Bett.
Nina erschrak erst, aber dann lachte sie so vergnügt, dass ihre Mutter mitlachen musste. Erst lachte sie, dann musste sie weinen. Widu sah es und wunderte sich. Was war das schon wieder? Wovor hatte die Mutter solche Angst? Widu sah nur die Tränen, aber sie spürte ganz genau die Angst, die Ninas Mutter wie ein Mantel umschloss. Warum machten sich Mütter bloß immer gleich Sorgen?
Was Freunde alles
sein können
»Ich bin der
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