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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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das Kompliment gern an Horatio weiter. Es war seine Idee.«
    Am späteren Abend saßen Ruth und Horatio auf der überdachten Veranda. Jeder hatte eine Flasche Bier in der Hand und sah schweigend über das Land.
    Ruth drehte den Kopf und betrachtete Horatio. Sein Haar war schwarz und wild. Die Augen dunkel wie Brunnenlöcher, nur das Weiß seiner Zähne leuchtete auf, wenn er lachte. Er ist schön, dachte Ruth. Er ist der schönste Mann, den ich je gesehen habe. Seine Haut ist so weich und dabei schwarz wie bei einem Karakullamm. Und sie ist so gleichmäßig, als hätte Gott höchstselbst ihn angestrichen. Auf meiner Haut sind Flecken. An manchen Stellen ist sie heller als an anderen. Bei ihm ist alles makellos.
    Es erfüllte Ruth mit Stolz, dass dieser besondere Mann ausgerechnet sie liebte. Und seit heute wusste sie sogar, wie sehr. Er hätte die Farm verlassen, nur um ihr nicht zu schaden. Gab es einen größeren Liebesbeweis? Wie gern hätte sie ihm dafür gedankt, wie gern ihm gestanden, dass sie ihn genauso liebte. Aber das konnte sie nicht. Sie brachte die richtigen Worte einfach nicht über die Lippen.
    »Was denkst du?«, fragte Horatio.
    »Ich? Ach, nichts. Ich habe ... an ... an nichts gedacht«, erwiderte Ruth verlegen. »Nur vielleicht, dass dein Haar so lang geworden ist.«
    Horatio lachte auf und strich sich über den Kopf. »Willst du mir etwa schon wieder die Haare abschneiden? Es ist gerade vier Wochen her, als du mich geschoren hast wie ein Schaf im Frühling. Bitte, lass mir ein wenig Wolle auf dem Kopf.«
    »Nein, nein!« Sie stand auf, nahm seine Hand, zog ihn hoch und zerrte ihn hinter sich her bis ins Badezimmer.
    Dort versuchte Horatio es noch einmal: »Ruth, meinst du nicht, wir könnten mit der Schur noch zwei Wochen warten?« Er lachte. »Manchmal glaube ich, du strickst dir heimlich nachts Socken aus meinem Haar.«
    Ruth lachte ebenfalls, doch ihre Stimme klang angespannt. »Setz dich hin. Komm, hierher.« Sie rückte einen Schemel vor den mannshohen Spiegel, legte ihm ein Handtuch um die Schultern, und dann schor sie ihm kurzerhand mit einem Handapparat das Haar.
    Horatio sah mit verzweifelter Miene zu, wie sein Kopf kahl und kahler wurde. Als sie fertig war, strich er sich mit der flachen Hand über den Schädel. »Ich sehe aus wie Louis Armstrong, nur habe ich leider nicht so ein hübsches Gesicht wie er. Du schneidest mir die Haare bestimmt nur so kurz, damit die anderen Frauen sich vor mir graulen und du mich für dich allein hast.« Er stand auf und küsste sie.
    Ruth lehnte sich an ihn, genoss seinen Geruch, seine Wärme, sein Dasein. »Geh schon«, flüsterte sie.
    »Ist gut, dann wärme ich schon mal das Bett vor.«
    »Nein, Horatio. Heute nicht. Bitte. Ich brauche meinen Schlaf, muss allein sein. Es ist so viel passiert in den letzten Tagen. Wäre es schlimm, wenn du heute in deiner Verwalterwohnung schliefest?«
    Er streckte sich und gähnte. »Vielleicht hast du recht. Außerdem hatten wir ja einen wundervollen Nachmittag auf dem Hügel.« Er nahm Ruth in die Arme, küsste sie noch einmal. »Dann schlaf gut und träum schön.«
    Ruth wartete, bis seine Schritte auf der Treppe verklungen waren. Dann klaubte sie ganz vorsichtig sein geschorenes Haar vom Boden auf, Locke für Locke, Strähne für Strähne und barg es in der hochgeschlagenen Schürze ihres Nachthemds.
    Behutsam, als hätte sie ein frisch geschlüpftes Küken in der Hand, trug sie das wollige Knäuel in ihr Zimmer, bettete es vorsichtig auf ihr Nachtkästchen, bedacht, dass kein einzelnes Haar verloren ging. Sie entfernte den Bezug von ihrem Kopfkissen, trennte mit einer Nagelschere das Inlett auf, nahm das Haar, roch daran, schmiegte ihre Wange an den weichen Flor und versteckte Horatios Haar schließlich zwischen den Federn des Kopfkissens, die schon von anderen Horatiohaaren durchmischt waren. Nie hätte sie geglaubt, dass Horatios wildes, krauses Haar so weich und seidig war, nie gedacht, wie gut es roch. Nach Mann und nach Afrika und nach etwas, das sie nicht beschreiben konnte, das aber machte, dass ihr dieses Haar mehr wert war als alles andere auf der Welt.
    Mit Nadel und Faden schloss sie die Naht, zog den Bezug über, schüttelte das Kissen vorsichtig auf und fuhr ein paarmal zärtlich mit der Hand darüber.
    Dann schlüpfte sie ins Bett, löschte das Licht, legte endlich mit einem tiefen Seufzen ihren Kopf auf das Kissen, rieb ihre Wange daran, drückte die Nase hinein. »Ich liebe dich, Horatio«,

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