Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
damit sie gerinnt. Mit Milchsäurebakterien oder mit Lab gelingt das. Schon wenige Tropfen genügen.«
»Aha«, sagte Ruth und verschränkte die Arme, während sie zusah, wie Robert eine halbe Pipette Lab in den Topf entleerte und vorsichtig mit dem Holzlöffel umrührte. »Und nun?«
»Nun müssen wir warten, bis die Milch gerinnt und Käsebruch daraus entsteht.«
Ruth sah auf ihre Uhr. »Es ist ohnehin Mittagszeit. Darf ich Sie zum Essen bitten?«
»Mit Vergnügen.«
Corinne machte große Augen, als Ruth mit Robert Outwater das Esszimmer betrat. Sie zog Ruth in die Küche zurück. »Wer ist das?«
»Ein Käser. Wenn er seine Sache gut macht, kann er bleiben. Ich teste ihn gerade.«
»O, là, là, kleine Schwester!« Corinne sah Ruth vielsagend an.
Ruth verdrehte die Augen. »Mein Gott, Corinne! Er macht Rohmilchkäse. Ist der Käse gut, kann er bleiben. Wenn nicht, sorge ich dafür, dass er den Abendzug noch schafft. Gleichgültig, welche Qualitäten er sonst haben mag.«
Corinne lachte. Seit Willem weg war, schwankte ihre Laune zwischen tiefster Schwermut und ausgelassenster Albernheit. Gerade hatte sie wohl ihre übermütigen fünf Minuten.
»Wir sind hier in der Wüste, Ruthilein. Wir sollten sorgsam mit unseren Ressourcen umgehen. Insbesondere, wenn sie so tolle grüne Augen und so einen knackigen Hintern haben!« Corinne lachte, als sie Ruths verächtlichen Blick sah.
»Hast du deinem Mann Geld gegeben?«, fragte Rose nach dem Mittagessen ihre älteste Tochter ganz unverblümt. Der Tisch war bereits abgeräumt, Horatio im Gerätehaus, und Ruth und der neue Käser waren in die Milchkammer zurückgekehrt. Rose hatte auf diesen Augenblick gewartet. Sie rührte in ihrer Kaffeetasse und ließ Corinne nicht aus den Augen. »Natürlich nicht. Was denkst du nur?«
»Nun, ich denke, dass deine Ehe allmählich den Bach hinuntergeht. Wenn ich in die Zukunft sehe, dann sehe ich eine zu früh gealterte Frau mit zwei Kindern. Eine Verlassene.«
»Mutter! Wie kannst du nur so etwas sagen!«
»Es ist die Wahrheit, Corinne. Es wird Zeit, dass auch du dem ins Auge siehst. Wovon willst du leben, wenn Willem dich verlässt? Er bietet dir zwar keinen Luxus, aber immerhin sorgt er für dich und die Kinder.«
»Als reiche Frau werde ich nicht lange auf den Nächsten warten müssen«, entgegnete Corinne schnippisch.
»Ja, das ist wahr. Aber du kannst niemals sicher sein, ob er dich liebt oder nur dein Geld. Bei Willem weißt du, woran du bist. Eine kluge Frau macht aus dem, was sie hat, das Beste. Merke dir das, Corinne.«
»Ach? Und woher willst du das wissen? Du warst nie verheiratet.«
»Ja. Und das war das Beste für mich.«
Rose Salden ließ den Blick auf dem Brandfleck am Hals ihrer Tochter ruhen. »Und lass die Finger von dem neuen Käser.«
Corinne schrak auf. »Mutter! Wie kannst du nur so etwas von mir denken?«
Rose zog die Augenbrauen hoch. »Glaubst du, ich bin blind? Den Knutschfleck, den du dir weggebrannt hast, haben dir bestimmt nicht die Armen gegeben, weil du sie so reich beschenkt hast. Der Käser ist ein attraktiver Mann, und er ist genau im richtigen Alter. Also lass deine Finger von ihm.«
Rose wandte sich um, drehte aber noch einmal den Kopf. »Du musst noch viel lernen, Corinne. Und ich hoffe nur, dass es dir eines Tages gelingt. Aber noch ist es leider nicht so weit. Also hör auf mich: Lass die Finger von Robert Outwater. Ich habe eigene Pläne.«
Corinne riss die Augen auf. »Du? Du hast eigene Pläne mit ihm? Mutter, du bist eine alte Frau. Es ist nicht fair, dass du mir ins Handwerk pfuschen willst, nur weil dein Leben bisher so lieblos war. Ein junger Mann und eine alte Frau. Das ist widerlich! Das ist so was von krank!«
»Denk, was du willst. Wenn man das, was in deinem Kopf vorgeht, überhaupt als Denken bezeichnen kann.«
Rose verschwand und ließ Corinne mit geballten Fäusten im Salon zurück.
»Du kannst sagen, was du willst, Ruth. Der Käse ist gut, sogar jetzt schon, wo er noch lange nicht ausgereift ist. Er ist wirklich gut.« Horatio schnitt sich ein weiteres Stück von dem Rohmilchkäse ab und kaute genüsslich.
»Ja, kann schon sein. Trotzdem ist der Kerl ein Großmaul. Ich mag ihn nicht.«
»Man muss seine Angestellten nicht lieben.« Er zwinkerte: »Außer den Verwalter natürlich.«
»Trotzdem. Ich traue ihm nicht. Er ist so ... so ...«
»Selbstsicher?«
»Ja. Er tut, als würde alles, was er anfasst, in seinen Händen zu Gold. Er ist ein
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