Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
kurzen Hals. Langs Brustkorb war groß und breit wie ein Futtertrog, er musste wohl auch so groß und breit sein, um seine ungeheuren Kräfte beherbergen zu können.
Es war schwierig, Sergeant Lang etwas entgegenzusetzen. Nur vielleicht ein wenig Haltung, einen geraden Rücken, zurückgenommene Schultern, einen klaren Blick.
Rose Salden duzte sich mit Sergeant Lang, wie es unter den Weißen in Südwest üblich war, auch wenn sie bei ihm gerne eine Ausnahme gemacht hätte. Das Du, diese beiden mickrigen Buchstaben, schien ihr unpassend, sie hätte zu gern wenigstens drei Buchstaben zwischen sich und diese Urgewalt gebracht.
»Vom Vorarbeiter eures Nachbarn. Ein Rind hatte die Zäune niedergetrampelt und war von Miller’s Run zu euch rüber nach Salden’s Hill gelaufen.«
»Dachte ich es mir.«
Der Sergeant wandte sich an Rose. »Wie meinst du das?«
Rose reckte das Kinn. »Ich dachte mir, dass Nathaniel Millers Nachlässigkeit eines Tages für Schwierigkeiten sorgen würde.«
»Die Leiche, woran ist sie gestorben?« Corinne beugte sich über den Tisch. Sie allein schien sich in Anwesenheit dieses gewaltigen Mannes nicht unwohl zu fühlen. Sie allein war dumm genug, ihm ihr mickriges Dekolleté vor Augen zu führen, als sei sie ein unterworfenes Tier, das seinem Bezwinger die Kehle anbietet.
»Leichen sterben nicht; Leichen sind bereits tot, mein Kind.« Rose zog ihre älteste Tochter mit einem eisigen Blick auf den Stuhl zurück.
Der Sergeant las etwas von seinem Block ab. »Das wissen wir nicht. Noch nicht. Die Leiche zeigt keine äußeren Verletzungen. Die Obduktion ist noch nicht ganz abgeschlossen, fest steht allerdings schon jetzt, dass die Frau kurz vor ihrem Tod entbunden hat.«
Der Sergeant machte eine bedeutungsvolle Pause. »Die Tests in unseren Labors haben ergeben, dass der Vater ein Weißer sein muss.«
»Geht so etwas? Kann man so etwas herausfinden? Und das auch noch so schnell?«, fragte Ruth. Sie hegte einen ungeheuerlichen Verdacht.
Sergeant Lang tippte mit seinem Bleistift auf den Block. »Es scheint so. Ich kenne mich da nicht aus. Es hat vielleicht etwas mit dem Blut zu tun. Man hat die Nachgeburt genau untersucht. Von den Details weiß ich nichts; ich bin bloß Polizist, kein Mediziner. Fest steht aber, dass der Vater ein Weißer ist. Ich habe es schwarz auf weiß.«
Roses Gesichtszüge entspannten sich sichtlich. »Nun, dann verschwendest du hier deine Zeit, Sergeant. Auf Salden’s Hill gibt es – Gott sei es geklagt – keine weißen Männer.« Sie deutete auf Horatio. »Sie können sich mit eigenen Augen davon überzeugen.«
»Vorhin ist mir ein weißer Mann in Gummischürze und mit Haarnetz begegnet.« Der Sergeant verzog abschätzig das Gesicht.
»Das ist Robert Outwater, der neue Käser. Er ist erst seit zwei Tagen bei uns. Er kommt weder als Mörder noch als Kindsvater in Frage.«
»Die Ermittlungen überlass bitte mir«, wies der Sergeant Rose streng zurecht und milderte die Strenge sogleich mit einem Lächeln, das überraschend zart war. »Sonst gibt es keine weißen Angestellten hier?«
Corinne verdrehte theatralisch die Augen. »Leider nicht, mein Herr. Glauben Sie mir, niemand wünschte sich mehr als ich, dass es anders wäre.«
»Corinne, halt den Mund.« Rose wandte sich dem Polizisten zu und zwang sich zu einem Lächeln. »Können wir sonst noch etwas für dich tun, Sergeant? Noch ein Glas Limonade vielleicht?«
»Ihr habt gar nicht gefragt, wer die Tote ist«, stellte der Sergeant fest. »Das lässt mich vermuten, dass ihr es bereits wisst.«
»Nein«, erklärte Ruth atemlos. »Wir wissen es nicht. Woher sollen wir das auch wissen? Wir fürchten uns nur, das zu fragen. Die Tochter unseres Vorarbeiters, Ama, ist verschwunden. Ihr Vater, Santo, ebenfalls. Wir fragen nicht, weil wir Angst haben, dass Sie uns sagen, dass Ama die Tote ist. Bisher haben wir angenommen, sie sei abgehauen, um in Windhoek oder Kapstadt ihr Glück zu versuchen.«
»Die Tote heißt tatsächlich Ama. Ihre Mutter hat sie bereits identifiziert. Danach mussten wir sie in eine Klinik bringen, die Mutter, meine ich.« Er schüttelte bedrückt den Kopf. »Furchtbar, so was.«
Ruth drückte unter dem Tisch Horatios Hand. »Die arme Frau.«
Rose nickte mitfühlend. »Wenn wir etwas für sie tun können, ihr vielleicht ein paar Kekse schicken oder so etwas, dann lass es uns wissen, Sergeant. Immerhin gehörte sie zur Farm.«
»Hmm«, brummte der Sergeant, »Kekse.«
»Nun, wenn wir nichts
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